032 - Töchter der Nacht
Räume belegen können?«
»Ja«, bestätigte Frank, »wir haben die Flucht B der Staatskabinen, die besten Passagierräume auf dem Schiff. Eine gute Freundin von Cecile fährt auch mit, Mrs. Dupreid. - Jane fährt doch mit uns, oder?« wandte er sich an seine Frau.
»Ja, ich habe heute morgen noch einen Brief von ihr bekommen. Sie haben vollkommen recht, Mr. Bartholomew, man braucht nicht viele Bekannte an Bord eines Schiffes. Seereisen deprimieren mich immer so schrecklich. Und ich glaube, daß meine Freundin leider auch nicht gerade die amüsanteste Reisebegleiterin sein wird. Jane wird leicht seekrank und hält sich dann gewöhnlich in ihrer Kabine auf, bis das Schiff Sandy Hook erreicht.«
Das Gespräch drehte sich noch weiter um Schiffe und Passagiere und wurde hauptsächlich von Frank Cameron und Jim bestritten.
Margot war außerordentlich ruhig und in Gedanken versunken, so daß es Cecile schließlich auffiel.
»Aber, Margot, du beteiligst dich ja gar nicht an der Unterhaltung - was ist denn los?«
Margot schrak aus ihren Träumen auf.
»Ach, es ist doch schlimm, daß du auch alles gleich merkst«, erwiderte sie lachend. »Es ist wohl ein wenig wie bei den Schiffsmaschinen - wenn die auf der Fahrt plötzlich aussetzen, wacht man auf. Wenn ich offen sein soll, ich bin ein wenig traurig gestimmt, daß ich diese Gegend hier verlassen muß.«
Frank sah von seiner Schwester zu Jim hinüber und lächelte.
»O ja, das verstehe ich schon«, meinte er dann.
»Ich glaube, ich werde vor der Zeit alt«, seufzte Margot. »Ich habe keine Lust mehr, ständig den Aufenthaltsort zu wechseln. Am liebsten würde ich seßhaft werden.«
»So geht es mir auch«, erklärte Frank. »Aber einer von uns beiden muß auf jeden Fall hinüberfahren, Margot! Wir müssen die Angelegenheit mit dem Landsitz von Tante Martha regeln.« Er sah, daß Jims Augen aufleuchteten, und grinste. »Das klingt jetzt, als ob wir nur kurze Zeit drüben bleiben und bald zurückkehren würden. Aber wenn ich schon einmal dort bin, dann muß ich auch die Minen besuchen, für die ich mich interessiere. Und den Winter möchte ich in Kalifornien verbringen.« Nun seufzte Jim.
»Immerhin, Sie werden mich, wenn Sie zurückkommen, noch genauso vorfinden, mit allem, was zur Stadt gehört. Und wenn Sie sich nicht beeilen mit Ihrer Rückkehr, werde ich inzwischen an den wichtigsten Gebäuden Tafeln zur Erinnerung an Ihren Aufenthalt anbringen lassen. Mich erwartet eine recht traurige und einsame Zeit.«
»Vielleicht kommt ein Zirkus und bringt Ihnen ein wenig Zerstreuung«, neckte ihn Margot.
»Mir bleibt nur zweierlei übrig«, verkündete Jim feierlich. »Entweder ich werde Farmer und züchte Schafe, oder ich versuche mich als Gangster, plündere unsere Bankniederlassungen und knalle jeden nieder, der mir in den Weg tritt. Selbstverständlich beginne ich mit meiner eigenen Filiale, solange die schöne Mrs. Markham ihre Diamanten bei uns deponiert hat.«
»Warum sagen Sie immer ›die schöne Mrs. Markham‹?« fragte Margot ein wenig gereizt.
»Weil mir nichts Besseres einfällt.«
»Nun, ich möchte Ihnen aber den Rat geben, Ihre Verbrecherlaufbahn erst zu beginnen, nachdem wir die Stadt verlassen haben«, sagte Frank und reichte Cecile die leere Tasse zurück.
Jim sah gebannt auf Mrs. Camerons Hand.
»Ach, was für ein wundervoller Ring!« rief er überrascht.
Cecile errötete.
»Ist er nicht schön?« fragte Frank. »Gib mal, ich möchte ihn Bartholomew zeigen!«
Sie zögerte einen Augenblick, dann zog sie den Ring vom Finger und überließ ihn dem Gast. Es war ein breiter, goldener Reifen, gehämmert und modelliert. Die ungewöhnliche Form war Jim sofort aufgefallen. Er trug den Ring zum Fenster und prüfte ihn genau. Ein einzigartiges Kunstwerk, ohne Zweifel - es stellte drei Schlangen mit Frauenköpfen dar, herrlich ausgearbeitet, obwohl die Gesichter kaum drei bis vier Millimeter groß waren.
Bewundernd betrachtete er die ineinander verschlungenen Schlangenleiber. Endlich gab er den Ring Mrs. Cameron zurück.
»›Die Töchter der Nacht‹«, sagte er, »ein wundervolles Stück Goldschmiedearbeit!«
»›Die Töchter der Nacht‹?«
Mrs. Cameron runzelte die Stirn.
»Ja, es sind die drei Furien, die römischen Göttinnen, die die Verbrecher bestrafen.«
»Ach, das wußte ich gar nicht - ich habe nie gehört, daß man sie so nennt«, sagte Cecile Cameron langsam und steckte den Ring wieder an den Finger. »Die Töchter der
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