033 - Der Frosch mit der Maske
schon zu dumm geworden, das ist die ganze Wahrheit. Ich mußte dir was vorlügen, um dich ein bißchen verrückt zu machen. Sonst wäre ich selber verrückt geworden.«
»Aber ist das wahr, das mit Lola?«
»Aber natürlich nicht«, sagte Brady verächtlich. »Glaubst du, sie macht sich etwas aus so einem Kerl, wie ich es bin? Nicht das geringste! Lola ist ein braves Mädchen. Vergiß die Dummheiten, die ich gesagt habe, Ray.«
»Ich werde sie selber fragen, mich wird sie nicht belügen«, sagte Ray bestimmt.
»Natürlich. Dich gewiß nicht«, stimmte Lew bei.
Sie näherten sich jetzt dem vorbestimmten Ziel, einem baumbestandenen Einschnitt zwischen den Hügeln, und Bradys Augen suchten nach den drei Baumstümpfen, die der Blitz getroffen hatte. Plötzlich sah er sie.
»Komm dort hin, und ich werde dir alles erzählen«, sagte er. »Ich werde heute nicht mehr weitergehen. Meine Füße sind so wund, daß ich kaum einen Schritt mehr machen kann.« Er führte Ray zwischen den Bäumen über einen Teppich von Fichtennadeln hin. »Da setz dich her, Junge«, sagte er. »Jetzt werden wir trinken und rauchen.«
Ray setzte sich nieder und verbarg den Kopf in den Händen. Er sah so entsetzlich elend aus, daß jeder andere als Lew Brady Mitleid mit ihm gehabt haben würde.
»Die ganze Wahrheit ist«, begann Lew langsam, »daß Lola dich wirklich gern hat, Junge.«
»Warum hast du mir denn dann das alles gesagt? Horch!« Ray sah sich um.
»Was war das?« fragte Lew.
»Ich glaube, ich habe etwas sich bewegen gehört.«
»Es ist ein Zweig abgebrochen, es kann ein Kaninchen sein. Es gibt ja Tausende hier«, sagte Lew. »Nein, nein, Lola ist ein braves Mädel.«
Er fischte das Fläschchen aus seiner Tasche hervor, zog den Becher vom Boden ab, schraubte den Stöpsel auf und hielt die Flasche gegen das Licht. »Ein braves Mädel!« wiederholte er geistesabwesend. »Und sie soll nie etwas anderes werden.« Er schenkte den Becher voll. »Ich werde auf ihre Gesundheit trinken. Nein, Ray, trink du zuerst!«
Ray schüttelte den Kopf. »Ich mag das Zeug nicht«, sagte er.
Der andere lachte. »Für einen Kerl, der Nacht für Nacht eingepökelt war, ist das eine lustige Ansicht! Wenn du nicht einmal einen Tropfen Whisky vertragen kannst, sobald wir auf Lolas Gesundheit trinken wollen, dann bist du ein recht armer ... «
»Gib her!« Ray riß ihm den Becher fort, vergoß dabei ein wenig, trank aber den Rest in einem Zug hinunter und warf den Becher seinem Gefährten zu. »Uff! Whisky schmeckt mir aber gar nicht. Ich glaube, mir liegt überhaupt an Whisky nichts. Und es ist nichts schwerer, als vorzutäuschen, daß man gerne trinkt, wenn man es in Wirklichkeit so ungern tut wie ich.«
»Ich glaube, keiner mag ihn zuerst gern. Er schmeckt so wie Tomaten. Ein sehr feiner Geschmack.« Er beobachtete seinen Gefährten scharf von der Seite her.
»Und wohin gehen wir von Gloucester aus?«
»Von Gloucester nirgendwohin. Wir bleiben dort einen Tag, dann wechseln wir unsere Kleider und fahren nach Haus.«
»Ist das eine stupide Idee! « sagte Ray Bennett, riß die Augen auf und gähnte. Er legte sich ins Gras zurück, faltete die Hände, unter dem Kopf und gähnte von neuem. »Du, Lew! Wer ist denn eigentlich dieser Frosch?«
Lew Brady leerte den restlichen Inhalt des Fläschchens auf das Gras, schraubte den Stöpsel wieder auf und schüttete jeden Tropfen aus dem Becher heraus, bevor er sich erhob, um zu dem schlafenden Jungen hinüberzugehen.
»He, du, steh auf! « sagte er.
Es kam keine Antwort. »Steh auf!«
Mit einem Stöhnen drehte sich Ray um, den Kopf auf dem Arm gebettet, und nun rührte er sich nicht mehr.
Ein plötzlicher Verdacht stieg in Lew auf. War er am Ende tot? Lew erbleichte bei diesem Gedanken. Dieser so geschickt eingefädelte Streit würde genügen, ihn zu überführen. Er riß das Fläschchen aus seiner Tasche und ließ es in die Brusttasche des Schläfers gleiten. Da hörte er ein Geräusch. Als er sich umwendete, sah er, daß ein Mann ihn beobachtete. Lew starrte ihn an Und öffnete die Lippen, um zu reden, aber da kam es:
»Plop!«
Er sah den Blitz der Flamme, bevor die Kugel ihn traf. Er versuchte neuerlich die Lippen zu öffnen, um zu reden, und wieder kam es:
»Plop!«
Lew Brady war tot.
Der Mann zog den Schalldämpfer von der Pistole, ging ohne jede Hast zu dem schlafenden Ray hinüber und steckte diesem die Pistole in die schlaffe Hand. Dann kam er zurück, kehrte den Körper des Toten um und
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