0321 - Zwischenfall im Tiger-Sektor
Funkbefehl des Großadministrators erfolgt Kursänderung in zehn Minuten Standardzeit. Wir haben den Auftrag erhalten, uns im System Tiger-I zu postieren und den kosmischen Staub zu beobachten. Ende!"
Die Offiziere in der Zentrale atmeten auf.
Wenn der Kommandant mit seinen Spötteleien begann, war der Sturm so gut wie überstanden.
Man wurde auch die Langeweile im Tiger-I-System überstehen.
Doch gerade das sollte sich als gefährlicher Irrtum erweisen...
*
Die Order des Großadministrators war am 14. Dezember 2435 eingetroffen.
Heute schrieb man den 18. Dezember des gleichen Jahres.
Seit vier Tagen Standardzeit stand der Leichte Kreuzer der Städteklasse AKAI in unmittelbarer Nähe der Doppelsonne Tiger-I. In der Hyperfunkzentrale herrschte nicht mehr die gespannte Erwartung des Ankunftstages. Man hatte sich inzwischen damit abgefunden, daß diesmal andere die Arbeit zu machen hatten. Sämtliche Ortungsgeräte suchten den Raum um das Tiger-System ab, und der sarkastische Hinweis des Kommandanten, daß es hier nur kosmischen Staub zu beobachten gäbe, hatte sich bestätigt.
Kein Wunder, daß das Stimmungsbarometer im Schiff sich rapid dem Nullpunkt näherte, dachte Johosh Wassermann betrübt.
Er stocherte unlustig auf seinem Teller herum und zerschnitt das saftige Filetsteak aus Chlorellagrundstoffen in winzige Bissen.
Als sich jemand neben ihm lautstark räusperte, blickte er gelangweilt auf.
Doch dann erhellte sich seine Miene.
„Ah, Leutnant Maraun!" rief er mit gespieltem Entzücken. „Aber bitte, nehmen Sie doch Platz! Es freut mich, daß ich wieder einmal mit einem gebildeten Menschen plaudern kann."
Mana Maraun lächelte zurückhaltend.
„Die Freude ist ganz meinerseits, Captain."
Johosh Wassermann verzog schmerzlich das Gesicht.
Wenn dieser Venusgeborene den Mund auftat, begann das Geschirr in den Schränken zu klirren.
Doch dann lächelte der Captain wieder.
Er freute sich wirklich, den Feuerleitoffizier ausgerechnet jetzt zu treffen, da er Freiwache hatte.
Maraun war humorlos genug, um mühelos „hochgenommen" zu werden und er dachte andererseits zu langsam, als daß er sich sofort hätte revanchieren können.
Kurzum, er war dem Ersten Offizier als Blitzableiter für seine schlechte Laune hochwillkommen.
Bedächtig ließ Mana Maraun sich auf dem Stuhl gegenüber Captain Wassermann nieder. Ebenso bedächtig nahm er die Speisekarte zur Hand und studierte die Angebote der Bordküche.
Der Captain musterte das breite Gesicht des Venusgeborenen. Die außergewöhnlich blasse Hautfarbe mit ihrem bläulichen Unterton wirkte krankhaft, war jedoch nur ein Ergebnis der Umwelt, in der Maraun aufgewachsen war. Farblose Haare und ein ebenfalls farbloser Backenbart vermochten keine Kontraste zu setzen. Nur die die Uniform spannenden Muskelwülste und die riesigen Hände verrieten etwas vom harten Ringen des Venus-Kolonisten mit der Natur dieses Planeten.
„Wenn ich Ihnen eine Portion Spiegeleier mit Speck empfehlen darf' Leutnant...?" fragte Wassermann lauernd.
Maraun verzog angewidert das Gesicht.
„Vielen Dank", sagte er laut und bedächtig, „aber Spiegeleier sind etwas, was mein Magen nicht behält. Äh...!" Er schluckte ein paarmal krampfhaft, und sein Adamsapfel vollführte einen Tanz wie ein außer Kontrolle geratener Pneumolift.
„Was...?" meinte Wassermann. „Sie mögen keine Spiegeleier? Aber mein lieber Leutnant! Das ist sicher nur Einbildung. Hören Sie mal: Meine Tante mütterlicherseits hatte eine Nichte, und deren Bruder bildete sich auch immer ein, er könnte Spiegeleier nicht ausstehen. Dann kam er zur Handelsraumfahrt und geriet auf ein Schiff, dessen Chefkoch viermal wöchentlich Spiegeleier briet. Und was glauben Sie: Als der Junge seinen ersten Heimaturlaub erhielt, wollte er zu Hause immer nur Spiegeleier essen, das Weiße mußte noch klar sein, und..."
Er stockte und unterdrückte mühsam ein Grinsen, als er Marauns grünlich angelaufenes Gesicht erblickte.
„Aber was haben Sie denn, Leutnant?" fragte er scheinheilig.
Mana Maraun wischte sich den kalten Schweiß von der Stirn. Seine Augen sahen den Captain flehend an.
„Bitte, Captain!" stammelte er. „Ich..." Er rülpste ungewollt und zuckte vor Schreck darüber heftig zusammen. „Ich kann das nicht vertragen."
Captain Wassermann hüstelte indigniert.
„Aber, Leutnant!" flüsterte er. „Wie benehmen Sie sich bei Tisch!"
Maraun wischte sich geistesabwesend mit der Serviette übers
Weitere Kostenlose Bücher