033 - Die Frau aus Grab Nr. 13
sie den Umhang wieder vors Gesicht.
»Kommt, Kinder! Jetzt führe ich euch zum Märchenschloß.«
Donald Chapman sprang auf einen Felsvorsprung, so daß er der Untoten ganz nahe war. »Tun Sie es nicht, Agnes!« sagte er eindringlich, aber leise genug, daß es die Kinder nicht hören konnten. »Verschonen Sie sie! Sie wissen, was sie auf dem Schloß erwartet. Sie sollen geopfert …«
Agnes Houlkmann packte den Puppenmann und drückte zu. Als er vor Schmerz aufschrie und die Kinder Ausrufe des Entsetzens ausstießen, lockerte sie ihren Griff. »Den Kindern wird nichts geschehen«, versicherte sie. »Halte du sie nur bei Laune, Puppenmann!«
Sie liebte die Kinder. O ja, sie liebte sie über alles, so seltsam das auch klang bei einer Untoten, die aus dem Grab auferstanden war, um die Lebenden zu geißeln, ihnen das Leben auszusaugen und ihre toten Körper zu entehren. Sie hatte diese Kinder in ihr verfaultes Herz geschlossen. Sie liebte diese fremden Lausejungen und Gören; den Haß sparte sie sich für ihr eigenes Kind auf. Dieser Haß war so tief in ihr verwurzelt, daß er sie aus dem Grabe getrieben hatte.
»Keine Angst, Kinder, es geschieht euch nichts«, sagte die Untote mit einer fast menschlich klingenden Stimme. »Es ist eine freundliche Nacht.«
Eine Vollmondnacht. Die richtige Nacht zum Töten. Die Voraussetzungen waren gegeben, die verhaßte Frucht ihres Leibes mit sich ins Jenseits zu nehmen.
Die Untote machte sich auf den Weg. Weder sie noch Don Chapman bemerkten den Schatten des hochgewachsenen Mannes, der ihnen folgte.
Das Fest begann.
Dieter sah Elke inmitten eines Reigens teuflischer Gestalten. Er wollte zu ihr, aber stinkende, schwitzende Leiber versperrten ihm den Weg. Klauen zerrten ihn zurück. Jemand drückte ihm ein unheimliches Instrument in die Hand. Es sah entfernt einem Dudelsack ähnlich, bestand jedoch nur aus glitschigen Därmen und Knochen.
»Spiel, Musikus! Spiel zum Branle!«
Als er der Aufforderung nicht sofort nachkam, griff ihm eine Furie von Frau zwischen die Beine und drückte so fest zu, daß ihm schwarz vor Augen wurde. Er nahm einen der hohlen Knochen zwischen die Lippen und blies hinein. Ein schauriger Ton kam aus den Öffnungen der aufgeblähten Gedärme.
Der Reigen der Unheimlichen setzte sich in Bewegung, sie schlenkerten und wackelten und machten mit den Gliedern schier unmögliche Verrenkungen, zuerst langsam, dann wurden sie immer schneller. Füße wurden aufgestampft, Schreie lösten sich aus unmenschlichen Kehlen. Aus den Opferschalen stiegen wallende Dämpfe, die einen beißenden Gestank verströmten. Dieter wurde übel.
»Spiel, Musikus! Spiel!«
Er erhielt von hinten einen Schlag. Sandra Thornton, diese Hexe, reckte ihm das nackte Hinterteil entgegen und schlug wie ein Pferd nach ihm aus. Und weiter ging es im Galopp.
Elke wirbelte an ihm vorbei. Das Gewand hing ihr in Fetzen vom Leib. Und Dieter spielte. Er entlockte dem dudelsack-ähnlichen Instrument Töne, die er vorher noch nie gehört hatte. Manchmal waren sie so tief, daß das Schloß in seinen Grundfesten erbebte, dann wieder wurden sie so schrill, daß sie ihn psychisch und physisch schmerzten.
Er konnte nicht aufhören. Er spielte mit einer Verbissenheit weiter, als ginge es um sein Leben. Und so war es wohl auch. Und dann begann er selbst zu tanzen, schlenkerte und wackelte den Branle.
Jetzt handle!
Ein kurzer Gedanke zuerst nur, den er zu ignorieren versuchte. Er geriet immer mehr in Ekstase, vergaß sich selbst und verlor immer mehr seine frühere Persönlichkeit. Er wälzte sich wie von Sinnen auf dem Boden, spannte seinen Körper an, verrenkte und verdrehte ihn und spielte dabei auf seinem Instrument.
Es ist Zeit zu handeln! Du weißt, was du zu tun hast. Führe den Befehl aus!
Die Stimme in seinem Kopf war so laut, daß er meinte, der Sprecher stünde neben ihm. Dabei war er weit fort, außerhalb seiner Hörweite; und er hatte diese Worte schon vor etlichen Stunden gesprochen. Sie hatten sich in Dieters Unterbewußtsein verkapselt. Durch das Geschehen bei diesem Sabbat wurde die Sperre aufgehoben und der posthypnotische Befehl des Dämonenkillers wirksam.
Jetzt! Handle!
Dieter spielte weiter auf seinem Instrument, aber die unheimliche Musik verzückte ihn nicht mehr. Sein Blick war auf einmal wieder klar. Er suchte Coco Zamis und sah sie in den Armen ihres abstoßenden Gemahls. Seltsam, daß er sich zuerst um die unbekannte Schöne kümmerte und nicht um Elke.
Aber als seine
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