0328 - Die Werwolf-Schlucht
daß er sie auch nicht mehr missen wollte.
Nur hier fühlte er sich frei. Der Pilot schaute nach vorn. Was hinter ihm geschah, interessierte ihn nicht. Er hätte sich dafür interessieren sollen, dann hätte er auch die Gestalt erkannt, die sich allmählich näher schob.
Woher sie gekommen war, niemand hätte es sagen können. Sie war einfach da.
Und sie näherte sich dem Mann.
Es war das lautlose Grauen, der stille Schrecken, der herankroch.
Ein unheimliches Wesen, gefährlich, blutgierig, ein zotteliges Etwas, mit einem Schädel, der nur aus dem Gebiß zu bestehen schien.
Näher und näher kam es.
Der Pilot hob die Arme. Er war vom langen Sitzen ein wenig steif geworden und reckte sich. Dabei öffnete und schloß er die Hände, winkelte die Arme an, streckte sie wieder aus, und plötzlich griff das Monstrum zu.
Eider spürte die Klammer. Sie war ungemein hart, seine Arme konnte er nicht mehr bewegen, und er wurde mit einem Ruck nach hinten gezogen, so daß er vom Stein kippte.
Mit dem Rücken zuerst schlug er auf, dann mit dem Kopf und prallte noch gegen einen Stein.
Es war für ihn der Beginn des Todes. Nicht einmal einen Schrei konnte er ausstoßen, das Monster war schneller und es wußte, wie man einen Menschen töten konnte.
Wenig später richtete es sich auf. Dabei schüttelte es den Kopf.
Aus dem Maul drang ein Fauchen, das vom Wind verschluckt wurde. Für einen Moment starrte das Untier auf die Leiche, dann bückte es sich und hob den Toten auf, um ihn zum Hubschrauber zu schleppen. Fast penibel reagierte es, als es die Leiche auf den Pilotensitz drückte. Einen Augenblick später begann es mit der Zerstörung. Es schlug in seiner Wut überall hin, ließ nichts ganz, zerhämmerte die Elektronik, riß Kabel aus der Verankerung und fetzte Sitze auf.
Vielleicht hätte es auch noch versucht, die Rotorblätter zu brechen, doch so rasch wie die Zerstörung begonnen hatte, endete sie auch.
Mit einem Sprung verließ es die Kanzel und verschwand ebenso rasch, wie es gekommen, war.
Bald wurde es von der Weite des Landes verschluckt.
Zurück blieb ein Toter.
***
Wir befanden uns auf dem Weg zum Hubschrauber. Die Maschinenpistolen hatten wir mitgenommen und über unsere Schultern gehängt. Sehr oft warf ich einen Blick zurück auf die Felswand, in deren Schluchten das Verderben lauerte.
Auf dieser Insel war etwas Grausames geschehen. Wir wußten nicht, wer da gewütet hatte und aus welchem Grund, uns war nur klar, daß wir hier etwas unternehmen mußten. Wahrscheinlich würden wir es allein kaum schaffen. Der Pilot sollte zurückfliegen und unsere Wünsche den zuständigen Stellen vortragen. Danach konnte man immer noch entscheiden, wie vorgegangen werden sollte.
Wir erreichten einen kleinen Kamm und schauten hinunter. Das Gelände hatte nun eine ebene Form angenommen, die erst dicht an der Küste aufhörte.
Auf dieser Ebene stand auch der Hubschrauber. Er war grün lackiert worden, in einer idealen Tarnfarbe. Da der Himmel wolkenverhangen war, spiegelte sich auf den Scheiben des Copters auch kein Licht.
Wir gingen näher.
Suko sagte etwas und begann plötzlich zu laufen. Auch mich hielt nichts mehr.
Ich folgte meinem Partner, der seinen Vorsprung ausbaute und als erster den Hubschrauber erreichte. Er warf nur einen Blick hinein, drehte sich um, und ich sah in seinem Gesicht wieder dieselbe Farbe wie vorhin, als wir die Leichen entdeckt hatten.
Da wußte ich Bescheid.
Die letzten Schritte ging ich sehr langsam. Suko trat zur Seite, damit ich in den Copter und die Kanzel sehen konnte.
Unser Pilot hockte auf dem Sitz. Sein Kopf war nach hinten gefallen.
Ich sah nur das Blut und wußte Bescheid.
»Damit wären wir auf der Insel gefangen!« hörte ich Suko sprechen.
»Wieso?«
»Schau dir mal das Cockpit an.«
Jetzt, wo Suko es sagte, sah ich hin und mußte meinem Partner recht geben. Der Mörder hatte nicht nur das Leben des Piloten zerstört, auch das Cockpit war seiner Wut zum Opfer gefallen. Er hatte Kabel herausgerissen, Verkleidungen zerstört und auch einiges andere eingeschlagen. Ein Regen von Splittern lag auf der Gestalt des Toten.
Nein, mit der Maschine würden wir nicht wegkommen.
»Okay«, sagte ich zu meinem Partner, »bleiben wir eben auf dieser verdammten Insel.«
»Wie lange?«
»Bis es einigen Leuten einfällt, uns zu suchen.« Ich schaute auf die Uhr. »Mit einer Nacht rechne ich immer.«
»Das wird lustig«, erklärte der Inspektor. »Wie ich mich kenne, werde ich
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