03 - Winnetou III
sie Charley nannten, und der andere, der sich in den ersten Stunden Sam Hawerfield nennen ließ? Wenn sie jetzt hereinträten, nur diese zwei, mit den Büchsen in der Hand und das Messer locker im Gürtel, so würde es wohl manchen geben, der nicht recht wüßte, ob er sich wehren oder sich lieber ergeben solle. Es war Old Shatterhand und der kleine Sans-ear!“
Der Anführer fuhr empor.
„Lügner! Du willst bloß eure Feigheit beschönigen!“
„Capitano, stich mich nieder! Du weißt, daß ich nicht mit der Wimper zucke!“
„So sprichst du wirklich die Wahrheit?“
„Ja.“
„Wenn das ist, per todos los santos, so müssen die beiden sterben, und der Yankee mit dem Nigger auch, denn diese beiden Jäger werden nicht ruhen, bis sie uns entdeckt und vernichtet haben.“
„Sie werden uns nichts tun, denn sie berieten sich, sofort nach Santa Fé zu gehen.“
„Schweig! Du bist tausendmal dümmer als sie, und doch würdest du ihnen nicht sagen, wohin du wirklich gehst. Ich kenne die Art und Weise dieser nördlichen Waldläufer sehr genau. Wenn sie unserer Spuren suchen wollen, so werden sie dieselben finden, selbst wenn wir durch die Luft fahren könnten; ja, wir sind nicht sicher, daß bereits einer von ihnen hier in den Büschen steckt und alles hört, was wir sprechen.“
Bei diesen Worten war es mir nicht ganz gleichgültig zu Mute, aber der Sprecher fuhr fort:
„Ja, ich kenne ihre Weise sehr genau, denn ich war ein ganzes Jahr mit dem berühmten Florimont zusammen, den sie nur Track-Smeller (Fährten-Riecher) nannten, während er As-ko-lah (Bärenherz) bei den Indianos hieß; bei ihm habe ich alle ihre Schliche und Eigentümlichkeiten kennen gelernt. Ich sage euch, diese Leute werden nicht nach Santa Fé gehen und auch ihren Lagerplatz heut nicht verlassen. Sie wissen, daß sie auch morgen noch eure Spuren finden, und daß ihre Pferde vor allen Dingen ausruhen müssen. Dann werden sie morgen mit gestärkten Gliedern und scharfem Geiste hinter euch her sein, und wenn wir sie auch sicher erlegen, werden sie doch über die Hälfte von uns niederstrecken. Ich habe erzählen hören, daß dieser Old Shatterhand ein Gewehr hat, mit dem er eine ganze Woche lang schießen kann, ohne daß er zu laden braucht; der Teufel hat es ihm gemacht, und er hat ihm dafür seine Seele verschrieben. Daher müssen wir sie noch heute abend überfallen, wenn sie schlafen, denn da haben sie, weil sie nur vier Personen sind, höchstens einen Mann als Wache aufgestellt. Kennst du den Ort genau?“
„Ja“, antwortete Williams.
„So macht euch bereit. Punkt Mitternacht müssen wir dort sein, aber ohne Pferde. Wir schleichen uns an und fallen über sie her, so daß sie an eine Gegenwehr gar nicht denken können.“
Der gute Capitano kannte uns doch nicht so genau, wie er dachte; er hätte sonst noch ganz andere Maßregeln ergriffen. Man begegnet in der Prärie ganz so, wie in den Ortschaften der zivilisierten Länder, jener Übertreibungssucht, welche aus ‚einer Mücke einen Elefanten macht‘, wie man zu sagen pflegt. Wenn sich der Jäger ein- oder zweimal wacker gegen seine Feinde hält und nebenbei es versteht, seinen Scharfsinn zur Geltung zu bringen, so wird es von Lager zu Lager erzählt; überall kommt etwas dazu, und zuletzt ist er ein Held im Superlativ, dessen Name beinahe dieselbe Wirkung hat wie seine Waffen. Jetzt hatte ich sogar vom Teufel ein Gewehr erhalten, mit welchem ich eine ganze Woche lang zu schießen vermochte, und dieses Wunderwerk war zu reduzieren auf meinen Henrystutzen, mit welchem ich allerdings fünfundzwanzig Schüsse abgeben konnte.
„Wo ist Patrik mit den anderen?“ fragte nun der Anführer.
„Nach dem Head-Pik, um seinen Vater zu erwarten, wie er dir ja gemeldet hat. Bei dieser Gelegenheit wird er sich an die drei Kaufleute machen, welche sehr gute Waffen und auch ein hübsches Stück Geld bei sich führen. Vielleicht ist er bereits mit ihnen fertig, denn er wollte keine Zeit verlieren.“
„So wird er mir die Beute schicken?“
„Mit zwei Männern; den dritten nimmt er mit.“
„Die besten Gewehre werden wir von den beiden Jägern bekommen. Man erzählte mir, daß Sans-ear eine Büchse habe, mit welcher man auf zwölfhundert Schritte weit schießen kann.“
In diesem Augenblick ertönte von weitem das Gebell eines Präriehundes. Dies war jedenfalls ein sehr schlecht gewähltes Zeichen, da es unmöglich hier solche Tiere geben konnte.
„Antonio kommt mit den Pfählen, die er
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