03 - Winnetou III
Indianer ließ ihn hören, sondern der kleine Jäger, welcher aus einer nahen Talrinne auftauchte. Er hatte seinen Vorsatz ausgeführt, war hinter mir verschwunden und nun vor mir wieder zu sehen. Er tat, als ob er nach seinen beiden Schüssen fliehen wolle. Seine Stute schien jetzt auf einmal ein ganz anderes Wesen geworden zu sein; sie warf die Beine auseinander, daß der Rasen krachte; der Kopf mit den enthusiastisch gespitzten Ohren lag tief im Genick, und jede Sehne, jede Faser schien angespannt zu sein. Reiter und Pferd waren wie verwachsen miteinander. Der erstere schwang sein Gewehr und lud es im Galopp mit einer Sicherheit, welche darauf schließen ließ, daß er sich nicht das erste Mal in einer solchen Lage befand.
Hinter ihm knatterten zwei Schüsse; die beiden Indianer hatten auf ihn abgedrückt, aber keine Kugel traf ihn. Die Indsmen stießen ein Wutgeheul aus, griffen zu den Tomahawks und sprengten hinter ihm her. Er hatte sich bisher noch gar nicht nach ihnen umgesehen; jetzt aber war er mit dem Laden fertig und riß sein Pferd herum. Es war, als ob das Tier die Entschlüsse seines Reiters mitdächte; es hielt, streckte sich und stand dann bewegungslos wie ein Sägebock. Er nahm das Gewehr empor und zielte kurz; in den nächsten Augenblicken blitzte es zweimal auf, ohne daß die Stute zuckte – die beiden Indsmen waren durch die Köpfe getroffen.
Ich hatte bisher im Anschlag gelegen, aber nicht losgedrückt, da der Kleine meiner Hilfe nicht bedurfte. Jetzt war er vom Pferd gestiegen, um die Gefallenen zu untersuchen, und ich ging zu ihm heran.
„Nun, Sir, wißt Ihr jetzt zum Beispiel, wie man diesen roten Halunken einen Ring schlägt, he?“ fragte er mich.
„Thank you, Master! Ich sehe, daß man bei Euch etwas lernen kann!“
Mein Lächeln mußte ihm denn doch etwas zweideutig erscheinen; er blickte mich scharf an und meinte dann:
„Oder wäret etwa Ihr auf einen solchen Gedanken gekommen?“
„Ein Ring war gerade nicht notwendig. Bei diesem Terrain, wo man sich in den Wellentälern unsichtbar machen kann, genügt es, sich auf einem großen Vorsprung dem Feind zu zeigen, und dann reitet man einfach auf der eigenen Spur zurück. Der Ring ist weit angemessener für die ebene und offene Prärie.“
„Schaut, wo Ihr das alles nur herhaben mögt! Wer seid Ihr denn eigentlich, he?“
„Ich schreibe Bücher.“
„Ihr – schreibt – Bücher – –?“ Er trat erstaunt einen Schritt zurück und zog ein halb bedenkliches, halb mitleidiges Gesicht. „Seid Ihr krank, Sir?“
Er deutete dabei nach der Stirn, so daß ich ganz genau wissen konnte, welche Krankheit er im Sinn habe.
„Nein!“ antwortete ich.
„Nicht? So kann Euch vielleicht ein Bär begreifen, ich aber nicht! Ich schieße mir einen Büffel, weil ich essen muß, aber aus welchem Grund schreibt Ihr denn Eure Bücher?“
„Damit sie gelesen werden.“
„Sir, nehmt es mir nicht übel, aber das ist ja die allergrößte Dummheit, die sich ausdenken läßt! Wer Bücher lesen will, mag sie sich selbst schreiben, das muß ja zum Beispiel jedes Kind einsehen. Ich schieße mein Fleisch ja auch nicht für andere! Also, hm, ja, ein bookmaker seid Ihr? Aber wozu kommt Ihr da in die Savanne, he? Wollt Ihr etwa hier zum Beispiel Bücher schreiben?“
„Das tue ich erst, wenn ich wieder daheim bin; dann erzähle ich alles, was ich erlebt und gesehen habe, und viele Tausende von Leuten lesen es und wissen dann sehr genau, wie es in der Savanne zugeht, ohne daß sie nötig haben, selbst in die Prärie zu gehen.“
„So erzählt Ihr wohl auch von mir?“
„Versteht sich!“
Er fuhr noch einen Schritt weiter zurück; dann trat er hart an mich heran, legte die Rechte an den Griff seines Bowiemessers, die Linke an meinen Arm und sagte:
„Sir, dort steht Euer Pferd; hängt Euch hinauf und macht, daß Ihr weiter kommt, wenn Ihr nicht wollt, daß Euch einige Zoll kaltes, spitzes Eisen zwischen die Rippen schleichen! Bei Euch dürfte man ja kein Wort sprechen und keinen Arm bewegen, ohne daß es alle Welt erfährt. Hole Euch dieser und jener; trollt Euch schleunigst von dannen!“
Der kleine Mann reichte mir gerade bis an die Schulter, und dennoch war es ihm mit seiner Drohung Ernst, was mich innerlich natürlich belustigte, ohne daß ich es mir merken ließ.
„Ich verspreche Euch, nur Gutes von Euch zu schreiben!“ sagte ich.
„Ihr geht! Ich habe es gesagt, und dabei muß es bleiben!“
„So gebe ich Euch mein Wort, daß
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