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031 - Die Stunde der Ameisen

031 - Die Stunde der Ameisen

Titel: 031 - Die Stunde der Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
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Aber über dieses Thema haben wir schon oft genug gesprochen. Ich muß eine Leiche auftreiben, so schnell wie möglich.«
    »Und wo sollen wir die herbekommen?« fragte ich mit mildem Spott in der Stimme.
    »Von einem Friedhof natürlich, woher denn sonst«, brummte Georg mürrisch.

    Es dämmerte, als wir den St. Veiter Friedhof erreichten. Das Tor war geschlossen: kein Mensch war auf dem Friedhof zu sehen.
    Georg und ich ließen einige Passanten vorbei, dann stiegen wir rasch aus. Der Abendhimmel schimmerte glutrot, und ein leichter Wind war aufgekommen. Georg legte seine rechte Hand gegen das Torschloß, das nach wenigen Sekunden aufsprang. Er wandte sich nach links, und ich folgte ihm. Nach ein paar Schritten hatten wir die Leichenhalle erreicht. Das Tor war ebenfalls abgesperrt, was Georg aber nicht aufhalten konnte.
    Die Totenhalle lag im Halbdunkel. Unsere Schritte klangen seltsam hohl, als wir durch die Gänge liefen. Ich hielt mich hinter Georg, der eine Nische nach der anderen betrat und die Schilder musterte, die an den Särgen hingen. Endlich hatte er etwas Passendes gefunden: eine dreißigjährige Frau, die vor sechs Tagen bei einem Verkehrsunfall gestorben war.
    »Komm mit!« sagte Georg und stellte sich neben den Sarg. Ich zögerte, dann kam ich näher. Zusammen hoben wir den Deckel herunter. Georg warf einen Blick auf die Tote, dann nickte er zufrieden.
    »Du wartest hier. Ich rufe Mangold an.«
    Ich fühlte mich unbehaglich in dieser Umgebung, da ich eine Abneigung gegen Tote empfand. Für eine Hexe nicht gerade üblich, und diese übertriebene Feinfühligkeit hatte mir schon oft den Hohn meiner Geschwister eingebracht. Schließlich überwand ich meinen Ekel und trat näher. Vor dem geöffneten Sarg blieb ich stehen und sah die Tote an. Ihr Gesicht war fürchterlich entstellt. Ich wandte mich schaudernd wieder ab.
    Nach einigen Minuten kehrte mein Bruder zurück.
    »Mangold kommt in einer Viertelstunde.«
    »Hoffentlich kann er uns überhaupt die Informationen liefern, die wir benötigen«, meinte ich skeptisch.
    »Er hat mich noch nie enttäuscht.«
    Ich hing meinen Gedanken nach und dachte gerade daran, daß die normalen Menschen keine Ahnung hatten, welche grauenvollen Monster unter den Masken von Biedermännern herumliefen; Ungeheuer wie Ferry Mangold, der sich von Leichen ernährte.
    Ich schreckte hoch, als ich Schritte hörte. In der Leichenhalle war es nun völlig dunkel. Die Tür wurde geöffnet, und ein Schatten huschte in die Halle. Die Gestalt des Ungeheuers war nur undeutlich zu erkennen.
    Georg klatschte in die Hände, und eine magische Flamme erhellte die Halle. Der Ghoul zuckte zurück und leckte sich über die Lippen. Ich betrachtete das Monster fasziniert. Der Kopf war haarlos, die Wangen eingefallen und grau. Die farblosen Lippen waren zurückgezogen und entblößten scharfe, gebogene Zähne; die winzigen Augen lagen tief in die Höhlen und schimmerten rotgelb.
    »Wer ist das Mädchen?« fragte Ferry Mangold und deutete auf mich.
    »Coco«, sagte Georg. »Eine meiner Schwestern.«
    Der Ghoul schlich langsam näher und warf mir einen raschen Blick zu, dann grinste er. »Sieh an! Jetzt lerne ich den Schandfleck der Familie Zamis kennen. Welche Ehre für mich!«
    »Hör mit diesem Unsinn auf!« sagte Georg scharf. »Wir haben keine Zeit zu verlieren. Hier hast du die erste Leiche, die anderen bekommst du in den nächsten Tagen. Ich habe mein Versprechen gehalten, nun halte du deines.«
    »Das werde ich tun«, brummte Mangold. »Aber zuerst eine kleine Stärkung. Ich habe schon seit Tagen …«
    »Zuerst die Informationen«, sagte Georg. »Wer hat uns den Kampf erklärt?«
    Der Leichenfresser achtete nicht auf Georg. Er schritt an ihm vorbei, blieb vor dem offenen Sarg stehen, beugte sich vor und griff nach der Leiche. Andächtig hob er die rechte Hand der Toten an die Lippen. Ich wandte mich entsetzt ab.
    »Ihr könnt mir ruhig zusehen«, sagte der Leichenfresser. »Es stört mich nicht.«
    Georg ballte wütend die Fäuste. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als Mangold seinen Willen zu lassen, Lautes Schmatzen war zu hören. Ich konnte nicht anders; es war, als würde mich eine unsichtbare Kraft dazu zwingen, dem Ghoul beim Fressen zuzusehen. Meine Augen weiteten sich. Mangold veränderte sich auf unbegreifliche Weise. Sein Gesicht und seine Hände waren zu einer gallertartigen, schleimigen Masse geworden, die halb durchsichtig war. Ich taumelte einen Schritt zurück und glaubte,

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