0325 - Sie tanzten, wenn die Ratte pfiff
des Taschentuches einen Augenblick los, biss dann an einer anderen Stelle zu und zog.
Zweimal rutschte er ab. Zweimal ging dabei ein leichter Ruck durch seine Arme.
Endlich fühlte er, dass sich der Knoten lockerte. Er holte tief Luft und zog noch einmal an der richtigen Stelle des Zipfels.
Der Knoten löste sich. Er musste noch einmal mit den Zähnen zupfen, dann fiel das Tuch von seinen Handgelenken auf die Brust. Er atmete tief. Das war geschafft. Jetzt kam es darauf an, die Schlange abzulenken.
Wieder spürte er den Druck des harten Gegenstandes in seinem Rücken.
Er ließ seinen rechten Arm zentimeterweise über die Brust gleiten, ohne den linken zu bewegen.
Jetzt hatte er die rechte Hand neben sich auf dem Bett. Langsam schob er sie unter sich, zwischen Rücken und Bett. Bis er endlich spürte, dass die Finger an den harten Gegenstand stießen.
Ein paar Herzschläge lang musste er verschnaufen. Der starre Blick der Schlange, die ihn nicht aus den Augen zu lassen schien, hatte etwas lähmendes.
Die Finger des Mannes tasteten sich mühsam unter seinem Rücken voran. Er bekam einen Schlüsselring in die Hand, ließ ihn aber liegen und tastete weiter, bis er plötzlich den Griff seiner Pistole spürte. Langsam zog er sie hervor. Endlich hatte er die Waffe frei in der Hand. Er richtete die Mündung auf den Kopf der Schlange, zielte und drückte ab.
Krachend entlud sich die Waffe. Die Schlange wurde von der Wucht des Geschosses zurückgeschleudert und fiel leblos auf den Boden.
Erleichtert ließ sich der Mann auf dem Bett die wenigen Zentimeter zu-10 rückfallen, die er sich aufgerichtet hatte. Ein paar Sekunden verschnaufte er, dann wurde an die Tür geklopft.
»Ja, herein!«, sagte der Mann und richtete sich auf.
Während er die Fessel an seinen Füßen losknüpfte, erschien Umba Randi, der Kellner. Er machte ein verstörtes Gesicht und fragte hastig: »Haben Sie geschossen, Sir?«
Der Mann in dem hellblauen Anzug nickte. Er erhob sich und betrachtete nachdenklich seine Besitztümer, die auf seinem Bett lagen.
»Ja«, sagte er. »Ich habe geschossen. Auf die Schlange dort. Wissen Sie, wie dieser Korb da in mein Zimmer gekommen ist? Die Schlange muss darin gewesen sein.«
Umba Randi runzelte die Stirn, blickte zuerst auf die Schlange, dann auf den Korb und schüttelte schließlich den Kopf.
»Das verstehe ich nicht, Sir«, stotterte er. »Sie waren doch die ganze Zeit in Ihrem Zimmer? Sie müssen doch wissen, wie der Korb hier hereingekommen ist!«
»Das ist es ja«, seufzte der Mann, »ich kann mich an nichts erinnern. Ich weiß nicht, wie ich gefesselt auf mein Bett komme, ich weiß nicht, warum ich alle meine Habseligkeiten auf das Bett geworfen habe, ich weiß nicht, wie dieser Korb hier hereingekommen ist, ich weiß nicht einmal, warum ich so scheußliche Kopfschmerzen habe. Habe ich denn gestern Abend Alkohol getrunken?«
Umba Randi sah den Mann misstrauisch an.
»Aber nein, Sir«, erwiderte er. »Sie haben mir doch bei Ihrer Ankunft erklärt, dass Sie keinen Alkohol trinken, als ich Ihnen den Willkommensdrink der Geschäftsleitung servieren wollte.«
»So…«, murmelte der Mann. »Aha. Aber woher habe ich dann diese fürchterlichen Kopfschmerzen?«
Der Kellner trat näher.
»Einen Augenblick, Sir«, sagte er. »Es sieht so aus, als hätten Sie eine Verletzung am Hinterkopf. Darf ich mal sehen?«
»Ach ja, sehen Sie doch einmal nach«, meinte der Mann in dem hellblauen Anzug. »Ist irgendetwas?«
»Sir, Sie haben ja eine mächtige Beule auf dem Kopf!«, rief Umba Randi. »Und die Kopfhaut ist aufgeplatzt. Ein bisschen Blut ist ausgetreten, nicht viel, und es blutet nicht mehr. Um Himmels willen, Sir, was haben Sie denn gemacht?«
Der Mann ließ sich erschöpft in den Stuhl fallen.
»Es ist furchtbar«, sagte er tonlos. »Ich weiß nichts mehr. Ich kann mich an nichts erinnern. Ich weiß nicht einmal mehr, wer ich eigentlich bin. Ich - ich muss mein Gedächtnis verloren haben! Wer sind Sie überhaupt? Und wie komme ich denn in dieses Zimmer? Das ist doch nicht meine Wohnung? Was soll das alles?«
Umba Randi starrte den Mann erschrocken an. Ganz langsam wich er rückwärts bis zur Tür zurück. Der Mann hatte die Augenbrauen zusammengezogen, sodass sie wie ein gerader Strich in seinem Gesicht standen.
»Ich weiß nichts mehr«, wiederholte er tonlos. »Nichts, gar nichts…«
***
Wenn ein Gangster erst einmal eine Frage beantwortet hat, nachdem er eigentlich schweigen wollte, wird
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