0323 - Gefangen am Todesfelsen
vollem Preß.«
»Das wird die Leute freuen.«
Xang lachte meckernd. »Weiß ich nicht so recht.«
»Na ja, ich werde es ihnen jedenfalls sagen.« Steenbergen machte kehrt und verließ den Steuerstand.
Die meisten seiner Schützlinge hatten es sich bequem gemacht. Sie lagen in den Liegestühlen oder saßen auf den gepolsterten Plastikstühlen. Zum Schutz gegen den Wind hatten sie die gelben Jacken übergestreift, die auch Ostfriesennerze genannt wurden.
»Sie waren doch beim Kapitän«, wurde Steenbergen angesprochen.
Von einem Liegestuhl aus winkte ihm ein Mann zu. »Was hat es bei dem alten Seeräuber denn gegeben?«
»Das wollte ich Ihnen gerade mitteilen. Deshalb bin ich zurückgekehrt.« Steenbergen hatte laut gesprochen. Er bedeutete den anderen, die an der Reling standen, mit Armbewegungen, näherzutreten.
Hoch über ihnen blähte sich das Segel. Wenn der Wind in die Leinwand fuhr, begann sie zu knattern. Es waren ziemlich laute Geräusche, deshalb mußte Steenbergen seine Stimme anheben, um überhaupt verstanden zu werden.
»Der Reiseleiter hat die Aufgabe, die positiven Nachrichten weiterzugeben und die anderen für sich zu behalten. Ein altes Prinzip, das auch ich nicht durchbrochen habe und auch nicht durchbrechen werde. Folgendes, Freunde: Es wird keinen Sturm geben. Der Himmel hatte mit uns ein Einsehen. Wir haben praktisch idealen Wind und reiten auf unserer Brigantine die Wellenkämme ab. Voller Preß, Freunde.«
Einige begannen zu klatschen und unterbrachen somit die Rede des Reiseleiters.
Steenbergen hob die Arme. »Ich bin noch nicht fertig. Auf die erste gute Nachricht folgt zumeist die zweite. Da wir unter vollem Preß segeln können, wird es uns auch gelingen, die erste Insel früher zu erreichen. Es gibt keine Hetze, keine Eile. Wir sind eben wie im Urlaub.« Er lachte selbst über seinen Scherz.
»Wann ist das denn ungefähr?« fragte jemand.
»Genaue Zeiten kann ich nicht sagen, aber wir schaffen es schon vor der vereinbarten Zeit.«
Man begoß die Nachricht mit einem Schluck und ließ mehrere Flaschen vom mitgebrachten Genever kreisen.
Steenbergen beteiligte sich nicht daran. Er hatte ein Merkblatt hervorgeholt und faltete es auseinander. Wegen des steifen Windes fiel es ihm schwer, es in den Händen zu behalten. Er nickte einige Male, bevor er sich so drehte, daß ihm Wind im Rücken stand. »Dann noch etwas!« rief er mit Stentorstimme. »Ich bin Ihnen allen einige Informationen schuldig geblieben, die die Insel betreffen. Das möchte ich nachholen.«
Gespannt schaute man ihn an. Steenbergen hatte das Papier wieder verschwinden lassen. »Es geht um die erste Insel. Sie ist etwas Besonderes. In der Geschichte des Landes spielt sie eine Rolle als Todesinsel, denn um sie herum ragen hohe Felsen aus dem Wasser, denen man ebenfalls einen besonderen Namen gegeben hat. Das sind die Todesfelsen. Was das im einzelnen zu bedeuten hat, werden wir noch gesagt bekommen. Ich schätze, daß uns Kapitän Xang dabei behilflich sein wird.«
»Das ist ja gruselig!« rief eine Frau.
»Vielleicht kommen noch Seeräuber als Untote.«
»Die wir killen müssen.«
»Wohl zu viele Zombie-Filme gesehen, wie?«
»Davon ziehe ich mir jede Woche drei rein«, sagte der Mann, der die Seeräuber hatte killen wollen.
»Ist das nicht langweilig?«
»Wieso?«
»Immer das gleiche!« mischte sich jemand ein. »Nichts für mich.«
Der Reiseleiter merkte schon, daß die Diskussion auch ohne seine Hilfe in Gang blieb. Er wandte sich ab und fand einen Platz am Heck der Brigantine.
Dort blieb er sitzen und schaute zum Segel hoch, das der Wind aufgebläht hatte. Er dachte über die Reise nach und auch daran, daß sie praktisch gelaufen war. Die beiden Nächte jetzt noch außerhalb und dann eine im Hotel. Die letzte vor der Rückfahrt.
Steenbergen war urlaubsreif. Eine Reiseleitung zu übernehmen, das bedeutete Streß, große Anstrengung. Man mußte stets fit sein, immer auf der Hut und mußte auch bei überraschenden Wendungen flexibel reagieren können. So abenteuerlich die Fahrt auf der Dschunke auch sein mochte, für die nächste Zeit wollte er sie gestrichen haben. Da konnten sich noch so viele angemeldet haben. Die Verhältnisse unter Deck waren einfach nicht menschenwürdig. Ein gewisses Maß an Komfort mußte es schon geben, vor allen Dingen was die Hygiene betraf. Man konnte den Frauen nicht zumuten, auf irgendeinen Abtritt zu gehen.
Das alles waren Dinge, über die der Mann nachdachte. Zum Glück
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