0310 - Welt der Mörder-Monde
unisono gegen die Schirmmützen und marschierten an Hartlaub vorbei nach draußen.
Der starrte ihnen entgeistert nach.
Wie betäubt wankte er schließlich zur Küche und krallte sich am Türrahmen fest, während er verständnislos auf den leeren Boden schaute.
Schaf war ihm gefolgt.
»Nichts«, murmelte er betroffen. »Chef…«
Uartlaub hörte nicht hin.
»Karin«, flüsterte er kraftlos.
Aber sie war nicht mehr da.
Ihr Leichnam war - mit allen Stühlen und dem Küchentisch -verschwunden!
Hatte sich in Luft aufgelöst…
***
»Wenn du erst einmal drüben bist«, schloß Merlin seine Erklärungen, »kann ich dir nicht mehr beistehen. In keinem Fall. Das sollst du wissen. Aufgrund der Daten, die ich aus dem Amulett entnommen habe, konnte ich die Bildkugel im Saal des Wissens so präparieren, daß ich deinen Weg in der Parallelwelt verfolgen kann. Aber ich werde nicht direkt eingreifen können. Du wirst allein auf dich gestellt sein. In einer Welt, die fremder ist, als sie dir auf den ersten Blick erscheinen mag. Und gefährlicher! Sieh dich vor, Zamorra!«
Der nickte nur.
Sein Blick haftete auf der magischen Silberscheibe, die an einer dünnen, aber robusten Kette um seinen Hals hing.
Er überlegte, ob er dem Amulett vertrauen sollte. Es fiel ihm schwer, da es sich kaum noch von ihm steuern ließ und immer häufiger eigene Entschlüsse in die Tat umsetzte…
»Geh jetzt«, sagte Merlin und zeigte auf das magische Heptragramm, das er auf den Boden gezeichnet hatte.
»Viel Glück!«
Zamorra hörte kaum noch hin.
Aufs Höchste angespannt betrat er den siebenzackigen Stern, den der alte Zauberer mit magischer Kreide aufgemalt hatte.
Obwohl er es vor sich selbst zu leugnen versuchte, mußte sich Zamorra eingestehen, daß ihn eine Art Jagdfieber gepackt hatte - und Abenteuerlust! Obwohl die Ausgangssituation alles andere als zum Optimismus angetan war.
Aber er hatte sich geschworen, Nicole in jener anderen Welt, jener anderen Erde, zu finden und sie zurückzuholen.
Er dachte an diesen Schwur, als das Heptragramm im Zusammenspiel mit dem Amulett seine Entmaterialisation auslöste.
Im nächsten Augenblick schon befand er sich jenseits der unsichtbaren Barriere, die die Parallelwelten voneinander trennte.
Und er merkte sofort, daß etwas schief gegangen war!
***
Karin war weg.
Seine Kollegen waren weg.
Und Schaf war auch verschwunden. .
Hartlaub hatte ihn nach Hause geschickt. Weil er allein sein wollte -obwohl er die Einsamkeit und die Stille des Hauses haßte!
Nur er wußte, daß er keiner Halluzination zum Opfer gefallen war.
Daß seine Frau tot war…!
Hartlaub kauerte in einem Sessel im Wohnzimmer und hielt ein halbvolles Whiskyglas in der Hand, an dem er von Zeit zu Zeit gedankenversunken nippte.
Er war fertig.
Am Ende.
Und das Seltsame daran war: er wußte es selbst, konnte sich jedoch nicht gegen das lähmende Gefühl der Verlorenheit auflehnen!
Früher oder später würden auch Außenstehende merken, daß seine Frau nicht mehr da war. Aber bis dahin konnte er nicht warten. Schließlich würde man ihm seine Version ihres Verschwindens nie und nimmer glauben. Und Karin würde mit Bestimmtheit für immer aus dieser Welt verschwunden sein -daran hatte Hartlaub nach allem, was er erlebt hatte, nicht den geringsten Zweifel…
Es war ein Teufelskreis.
Eine mörderische Zwickmühle, in der ein Mann wie er, ein sensibler Mensch, über kurz oder lang zerbrechen mußte.
Hartlaub leerte sein Glas mit einem Zug, lehnte sich sekundenlang im Sessel zurück und erhob sich dann, um nachzuschenken.
Er trug noch immer den sportlichen grauen Anzug, in dem er vom Büro nach Hause gekommen war. Unter seiner linken Achselhöhle drückte das Schulterhalfter mit der Pistole, ohne daß es ihn störte. Er war mit seinen Gedanken ganz woanders.
Mit geübten Bewegungen schüttete er den verbliebenen Rest aus der Whiskyflasche in sein Glas um.
Dann schleppte er sich zurück zu seinem Sessel.
Den er trotz aller Anstrengungen nie erreichte…
***
Frankfurt, 1799
Nicole sah sie zuerst.
Wieder stand sie hoch oben am Fenster ihrer Kammer und blickte über die Silhouette der abendlichen Stadt, als sie den merkwürdigen, bewegten Fackelschein entdeckte, der sich über die breite Hauptstraße bis zum Anwesen zu schieben schien.
Noch war das Phänomen zu weit entfernt, um Einzelheiten wahrzunehmen. Die einzelnen, unruhigen Lichtpunkte verschmolzen miteinander, so daß sich nicht sagen ließ, wie viele da
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