0310 - Welt der Mörder-Monde
näherte sich dann dem Leichnam seiner Frau, die ihm mit weit offenen, gebrochenen Augen entgegenstarrte.
Erst als er sich zu ihr niederbückte, sah er das blasse Stigma auf ihrer Stirn.
»Nein«, stammelte er. »O Gott… das kann doch nicht wahr sein…«
Das Kreuz der drei Monde! dachte er verwirrt. Und wieder rasten seine Gedanken, konnte er sich kaum beruhigen. Allzu deutlich war ihm in Erinnerung, wo er dieses Stigma zuletzt gesehen hatte: Beim Überfall der Zombie-Horde im Gerichtsmedizinischen Institut! Als dieser Zamorra mit den letzten Untoten, die der Vernichtung entrinnen konnten, aus dem Kellergewölbe verschwunden war… spurlos… [1]
Die lebenden Leichen, die den nächtlichen Überfall veranstalteten, hatten genau das gleiche Symbol auf der Stirn getragen!
Hartlaub spürte, wie ihn langsam das Grauen zu überrollen drohte.
Was wurde hier gespielt?
Was hatte Karin mit den Zombies zu tun?
Ein schrecklicher Verdacht wuchs in ihm. Hatte man seine Frau ermordet, um sich an ihm zu rächen?
Immerhin hatte er nicht unwesentlich zur Vernichtung der Untoten im Gl beigetragen.
Hartlaub richtete sich kraftlos wieder auf. Das war alles reichlich starker Tobak für ihn. Bis vor ein paar Tagen hatte er nicht einmal geahnt, daß es so etwas gab: lebende Tote, die, von unheilvoller Magie beseelt, Terror verbreiteten! Und auch jetzt fiel es ihm schwer, sich mit dem neugewonnenen Wissen abzufinden. Zu phantastisch klang das alles.
Aber nun lag seine Frau ermordet vor ihm, mit diesem verfluchten Mal auf der Stirn…
Wahnsinn!
Irgendwann gab sich Hartlaub einen Ruck und wankte zum Telefon, um seine Kollegen von der Mordkommission anzurufen. Anschließend kehrte er in die Küche zurück, hob einen der umgeworfenen Stühle auf, setzte sich darauf und wartete mit leerem Blick das Eintreffen der Beamten ab.
***
Merlin wog das Amulett prüfend in der Hand. Sein starrer Blick schien eine unsichtbare Brücke zu der magischen Silberscheibe mit den zwölf umlaufenden Tierkreiszeichen und den geheimnisvollen Hieroglyphen zu schaffen.
Das Artefakt, vor Äonen aus der Kraft einer entarteten Sonne in Merlins Sternenschmiede hergestellt, war aktiv. Es glühte verhalten von innen heraus und sandte eine lautlose Informationsflut ins Bewußtsein des Magiers.
Bei den Säulen der Ewigkeit, dachte Merlin erleichtert, als er alle Daten in sich verarbeitet hatte. Vielleicht gibt es doch noch eine kleine Chance, das Unheil abzuwenden… Vielleicht…
Er löste die Augen von dem Amulett, das auch iür ihn selbst, der es geformt hatte, noch tausend Rätsel barg.
Ringsum war absolute Finsternis. Nur die Silberscheibe glomm fahl. Aber dieses Licht vermochte nicht, auf die unmittelbare Umgebung überzugreifen. Merlin befand sich in einem der vielen Räume seiner unsichtbaren Burg, die nur er betreten durfte. Nur für ihn existierte dieser Ort überhaupt. Kein anderer hätte ihn gefunden - weil er für andere nicht vorhanden war…
So »einfach« war das.
Merlin verbrachte Stunde um Stunde damit, die Informationen des Amuletts, die dieses während des kurzen Aufenthalts in der anderen Welt gesammelt hatte, auszuwerten und die magische Scheibe für die anstehende Aufgabe entsprechend zu programmieren.
In dieser Zeit schlief Räume entfernt Zamorra weiter seinen traumlosen Schlaf - ohne zu ahnen, was bald auf ihn zukommen würde…
***
Frankfurt, 1799
Draußen war, fast über Nacht, der erste Schnee gefallen.
Nicole konnte von ihrem Fenster aus über die weiß bedeckten Dächer der Stadt und hinunter auf den Hof sehen, dessen Fläche von zahllosen Fußstapfen bemustert war.
Es herrschte ein ständiges Kommen und Gehen auf dem kleinen, in sich abgeschlossenen und von der Umwelt abgekapselten Anwesen innerhalb der Stadt.
Cagliostro arbeitete wie ein Besessener, gönnte sich kaum noch Schlaf. Das Elixier, das auch in Nicoles Blut kreiste, erlaubte es ihm, Schindluder mit seinen Kräften zu treiben.
Außerdem hingen die Worte des Lords wie ein drohendes Damoklesschwert über dem Alchimisten. Er wußte, was ihn erwartete, wenn er versagte und damit seinen Teil des Paktes brach…, Der Dunkle selbst, wie der Lord auch genannt wurde, ließ sich selten sehen. Angeblich hauste er in seinem Keller unter dem Hauptgebäude. Aber daran glaubte Nicole nicht so recht. Sie hatte mehr als einmal einen Hauch jener Macht gespürt, die der Lord besaß. Deshalb war es unvorstellbar für sie, daß dieses Wesen, von dem niemand wußte, wer es war
Weitere Kostenlose Bücher