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031 - Weltfeind Nr. 1

031 - Weltfeind Nr. 1

Titel: 031 - Weltfeind Nr. 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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sie die junge Dame in den Bunker zurück schleppten. Zeugen bedeuteten Unannehmlichkeiten. Zeugen würden die Aktion vielleicht verzögern. Zeugen würden ihn und Mr. White für gewöhnliche Entführer halten. Dies konnte zu heftigem Geschrei führen, das vielleicht andere Bewohner des Gasthofes auf den Plan brachte. Vielleicht beschlossen sie dann, den Helden zu spielen.
    »Wer ist der Mann?«, fragte Black an seinen Partner gewandt.
    »Keiner von den verschwundenen Freigängern. Ein Oberweltler. Man nennt ihn Dauntless Kid.«
    »Der Name ist kein gutes Omen«, sagte Black. »Ist er bewaffnet?«
    »Bis an die Zähne.« Mr. White grinste. »Ich hab noch niemanden gesehen, der so mit Eisen behangen ist.« Er räusperte sich. »Der Einäugige sagt, er wäre 'ne lokale Größe. Auf sein Kommando hören mindestens zehn der übelsten Halsabschneider und Schläger der Stadt.« Er deutete über die Schulter auf die Schwingtür des Gasthofes, und Black lauschte dem entströmenden Lärm. »Sie sitzen alle in der Gaststube.«
    »In welcher Branche arbeiten diese Leute?«, fragte Black.
    »In der Fleischbranche.«
    »Monsterskunk-Metzger?«
    »Nee.« Mr. White schüttelte den Kopf.
    »Lustbarkeiten.«
    Black seufzte. Er kannte den Zuhälterberuf aus Filmen und konnte nicht behaupten, dass Leute, die ihn ausübten, ihm sympathisch waren. Er wusste auch, dass es in diesen Kreisen als schick galt, mit seinen Muskeln zu protzen und Konkurrenten die Ohren abzuschneiden.
    Jetzt hatten sie den Salat. Was würde Colonel Crow sagen, wenn sie die Abtrünnige nach Hause holten und dabei ein Dutzend Menschen umlegen mussten? So etwas war unmoralisch und konnte nicht einmal mit Notwehr motiviert werden.
    Crows Befehl lautete: Bringen Sie sie unversehrt zurück. Wer ihr auch nur ein Haar krümmt, ist ein toter Mann! Wenn sie gezwungen waren, Gewalt einzusetzen, war es nicht unmöglich, dass auch die desertierte Freigängerin etwas abbekam.
    »Was findet sie an diesem Kerl?« fragte Black. Mr. White lächelte. »Er ist sehr attraktiv…«
    Black schaute ihn verwundert an.
    »… sofern ich das beurteilen kann«, sagte Mr. White hastig und hüstelte. »Die Damen in der Gaststube sind jedenfalls alle dieser Meinung.«
    »Und woher kennt sie ihn?«
    »Sie hat ihn beim Freigang kennen gelernt. Dauntless Kid hat sie vor 'nem Kerl gerettet, der sie belästigt hat. Seitdem ist sie ihm offenbar verfallen.«
    »Wahrscheinlich hat Dauntless Kid den Kerl auf sie angesetzt, um ihr Vertrauen zu gewinnen«, sagte Black. »In diesen Kreisen ist das ein uralter Trick.«
    »Ach, wirklich? Woher wissen Sie das?«
    Black schnaubte. »Ich sehe mir Filme an. Da lernt man solche Dinge. Sollten Sie auch mal versuchen, Mr. White.«
    Wenn es sein Dienstplan erlaubte, schaute er sich täglich mindestens zwei Filme an. Filme verzauberten ihn, nicht nur deswegen, weil sie die alte Welt abbildeten, die seit dem Aufprall des Kometen unwiderruflich dahin war. Gelegentlich sah er sich auch in seinen Träumen als Filmheld: Dann schlich er durch phantastisch anmutende tropische Dschungel und wurde von einem merkwürdigen Lebewesen gejagt, das sich der Natur so gut anpasste, dass es buchstäblich mit der Umgebung verschmolz. Manchmal stand er auch im Traum vor einem Spiegel und schaute sich seine in Fetzen hängende Gesichtshaut an, hinter der silbernes Metall und ein künstliches Auge sichtbar wurden. Dann fühlte er sich wie eine mit Kunsthaut überzogene Maschine.
    All diese Träume ließen Black schaudern. Er konnte sie nicht erklären. Dr. Sirwig schrieb sie seinen
    »genetischen Erinnerungen« zu. Aber welcher Mensch konnte wohl Erinnerungen daran haben, einst eine Maschine gewesen zu sein?
    »Gehen wir rein.« Black stieß die Schwingtür auf.
    ***
    Der Einäugige, ein spindeldürrer pockennarbiger Kerl mit einem hervorstehenden Adamsapfel schenkte ihnen als einziger Beachtung, als Black und White die Spelunke betraten. Die Gäste waren abenteuerlich gekleidete Männer mit Ohrringen und angemalte Frauen. Sie saßen in Grüppchen von vier bis fünf Personen an den Tischen, sprachen heftig alkhaltigen Getränken zu und ließen Würfelbecher kreisen. Das Stimmengewirr war nervtötend; besonders das schrille Gackern der käuflichen Damen ging Black auf die Nerven.
    Sie bauten sich am Tresen auf, bestellten einen Becher Fichtennadeltee und schätzten die Lage ein. Der versammelte Mob wirkte nicht gerade Vertrauen erweckend. Es war sehr gut möglich, dass er Dauntless Kids

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