03 - komplett
Sie“, fügte er mit honigsüßer Stimme hinzu. Daraufhin machte er sich lässig auf den Weg zurück zu seinem Phaeton. Er hatte die Zügel aufgenommen und die aufgebrachte Signorina mühelos besänftigt, bevor Rachel sich wieder gefasst hatte.
„Fahren Sie endlich los, Ralph! Sofort!“
2. KAPITEL
Er wird mir nicht den Tag verderben, schwor Rachel sich insgeheim und verdrängte die Gedanken an Major Flint, die sich ihr beharrlich aufdrängten. Sie ging Arm in Arm mit ihrer kleinen Schwester Sylvie den langen Korridor entlang, um June zu suchen.
„William ist zum Abendessen gekommen. Er sieht so unglaublich gut aus, nicht wahr? Wirst du jemanden wie William für mich finden, Rachel? Vielleicht ein wenig größer und mit dunklem Haar statt blondem, und ohne Sommersprossen. Ich weiß nicht genau, ob mir Sommersprossen an einem Mann gefallen, selbst wenn es nur ganz wenige sind, wie William sie auf der Nase hat. Auch an einer Frau gefallen sie mir eigentlich nicht.“
Rachel lächelte und strich Sylvie über die hellblonden Locken. „Du, mein Liebes, wirst wahrscheinlich nicht die geringste Mühe haben, genau den richtigen Mann für dich zu finden, wenn die Zeit gekommen ist. Und das ganz ohne meine Hilfe. Auf meine alten Tage werde ich mich damit zufriedengeben zu sticken, statt Ehen zu stiften. Ich sehe es ganz deutlich“, fuhr sie seufzend fort. „In sieben Jahren wirst du noch der Ruin für unseren armen Papa sein und unbekümmert die Herzen der jungen Männer brechen.“
„So wie du es jetzt tust?“, wollte Sylvie wissen. Sie hatte oft die Leute flüstern hören, wie herzlos Rachel mit den Männern umging.
„Nein, bitte folge auf keinen Fall meinem Beispiel“, erwiderte Rachel in ungewohnt ernstem Ton. „Hier werden wir wohl die beiden Turteltauben finden“, fügte sie hinzu und stieß auch schon die Tür zur Bibliothek auf.
Ihre Schwester June und ihr charmanter Verlobter William Pemberton waren allerdings nirgends zu sehen. Stattdessen entdeckten sie ihre Eltern, offenbar in ein ernsthaftes Gespräch vertieft. Es verging ein Moment, bevor den beiden bewusst wurde, dass sie nicht mehr allein waren. Zunächst sahen sie erschrocken und dann ein wenig verlegen aus, als ihre zwei schönen Töchter sich zu ihnen gesellten.
Sylvie lief zu ihrem Vater und umarmte ihn. Edgar Meredith tätschelte liebevoll die Hände seiner Tochter. Doch Rachel fiel die seltsame Stimmung auf, die herrschte, und ihr Magen zog sich zusammen. „Ist etwas geschehen?“ Rachel ließ den Blick über den Schreibtisch gleiten. „Ist die Post gekommen, während ich fort war?“, fragte sie und fixierte den Umschlag in den Händen ihres Vaters.
„Nein, nicht die Post. Dieser Brief wurde persönlich von einem Diener übergeben.
Nur die Antwort auf eine unserer Einladungen zur Hochzeit“, warf Gloria Meredith auf viel zu beiläufige Weise ein, um das Misstrauen ihrer Tochter zerstreuen zu können. Jeder Aspekt der Hochzeitsvorbereitungen wurde doch gemeinhin mit großem Ernst behandelt. Wieso sollte dieser Brief so unwichtig sein?
Rachel setzte sich in einen Sessel neben dem Kamin, in dem wegen der trotz der Jahreszeit bereits fast sommerlichen Wärme allerdings kein Feuer brannte. Etwas an der Angelegenheit kam ihr seltsam vor. Die Einladungen waren schon vor Monaten verschickt worden und alle zu erwartenden Antworten waren bereits eingetroffen.
Was hatte es also mit dieser hier auf sich?
Sylvie schien jedoch nichts sonderbar zu finden, denn sie ging zum Fenster und lehnte sich hinaus, um nach einem Fliederbusch genau darunter zu haschen. Ein angenehmer zarter Duft drang zu ihnen in das Zimmer, und Rachel runzelte unbewusst die Stirn über die Ablenkung. Irgendetwas Beunruhigendes ging hier vor, und man versuchte, es vor ihr geheim zu halten. „Nun, spannt mich nicht so auf die Folter“, schalt sie ihre Eltern freundlich. „Wer ist dieser so spät geladene Gast? War die Zahl unserer Gäste bisher ungerade? Hat es kürzlich Absagen gegeben? Wer wird uns nun auf Windrush mit seiner Anwesenheit beehren?“
Nach kurzem Zögern, bei dem ihre Eltern sich flüchtig ansahen, seufzte ihr Vater.
„Der Brief ist vom Earl of Devane. Es ist eine Absage. Seine Lordschaft lehnt unsere freundliche Einladung dankend ab, denn natürlich ist er zu wohl erzogen, um uns einfach zu ignorieren. Ganz offensichtlich hat er nicht besonders gründlich überlegen müssen, dafür hat er viel zu schnell geantwortet.“
„Der Earl of
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