0304 - Maskenball der Monster
nichts sagte.
Wenig später schwappten die Türen wieder zu, und der Fahrer schaute den beiden nach, wie sie in Richtung Eingangstreppe schritten und die Stufen hochgingen.
Zwei Menschen sah er.
Ein normales Paar.
Sie im eleganten, golden schimmernden Abendkleid, er in einem blauen Smoking.
Nur etwas paßte nicht zu ihnen, aber der Fahrer war zuviel gewohnt, um sich darüber zu wundern.
Die beiden besaßen keine normalen Köpfe, sondern blasse, bleich schimmernde Totenschädel…
***
»Mein Name ist Heiermann«, sagte der Mann, »großes H und kleiner Eiermann.« Er lachte über seinen Witz am lautesten, nahm seinen alten Jägerhut ab und warf ihn auf den Tisch. Er trug noch einen grünen Lodenmantel, hatte fahlblondes Haar und hinter seiner ebenso blassen Brille blitzten zwei Augen, in deren Pupillen der Schalk saß.
Wir stellten uns auch vor. Allerdings nicht auf so unkonventionelle Art.
»Scotland Yard!« Heiermann nickte. »Wenn ich an meine Londoner Zeit denke, sie war einfach schön.«
»Auch jetzt kann man es dort noch aushalten«, verteidigte ich meine Heimatstadt.
»Das glaube ich Ihnen, Herr Sinclair.« Heiermann schlüpfte aus dem Mantel und hängte ihn an einen Haken. Dann zog er an den fünf Fingern seiner linken Hand so stark, bis die Gelenke knackten.
Fast naiv lächelnd schaute er uns an. »Können wir?«
»Gern.«
»Auf in den Kampf!«
Suko und ich ließen uns von der lockeren Art des Psychologen Dr. Alfred Heiermann nicht täuschen. Hinter der lustigen Fassade verbarg sich ein sehr scharf und analytisch denkender Mensch, der gleichzeitig sehr viel Einfühlungsvermögen besaß und sich gut in die Psyche eines anderen Menschen hineinversetzen konnte.
Das hatten wir selbst zwar noch nicht probiert, aber es war uns gesagt worden, und zwar von unserem alten Freund und Spezi Will Mallmann, dem Kommissar beim BKA.
Leider hatte er aus dienstlichen Gründen nicht mitkommen können, aber er hatte uns Dr. Alfred Heiermann geschickt, damit dieser uns bei den Problemen half.
Und die waren nicht einfach.
Im Prinzip drehte sich noch alles um die sieben Dolche. Vier davon hatten wir gefunden. Drei waren noch unterwegs, wenn man es mal ein wenig lässig ausdrücken wollte.
Luzifer, der oberste Höllenbeherrscher, hatte Mandra Korab die sieben Dolche gestohlen und sie so fortgeschleudert, daß sie kein Mensch mehr finden sollte.
Das jedenfalls war die offizielle Lesart. Nur war es uns gelungen, vier dieser sieben Dolche zu besorgen. Den letzten hatten wir in Sylt entdeckt, bei einer Frau, die eigentlich ein völlig normales Leben geführt hatte, bis sie in den Kreislauf der Schwarzen Magie hineingerissen worden war. Sie besaß einen Dolch und es war ihr gelungen, durch ihn eine unheimliche Magie auszulösen. Eine alte Legende war zu einer schrecklichen Wahrheit geworden, und aus dem tiefen Sand der Insel erschienen plötzlich mordlüsterne Zwerge, die gnadenlos töteten. [1] Es hatte leider Opfer gegeben, unter anderem auch ein junges Mädchen namens Susanne Richter.
Erna Lengerich aber hatte überlebt. Suko hatte ihr den Dolch abgenommen, und wir fanden bei ihr, als wir sie in ihr Haus brachten, eine seltsame Einladungskarte.
Sie sollte zum Maskenball der Monster kommen.
Und da wollten wir auch hin.
Vor den Erfolg haben die Götter den Schweiß gesetzt. Schweiß hatten wir genug vergossen, denn die Frau zeigte sich sehr verstockt. Sie wollte einfach nicht mit der Sprache heraus. Deshalb wußten wir nicht, wann und wo dieser ungewöhnliche Maskenball stattfand.
»Zwischen den Zeiten«, hatte sie nur gesagt und gelächelt.
Wenn jemand behauptet, daß es bei Verhörmethoden eine Folter gibt, so ist diese Person ein Lügner. Wir hatten die Frau nicht angerührt, doch es gibt gewisse Tricks, die wir nun anwenden wollten, damit sie redete.
Und dazu brauchten wir Dr. Heiermann.
Wie uns Will Mallmann versicherte, gehörte er zu den absoluten Experten in Deutschland. Er hatte sich auch mit Parapsychologie beschäftigt und betrieb nebenbei Hypnose auf wissenschaftlicher Basis.
Darauf kam es uns an. Heiermann sollte die Frau unter Hypnose setzen, damit sie redete.
Wir befanden uns auch nicht mehr auf Sylt, sondern in einem privaten Sanatorium auf dem Festland. Der Geheimdienst brachte hier des öfteren Patienten und Informanten unter, wenn sie sicher und geschützt sein sollten.
Unter dem grünen Lodenmantel trug der Doktor einen Cordanzug von undefinierbarer Farbe. Aus der oberen Brusttasche
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