031 - Die blaue Hand
Zeit beim Tee kennengelernt, und zwar bei einer besonderen Gelegenheit. Die Gardinen des Fensters, bei dem sie saß, hatten Feuer gefangen. Jim löschte die Flammen und verbrannte sich dabei die Hand. Und Miss Weldon hatte ihn verbunden.
Wenn ein Herr einer Dame einen Dienst erweist, dann führt das nicht unbedingt zu einer näheren Bekanntschaft. Wenn aber umgekehrt eine junge Dame einem Mann hilft, so hat dies unweigerlich Folgen.
Seit diesem Tag trafen sich die beiden täglich hier beim Tee. Einmal wollte sie Jim ins Theater einladen, aber sie lehnte ab.
»Haben Sie weiter nach der verschwundenen Dame geforscht?« fragte Miss Weldon, während sie Marmelade nahm.
Jim verzog das Gesicht.
»Mr. Salter hat mir heute klargemacht, daß es wenig an den Verhältnissen änderte, wenn sie gefunden würde.«
»Es wäre aber doch wundervoll, wenn das Kind gerettet worden wäre. Haben Sie je an diese Möglichkeit gedacht?«
»Leider dürfen wir uns keine Hoffnung in dieser Richtung machen, so schön es auch wäre.« Er lachte. »Es sei denn - Sie wären die vermißte Erbin!«
»Ich? Da brauchen Sie sich erst recht keine Hoffnungen zu machen -ich bin das Kind armer, aber ehrlicher Eltern, wie es so schön heißt!«
»Ihr Vater lebte immer in Südafrika?«
»Ja. Er war Musiker. An meine Mutter kann ich mich fast nicht mehr erinnern.«
»Wo wurden Sie denn geboren?«
»In Kapstadt-Rondebosch, um genau zu sein. - Aber sagen Sie, warum geben Sie sich eigentlich eine solche Mühe mit dieser Geschichte?«
»Weil ich nicht will, daß dieser schreckliche, ungebildete Mensch das Erbe der Danton-Millionen antreten soll.«
»Wer ist dieser schreckliche Mensch? Sie haben bis jetzt seinen Namen nicht erwähnt.«
Das stimmte. Jim hatte ihr überhaupt erst vor ein paar Tagen von diesen Dingen, die ihn so stark beschäftigten, erzählt.
»Der junge Mann heißt Digby Groat.«
Sie schaute verwirrt auf.
»Was haben Sie?« fragte er erschrocken.
»Als Sie vorhin den Namen Danton erwähnten, erinnerte ich mich, daß einer unserer Fotografen neulich sagte, Mrs. Groat sei die Schwester Jonathan Dantons.« »Kennen Sie die Familie Groat?«
»Ich kenne sie nicht - wenigstens nicht gut.« Sie zögerte. »Aber ich werde eine Stellung bei Mrs. Groat als Sekretärin annehmen.«
Er sah sie groß an.
»Und davon haben Sie mir gar nichts gesagt?« Als sie schwieg und auf ihren Teller blickte, fügte er schnell hinzu: »Natürlich, es liegt ja kein Grund vor, warum Sie es mir sagen sollten.«
»Ich weiß es selbst erst seit heute. Mr. Groat ließ sich fotografieren, und seine Mutter begleitete ihn. Sie waren schon einige Male dagewesen, doch hatte ich sie kaum beachtet. Heute rief mich der Chef zu sich und teilte mir mit, daß Mrs. Groat eine Sekretärin suche und daß es eine sehr gute Stelle für mich wäre. Sie will fünf Pfund in der Woche zahlen, und da ich im Hause wohne, kann ich den Betrag vollständig sparen.«
»Wann hat sich Mrs. Groat entschlossen, eine Sekretärin anzustellen?«
»Ich weiß es nicht. Warum fragen Sie?«
»Weil Mr. Salter, als Mrs. Groat vor einem Monat in unserer Kanzlei war, ihr vorschlug, sich eine Sekretärin zu engagieren, damit ihre Korrespondenz in Ordnung käme. Sie erklärte aber damals, daß sie dies unter keinen Umständen tun werde, weil sie keine Fremde um sich haben wolle.«
»Offenbar hat sie ihre Ansicht geändert.«
»Und das bedeutet also, daß wir uns nicht mehr beim Tee treffen werden? Wann treten Sie Ihre neue Stelle an?«
»Schon morgen früh.«
Jim ging in trüber Stimmung in sein Büro zurück. Sein Leben kam ihm leer und traurig vor. Du hast dich verliebt, alter Knabe! gestand er sich selbst ein.
Zu seinen täglichen Aufgaben gehörte, das große Tagebuch zu führen. Er steckte seine Pfeife an. Erbittert blätterte er die Seiten um. Mr. Salter war schon nach Hause gegangen. Auf seinem Schreibtisch hatte er kurze Bleistiftnotizen hinterlassen, nach denen Jim die Vorgänge des Tages ins Buch eintrug. Als er damit fertig war, ging er noch einmal ins Zimmer seines Chefs, um zu sehen, ob er nichts vergessen hätte.
Mr. Salter hielt seinen Schreibtisch gewöhnlich in bester Ordnung, doch hatte er eine merkwürdige Gewohnheit, wichtige Akten und Notizen wegzulegen, man hätte sagen können, sie zu verstecken. Jim hob alle Gesetzbücher auf, die auf dem Tisch lagen oder standen, um sicher zu sein, ob sich nicht doch noch eine Notiz darunter finden ließe. Dabei fiel ein dünnes
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