033 - Die Frau aus Grab Nr. 13
geben. »Was tust du hier? Ich dachte, Cyrano hat sich von dir getrennt?«
Es war kein Geheimnis, daß Cyrano von Behemoth die Lust an seiner früheren Geliebten verloren hatte. Sandra war eine Zeitlang seine Bettgefährtin gewesen, aber als Cocos Familie immer offener gegen das damalige Oberhaupt opponierte und man Sandra die Schuld für Cocos Fehlverhalten gab, hatte Cyrano sie aus seinem Schloß gejagt. Wahrscheinlich war sie von Haß und Eifersucht auf Coco ganz zerfressen.
»Ich trauere Behemoth nicht nach«, zischte Sandra. »Aber ich werde den Augenblick genießen, in dem du mit ihm vermählt wirst. Dein Schicksal ist besiegelt, Coco!«
Da war plötzlich ein kleiner, unscheinbar wirkender Mann an ihrer Seite. An Sandra und Dieter Houlkmann gewandt fragte er: »Haben Sie etwas dagegen, wenn ich die Braut für einige Minuten entführe?«
Ohne eine Antwort abzuwarten, nahm er Coco am Arm und führte sie fort.
»Olivaro!« sagte Coco mit leichter Verwunderung. »Ich hätte nicht gedacht, daß Sie mir bei meiner Hochzeit die Ehre geben würden.«
»Und Sie, Coco, hätten sich wohl nie erträumt, daß Sie Hochzeit mit Cyrano feiern würden«, erwiderte er spöttisch.
Olivaro, der sich als Magus VII. selbst zum Fürst der Finsternis und Oberhaupt der Schwarzen Familie ausgerufen hatte – womit allerdings nicht alle Dämonen bedingungslos einverstanden waren –, hatte sie immer zuvorkommend und freundlich behandelt. Manchmal hatte sie sogar gedacht, daß er sie begehren würde.
»Olivaro, Sie haben mich doch immer gemocht«, sagte sie langsam. »Wollen Sie mir in diesem schwersten Augenblick meines Lebens nicht helfen? Ich kann nicht Behemoths Gefährtin werden.«
»Ihr Ansuchen kommt zu spät, Coco. Sie hätten noch bevor das Schwarze Testament Ihres Vaters in Kraft trat erklären sollen, daß Sie sich dem Fürst der Finsternis verpflichtet fühlen. Aber da hofften Sie wohl noch auf Hilfe von Dorian. Jetzt kann ich nichts mehr für Sie tun.«
»Olivaro … bitte!«
»Magus VII.«, berichtigte er sie und fuhr fort: »Ich muß zugeben, daß ich Sie diesem widerlichen Behemoth nicht gönne. Ich hätte Sie lieber für mich. Aber auch ich muß mich an die Spielregeln halten. Ihre Hochzeit ist beschlossene Sache. Ich muß mich mit dem Brautkuß begnügen.«
Coco fröstelte. Selbst hinter der harmlos klingenden Bezeichnung »Brautkuß« verbarg sich ein so widerlicher Akt, daß ihr schon bei dem Gedanken daran übel wurde.
Von irgendwo erklang schaurige Musik.
»Ah, das Zeremoniell beginnt!« rief Olivaro aus. »Kommen Sie, Coco! Es ist das Recht des Fürsten der Finsternis, den Branle mit der Braut zu eröffnen.«
Coco verlor alle Hoffnung. Es mußte schon ein Wunder geschehen, um die Hochzeit noch zu verhindern.
Dorian Hunter beobachtete die Höhle aus sicherer Entfernung. Der Vollmond stand hoch am Himmel. Die Zeit verging, ohne daß irgend etwas geschah. Eine Stunde vor Mitternacht. Warum war es bei der Höhle noch immer so still? War Dorians Vermutung, daß Agnes Houlkmann dem Puppenmann nichts tun würde, falsch gewesen?
Da vernahm er die Stimme eines Kindes. Dorian schlich näher heran, bis er die Kinder und den Puppenmann sah. Eines der Mädchen hatte zu weinen begonnen.
Die vierjährige Rosa konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. »Ich möchte nach Hause!«
»Los, Puppenmann, heitere die Kinder auf!« rief die untote Agnes Houlkmann. »Ich ertrage es nicht, wenn sie weinen.«
Donald Chapman kam der Aufforderung nach. Er machte vor den Kindern Luftsprünge, schlug Rad und machte einige Purzelbäume. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Seine Darbietungen wurden durch Klatschen und fröhliches Kinderlachen belohnt. Selbst die vierjährige Rosa vergaß ihr Heimweh und lugte zwischen den Fingern zu dem Puppenmann hinüber. Ihre Verkrampfung löste sich, und sie begann zu lächeln.
»Sagt mir, was ihr nun sehen wollt, Kinder!« rief Chapman.
»Wir sollen auf das Schloß.«
»Ja, wann ist denn die Märchenhochzeit?«
»Werden wir auch nicht zu spät kommen, um den Prinzen und die schöne Prinzessin zu sehen?«
Don Chapman antwortete: »Es kann nicht mehr lange dauern, Kinder.«
»Fee, wann bringst du uns zum Schloß?«
Die Untote, die die ganze Zeit über reglos dagesessen hatte, erhob sich. »Es ist soweit!«
Sie streckte sich. Dabei verrutschte ihr Umhang, und für einen Augenblick war ihr abstoßendes Totengesicht zu sehen. Aber die Kinder bemerkten es nicht. Schnell zog
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