0310 - Sie starben, wenn er Zeichen gab
neunzig Zentimeter hoch. In ihrer Spitze steckten drei brennende Kerzen. Bevor der Gastgeber diese drei Kerzen ausblies, nahm er seinen Hund auf den Arm. Es war ein kleiner Pekinese, dem man eine rote Schleife umgebunden hatte.
Die kleine Hundedame leckte mit ihrer feuchten Zunge die Hände ihres Herrn. Der kraulte das braune Fell hinter ihren Ohren und ging dann langsam durch das Spalier seiner Gäste zum Achterdeck. Dort stand ein Mann an der Reling und starrte ins Wasser.
Als der Mann mit dem Hündchen auf dem Arm herankam, drehte er sich um. Aus dem überdachten Teil des Dampfers hörte man das Knallen von Sektkorken.
»Hallo, Rocco«, sagte der Mann an der Reling.
Molinaro starrte aufs Wasser. »Wer ist meiner Einladung nicht gefolgt, Mario?«, fragte er ruhig.
Franconi holte ein Notizbuch aus der Tasche. Er stellte sich so, dass der Lichtschein einer Decklampe darauf fiel. Seine Finger glitten über ein Blatt, auf dem eine ganze Reihe von Namen stand.
»Jack Colombo und Tony Fester sind nicht an Bord, Rocco.«
»Was sind das für Leute?«
»Colombo kontrolliert den Rauschgifthandel am mittleren Broadway. Fester brennt illegal Schnaps, den er an Lokale in Harlem liefert.«
Rocco nickte. »Right, jetzt erinnere ich mich wieder.«
Dann sah er zu dem Lichtermeer von South Brooklyn hinüber.
»Herzlichen Glückwunsch, Geburtstagskind«, sagte Franconi und kraulte dem Pekinesen den Kopf. »War eine tolle Idee von dir, Rocco, aus Anlass des dritten Geburtstages von Suzie Wong so ’ne Party zu geben. Wenn deine Gäste wüssten, dass sie zur Geburtstagsfeier eines Hundes gekommen sind…«
Er kicherte amüsiert.
Rocco drehte sich brüsk um. »Colombo und Fester werden es mir büßen, dass sie meine Einladung ignoriert haben.«
Er streichelte den Pekinesen. »Man hat uns sehr gekränkt, Suzie Wong.«
***
Am Montagmorgen fuhren wir zum Criminal Court. Offiziell hatten wir mit dem Stanwick-Prozess nichts zu tun aber uns interessierte, ob Molinaro im Zuhörerraum war.
Eine unübersehbare Menschenmenge staute sich vor dem Gerichtsgebäude. Der Saaldiener gaben Karten aus, die zum Eintritt in den Verhandlungssaal berechtigten. Die Menge begann zu murren als verkündet wurde, dass der Saal besetzt sei. Wir brauchten uns nur auszuweisen um durchgelassen zu werden.
Molinaro konnte ich nirgendwo entdecken. An der Fensterseite saßen Franconi und-Todd Polando. Damit stand für mich fest, dass Rocco nicht erscheinen würde.
Mein Blick glitt zur Anklagebank hinüber, wo Mona Stanwick sich mit ihrem Anwalt unterhielt. Sie trug ein kaviarfarbenes Tweed-Kostüm. Manchmal sah sie sich im Saal um. Ich konnte nicht die geringste Anzeichen von Nervosität bemerken. Diese Frau besaß Nerven wie Drahtseile.
Ein Raunen ging durch die Menge. Staatsanwalt Hind hatte den Saal betreten und ging gemessenen Schrittes an seinen Platz. Monas Anwalt begrüßte er mit einem Kopfnicken.
Um 9.10 Uhr kamen die zwölf Geschworenen.
Um 9. 20 betrat Richter Dimitri G. Nathan den Saal. Ein Saaldiener rief die vorgeschriebenen Worte: »Alles auf stehen! Der ehrenwerte Richter des Schwurgerichts für den Staat New York.«
Wir erhoben uns. Erst als Richter Nathan Platz genommen hatte, setzten wir uns wieder. Die Verhandlung wurde eröffnet. In Begleitung von zwei Police Detectives betrat Wallie Blender den Saal. Richter Nathan belehrte ihn und schickte dann die drei wieder auf den Flur hinaus.
Das gleiche geschah mit dem geschädigten Industriellen Stanley Cabot. Weitere Zeugen waren Gäste aus Monas Bar, die von der Verteidigung aufgeboten wurden. Diese Leute sagten aus, dass Mona in jener Nacht, da Blenders Bruder ermordet und dann in den Hudson geworfen wurde, von abends bis morgens in ihrer Bar gewesen war.
Richter Nathan rief die Barbesitzerin auf und vernahm sie zur Person. Dann musste sie ihren beruflichen Werdegang erzählen.
Richter Nathan hatte der Angeklagten gerade eine Frage gestellt, als es im Flur draußen eine Explosion gab. Da wir in der Nähe der Tür saßen, war ich als einer der ersten draußen.
Ich sah eine graue Wolke und hörte Schreie. Unter meinen Schuhsohlen knirschten Glassplitter. Unwillkürlich musste ich an die Szene in unserem Office denken.
An dem zerstörten Flurfenster stand einer der beiden Detectives, die man zum Schutz Blenders abgestellt hatte. Er hielt sich seinen blutenden Arm. Zu seinen Füßen lag Blender. Er sah furchtbar aus. Dicht neben einer Sitzbank lag der zweite Detective. Auch er war
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