0334 - Aufruhr in der Unterwelt
anderes als überlegen und warten, daß irgendwo etwas passieren würde. Es passierte nichts.
Wir ließen uns ein paar Sandwichs holen und blieben bis nach neun Uhr. Dann hatte mein Freund die Idee, zu sehen, was sich im »Gaslight Club« tue.
Dort war Betrieb wie gewöhnlich. Herreira glänzte selbstverständlich durch Abwesenheit. An seiner Stelle machte ein geschniegelter, gelackter Bursche die Honneurs.
Er war ein unangenehmer Typ, aber sicherlich kein Rauschgifthändler oder gar Gangster. Vorsichtshalber hatte ich im Office hinterlassen, wo wir zu erreichen seien, und so war ich durchaus nicht erstaunt, als ich ans Telefon gerufen wurde.
»Hallo, Jerry«, rief mein Kollege Bennet, »Ich weiß nicht, ob es dich interessiert, aber im Eastend scheint der Teufel los zu sein. Die Stadtpolizei hat gemeldet, daß in der Nähe der Bowery am Howard Square eine regelrechte Schlacht zwischen zwei rivalisierenden Gangsterbanden entbrannt ist.«
»Danke«, sagte ich, hängte ein und winkte meinem Freund, der in Erwartung einer Überraschung bereits gezahlt hatte.
***
Wir brausten in größter Eile los. Die Madison hinunter und dann über die Fourth Avenue und die Bowery entlang.
Schon an der Ecke von Canal Street hörten wir den Klamauk und sahen die dort abgestellten Bereitschaftswagen der Citizen Police. Vor uns knallten Schüsse und grölten Menschen.
Der Kampf hatte sich auf eines der
kleinen schmutzigen Hotels konzentriert. Es führte den Namen »White House«, war aber wahrscheinlich niemals weiß gewesen.
Die Cops schienen so ziemlich Herren der Lage zu sein. Auf den Straßen standen gepanzerte Polizeiwagen, hinter denen sie in Deckung gegangen waren und die Fenster des Hauses mit Schnellfeuerwaffen eindeckten. Captain O‘Mella vom Aufruhr-Squad führte das Kommando.
Er berichtete uns:
»Es fing damit an, daß eine Bande — die einen behaupten, es seien sechs, und die anderen sagen, es seien zwanzig Mann gewesen — das Hotel stürmte und auf die dort wohnenden Gäste ein Schnellfeuer eröffnete. Als die Streifenwagen ankamen, wurden sie mit Schüssen empfangen. Jetzt scheint die Sache abzuflauen. Leider konnten wir die Rückfront nur unvollkommen abriegeln. Hinter dem Haus gibt es ein Gewirr von Höfen und Durchgängen, die man selbst bei Tag nicht überblicken kann. Dadurch sind uns die meisten der Burschen wahrscheinlich entkommen.«
Aus einem der Fenster im dritten Stock ratterte plötzlich eine Maschinenpistole und ließ uns schleunigst Deckung nehmen.
»Achtung!« schrie einer der Cops.
Ich sah ein schwarzes Paket aus dem Fenster fliegen, und gleich danach erschütterte eine gewaltige Explosion die Luft und ließ sämtliche Fensterscheiben in der Umgebung zerspringen.
Eine Rauchwolke stieg an der Hausfront empor. Mauersteine flogen durch die Gegend und krachten gegen das Metall der Fahrzeuge. Dann senkte sich ganz langsam der Giebel des alten Hauses und sackte nach unten. Es krachte, splitterte und polterte. Die Staubwolke war noch dicker und undurchsichtiger als der Rauch. Dahinter schlugen Flammen hoch. Die Schießerei verstummte.
Als nur sieben Minuten später der erste Löschzug der Feuerwehr heranras-: selte, stand das zur Hälfte aus Fachwerk bestehende Gebäude bereits in Flammen.
Trotzdem dauerte es nicht lange, bis der Brand gelöscht war. Aus den qualmenden Trümmern wurden sechs Leichen geborgen. Die meisten waren bis zur Unkenntlichkeit entstellt.
Nur zwei konnten identifiziert werden. Es waren bekannte New Yorker Gangstertypen. Der Besitzer des Ladens war bei der Schießerei ebenfalls ums Leben gekommen. Aber sein Hausdiener, der auch den Portier spielte, hatte flüchten können. Wir nahmen ihn vor und erfuhren, daß eine Rotte von Gangstern das Hotel und die, wie er sagte, harmlosen Gäste überfallen hatte.
Es hatte eine gewaltige Knallerei gegeben, in deren Verlauf diese Gäste, soweit sie nicht umgebracht wurden, geflüchtet waren. Die Angreifer hatten die Cops so lange in Schach gehalten, bis sie sämtliche fünfzehn Zimmer durchsucht und auf den Kopf gestellt hatten. Dann hatten sie eine Höllenmaschine aus dem Fenster geworfen, um im Schutz dieses Chaos über die Hintertreppe in das Gewirr der Höfe zu entfliehen.
Wer diese »harmlosen« Gäste des Hotels gewesen waren, wußte der Mann angeblich nicht, aber er meinte, die zwei toten Gangster hätten auch dazugehört.
Noch waren wir uns nicht darüber klar, worum es bei diesem Überfall gegangen war, als einer der
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