03 - Tod im Skriptorium
Intat? Wenn ja, dann ist es kein Irrtum.«
»Ich habe gehört, du hast Intat beschuldigt, er habe eine Schar seiner Krieger bei der Zerstörung des Dorfes angeführt? Nach allem, was ich weiß, hat ein Trupp in Panik geratener Leute aus dem Nachbardorf es niedergebrannt.«
»Dann bist du falsch unterrichtet.«
»Das ist eine schwere Beschuldigung.«
»Es ist ein schweres Verbrechen«, bestätigte Fidelma kühl.
»Ich brauche Beweise, bevor ich einer solchen Beschuldigung nachgehen kann«, erwiderte Salbach entschieden.
»Die Beweise sind die verkohlten Ruinen von Rae na Scríne.«
»Die verkohlten Ruinen beweisen nur, daß das Dorf niedergebrannt wurde, und vielleicht noch, daß Menschen dabei ums Leben kamen. Welchen Beweis gibt es dafür, daß Intat daran schuld ist?«
»Cass aus der Leibwache des Königs von Cashel und ich ritten auf das Dorf zu, als die schreckliche Tat begangen wurde. Wir trafen auf einen Mann namens Intat. Er schickte uns weg und drohte uns mit dem Tode.«
Salbachs Augen weiteten sich ungläubig.
»Er ließ euch gehen? Wenn er solch ein Verbrechen beging, dann wärt ihr doch wahrscheinlich nicht hier, um es bezeugen zu können?«
Fidelma fragte sich, warum Salbach sich bemühte, seinen bó-aire zu schützen.
»Intat ahnte nicht, daß wir sehen würden, was er getan hatte. Wir ritten auf einem Umweg in das Dorf, nachdem wir ihm begegnet waren. Er merkte auch nicht, daß es Überlebende im Dorf gab, die noch besser als wir bezeugen können, was geschah.«
Schluckte Salbach überrascht? Schlich sich ein Schatten von Furcht in seine Miene?
»Es gab Überlebende?«
»Ja.« Es war Abt Brocc, der antwortete. »Es gab ein halbes Dutzend Überlebende. Einige Kinder …«
»Kinder können laut Gesetz nicht aussagen«, fuhr Salbach dazwischen. »Sie haben keine Rechte vor dem Gesetz, bis sie das Alter der Wahl erreichen.«
Fidelma fiel auf, daß diese juristische Feststellung Salbach sehr geläufig über die Lippen kam.
»Es war auch eine Erwachsene darunter«, sagte sie leise. »Und wenn eine Erwachsene nicht genügt, dann stell diesen Intat doch Cass und mir gegenüber, und wir werden aussagen, ob er derjenige war, den wir Leute mit Brandfackeln und Schwertern in den Händen in das Dorf führen sahen und der uns mit dem Tode drohte.«
»Woher wißt ihr überhaupt, daß es Intat war?« fragte Salbach mürrisch. »Woher kennt ihr seinen Namen?«
»Schwester Eisten hat ihn erkannt«, antwortete der Abt.
»Aha! Dann ist sie also die Überlebende, von der ihr sprecht?«
Salbachs Blick verschleierte sich wieder. Fidelma hätte viel darum gegeben, zu wissen, welche Gedanken ihm jetzt durch den Kopf schossen. Sein Gesicht glich einer Maske, doch hinter seinen halbgeschlossenen Augen schienen die Gedanken nur so zu wirbeln.
»Es fällt mir schwer, so etwas von Intat zu glauben«, seufzte Salbach plötzlich und setzte seinen geleerten Becher ab, als habe man ihn schließlich überzeugt. »Die Beweise gegen ihn erschüttern mich. Halten sich Schwester Eisten und die Kinder in Ros Ailithir auf?«
Wieder antwortete Brocc, bevor Fidelma etwas sagen konnte.
»Ja. Wir werden sie wahrscheinlich bald in das Waisenhaus schicken, das Molua führt.«
»Ich würde sie gern sehen«, sagte Salbach bestimmt.
»Es kann einige Tage dauern, bis das möglich ist«, sagte Fidelma eilig mit einem bedeutsamen Blick zu Brocc. Der Abt starrte sie verwundert an. »Der Abt hat angeordnet, sie in Quarantäne zu halten, bis sicher ist, daß sie sich nicht mit der Gelben Pest angesteckt haben.«
»Aber …«, setzte Brocc an, dann biß er sich auf die Lippen.
Salbach schien seinen unvollendeten Protest nicht bemerkt zu haben und erhob sich.
»Ich komme zu gegebener Zeit wieder und befrage Schwester Eisten und die Kinder«, erklärte er. »Da es sich um eine schwerwiegende Anschuldigung gegen einen meiner Friedensrichter handelte, meinte ich, sofort die Beweise prüfen zu müssen. Ich werde Intat suchen lassen und hören, was er zu sagen hat. Wenn das Verbrechen auf ihn zurückgeht, dann wird er sich vor meinem eigenen Brehon dafür zu verantworten haben. Darauf kannst du dich verlassen, Schwester Fidelma.«
»Cashel würde nichts anderes erwarten«, antwortete Fidelma ernst.
Salbach sah sie scharf an und suchte nach einem verborgenen Sinn in ihren Worten, doch Fidelmas Gesicht blieb undurchdringlich.
»Wir sind ein stolzes Volk, Schwester Fidelma«, sagte Salbach. Seine Stimme klang sanft, es schwang aber
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