030 - Die mordende Anakonda
Augen
funkelten. »Er drückt sich wieder vor der Arbeit, er denkt, dass sowieso alles
keinen Sinn hat. Recht hat er! Das Leben ist zum Kotzen. Für wen, warum?«
»Nach dem Tod geht es uns allen besser, Margie«, entgegnete Joe einfach,
und er wusste selbst nicht, wie er dazu kam, ein frommes Sprüchlein aufzusagen.
»Wir leben hier nicht zum Vergnügen, sondern um zu arbeiten ...«
»Und zum Saufen«, stieß Margie Queshon erbittert hervor. »Dieser Stall hier
könnte doch anders aussehen, nicht wahr? Meine Hände allein schaffen es nicht
mehr. Patrick müsste mehr zugreifen. Aber er hockt lieber in einem Wirtshaus
und lässt mich alles allein tun. – Ihr seid doch gestern Abend gemeinsam weggegangen
und wolltet einen Spaziergang durch die frische Luft machen, das habt ihr doch
gesagt, nicht wahr? Wie ich euch kenne, hat dieser Spaziergang in die Kneipe
von McBratt geführt. Den armen McBratt musstet ihr ja wieder mal besuchen, ihm
geht es ja auch so schlecht. Ins Wirtshaus kommt ja kaum noch jemand. McBratt
wird sich riesig gefreut haben, dass zwei Marathonsäufer wie ihr beide ihn
besuchten. Das hat seine Kasse wieder gefüllt. Oder hast du noch einen Penny in
der Tasche, Joe?«
Rings ging nicht auf die Bemerkung ein. Margie Queshon war verbittert.
»Es geht um ganz etwas anderes, Margie«, sagte er rau. »Ich – suche Patrick, verstehst du? Ich habe
vorhin doch schon gefragt, ob er nicht im Haus ist.«
»Wahrscheinlich hockt er noch bei McBratt und schläft dort am Tisch seinen
Rausch aus. Diese Stellung scheint ihm vielleicht bequemer als ein weiches
Bett«, antwortete die Frau. Margie Queshon blickte ihn an. »Ich sehe es doch
deinen Augen an, Joe! Sie sind noch immer nicht klar! Du hast doch auch nur ein
paar Stunden geschlafen, nicht wahr? Wie voll hat sich Patrick denn wieder
laufen lassen?«
Joe Rings leckte sich über die Lippen. Er fühlte sich veranlasst, ein wenig
von dem zu berichten, was er erlebt zu haben glaubte.
»Ah?« Margie Queshon schien nicht überrascht. Ihre großen, traurig
blickenden Augen verengten sich noch mehr. »Du hast ihn also verloren?«
»Ja, wir müssen uns verlaufen haben ...«
»Vielleicht hat McBratt ihn wiedergefunden«, antwortete sie einfach. »Am
besten ist es, du siehst dort mal nach. Es ist nicht ausgeschlossen, dass er in
der Zwischenzeit schon wieder zu sich gekommen ist. Möglich ist auch, dass er
sich erinnert, wo sein Haus ist, und er befindet sich vielleicht jetzt, um
diese Zeit, schon wieder auf dem Rückweg. Der Vormittag ist ja fast vorbei ...«
»Ich fahre zu McBratt«, entgegnete Joe Rings leise.
»Richte meinem Göttergatten einen schönen Gruß aus«, rief Margie Queshon
ihm nach, während er sich auf sein klappriges Fahrrad schwang. »In einer Stunde
steht das Essen auf dem Tisch. Bisher liebte er es doch immer, auf die Minute
genau am gedeckten Tisch zu sitzen. Wenn sich daran etwas geändert haben
sollte, wäre es mir lieb, du würdest mich davon unterrichten. Vielleicht hat er
jetzt eine neue Marotte und nimmt auch den Mittagstisch bei McBratt ein.
Vielleicht Hühnersuppe mit einem Schuss Whisky, das wäre mal was anderes ...«
Joe Rings hörte die letzten Worte schon nicht mehr. Er trat wie ein
Verrückter in die Pedale, um so schnell wie möglich vom Fleck zu kommen. Der
Ire fühlte sich nicht wohl in seiner Haut. Als er die Waldschenke McBratts
erreichte, fiel ein leichter Nieselregen. Joe trug nicht viel auf der Haut. Ihn
fröstelte. Es war, als ob der Herbst bereits auf der Insel einzöge ...
●
McBratt riss die Augen auf, als er aus dem Nebenraum kam und Joe Rings das
Wirtshaus betreten sah.
»Was sehen meine alten, entzündeten Augen ...«, begann McBratt in heiterem
Tonfall, schwieg aber sofort, als er Rings' ernstes Gesicht sah.
»Ist Patrick hier?« Als Joe diese Frage stellte, wusste er bereits, wie die
Antwort ausfiel.
»Nein. Wie kommst du darauf? Ihr seid heute Nacht gemeinsam weggegangen.«
»Wie spät war es?«
»Ungefähr halb zwei. Ihr wart die einzigen und die letzten, die den
Schankraum verließen.«
Joe Rings nickte.
Unaufgefordert brachte ihm McBratt einen doppelten Whisky. Joe griff schon
danach, aber dann schob er ihn über die Tischplatte zurück. »Danke! Jetzt
nicht. Ich muss einen klaren Kopf behalten. Niemand glaubt mir sonst, niemand
...«
»Was ist denn geschehen? So rede doch endlich!« McBratt war sichtlich
nervös. »Hatte Patrick – einen Unfall?«
»Würde ich dann fragen, ob er noch
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