03 - Winnetou III
aufmerksam machte.
Eben wollte ich um einen Strauch treten, um zu sehen, wo das Pferd stand, von welchem der Ton hergekommen war, als ich blitzschnell wieder zurückfuhr; denn vor mir lag ein Mann, der den Kopf so zwischen den Zweigen liegen hatte, daß er den Pfad genau beobachten konnte, während es ganz unmöglich war, ihn von demselben aus zu bemerken. Das war jedenfalls die Wache, welche ich vermutet hatte, und aus ihrer Anwesenheit ließ sich schließen, daß eine ganze Gesellschaft in der Nähe sein müsse.
Der Mann hatte mich weder gesehen noch gehört. Ich kehrte einige Schritte zurück, um ihn zu umgehen, und dies gelang mir so vollständig, daß ich nach fünf Minuten das ganze Terrain erkundet hatte.
Der Pfad lief nämlich auf eine große, weite Lichtung zu, deren Mitte ein dichtes, rundes Buschwerk trug, welches von wildem Hopfen so um- und durchschlungen war, daß man nicht hindurchzublicken vermochte. Aus diesem Gebüsche war das Schnauben gedrungen. Ich schlich mich längs des Randes der Lichtung hin, um zu sehen, ob sich eine Öffnung im Gebüsch befinde, konnte aber keine entdecken; sie mußte maskiert worden sein, denn eben wurde eine und dann noch eine menschliche Stimme laut, welche mir die Anwesenheit von Männern verriet.
Sollte ich es wagen oder nicht, mich anzuschleichen? Es war gefährlich, aber ich beschloß dennoch, es zu tun. Mit einigen raschen Sprüngen schnellte ich mich quer über den Lichtungsring hinüber, und zwar an einer Stelle, wo mich der Posten nicht bemerken konnte, weil sich das Gebüsch zwischen ihm und mir befand. So weit ich gehen durfte, ohne gesehen zu werden, fand ich das Buschwerk so dicht, daß ich nicht hindurchzublicken vermochte; eine einzige Stelle nur gab es, tief unten am Boden, ganz an dem Wurzelwerk, die es mir allenfalls erlaubte, mich, hart an der Erde liegend, einzuschieben. Es ging zwar langsam, sehr langsam, aber ich brachte es doch fertig, und nun gewahrte ich, daß das früher ohne Zweifel kompakte Buschwerk ausgehauen worden war, so daß die Mitte desselben einen freien Raum von ungefähr dreißig Ellen im Durchmesser bildete, welche Lichtung durch die dichte Laubwand nach außen vollständig abgeschlossen war. An der einen Seite des Raumes gewahrte ich nicht weniger als achtzehn Pferde, welche eng nebeneinander angebunden waren; ganz in der Nähe meines Versteckes lagen oder saßen siebzehn Männer am Boden, und der übrige Platz zeigte ganze Haufen verschiedener Gegenstände, welche mit ungegerbten Büffelhäuten zugedeckt waren. Ich bekam den Eindruck einer Räuberhöhle, in welcher alles aufgestapelt wird, was man den Überfallenen abgenommen hat.
Eben sprach einer der Männer zu den übrigen; es war Williams, in dem ich also denjenigen erkannte, welcher sich von den vier Voyageurs getrennt hatte. Ich konnte jedes Wort vernehmen:
„Der eine mußte uns belauscht haben, denn ich erhielt auf einmal einen Fausthieb an den Kopf, daß ich wie ein Klotz niederfiel – – –“
„Belauscht bist du worden?“ fragte einer, der eine ziemlich reiche mexikanische Kleidung trug, mit strenger Stimme. „Du bist ein Tölpel, den wir nicht mehr brauchen können. Wie kann man sich belauschen lassen, noch dazu in dem Estaccado, der keinen Ort zum Verstecken bietet!“
„Sei nicht streng, Capitano!“ meinte Williams. „Wenn du wüßtest, wer es gewesen ist, so würdest du bekennen, daß selbst du vor ihm nicht sicher bist.“
„Ich? Soll ich dir eine Kugel durch den Kopf jagen? Und nicht nur belauscht, sondern sogar niedergeschlagen bist du worden, niedergeschlagen durch einen Faustschlag, wie ein Kind, wie eine Memme!“
Die Stirnadern Williams' schwollen an.
„Du weißt, Capitano, daß ich keine Memme bin. Der mich niedergeschlagen hat, streckt auch dich zu Boden mit einem einzigen Hieb.“
Der Capitano lachte hell auf. „Erzähle weiter!“
„Auch Patrik, welcher sich einstweilen Mercroft nannte, wurde von ihm niedergeschmettert.“
„Patrik? Mit seinem Stierschädel? Und was dann?“ Williams erzählte das Ereignis bis dahin, wo wir die Voyageurs wieder freigegeben hatten.
„Carajo, Schurke, ich schieße dich nieder wie einen Hund. Läßt sich der Kerl mit vier meiner besten Leute von zwei hergelaufenen Schuften niederschlagen und gefangennehmen, wie ein Knabe, der kein Mark in den Knochen hat und noch niemals aus der Schürze der Mutter gekommen ist!“
„Thunder-storm, Capitano, weißt du, wer die beiden waren, dieser eine, den
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