0335 - Die goldenen Skelette
Freund und ich hatten schon alles besprochen. Wir beide wollten die Vitrine zum Rollfeld tragen. Meurisse ging vor. Er öffnete uns die Tür, blieb davor stehen und schaute in den Gang, während wir die Vitrine anhoben.
Vom VIP-Raum aus zum Rollfeld konnten wir durch einen unterirdischen Gang gelangen. Deshalb brauchten wir die Vitrine auch nicht zu verdecken. Meurisse hatte wirklich gut vorgearbeitet. Niemand begegnete uns. Wir waren allein, als wir die doch ziemlich schwere Vitrine durch den kahlen und von Leuchtstoffröhren grell erhellten Betontunnel ihrem eigentlichen Ziel entgegen trugen.
Am Ende des Ganges drang das leise Summen einer Rolltreppe an unsere Ohren. Wir konnten die Vitrine auf die schiefe Ebene stellen und mit ihr zusammen hochfahren. Am Ende der Treppe befand sich eine Eisentür, die Meurisse erst noch aufsperren mußte. Dazu nahm er einen passenden Vierkantschlüssel.
Warmer Wind wehte über diesen Teil des Flugfeldes, als wir es betraten. Dennoch war der Himmel bedeckt. Die Sonne hielt sich in diesem Sommer ziemlich versteckt.
Wir sahen den Jet. Seine etwas nach vorn gebogene Schnauze glotzte uns an wie das geschlossene Maul eines Haifisches. Weiter hinter erkannten wir den Tower und die großen Hallen. Maschinen landeten und starteten, hier auf diesem Teil sah uns niemand.
Eine Gangway war bereits an die Maschine herangefahren worden.
Der Pilot schaute aus seinem Cockpit. Das Gesicht wirkte schwammig hinter der Scheibe.
Lässig winkte er uns zu.
Paul Meurisse half uns, die Vitrine die Gangway hochzutragen.
Als wir das Innere der Maschine betraten, staunten wir beide. Es war wirklich kein normales Flugzeug, das man uns da zur Verfügung gestellt hatte. Der Innenraum glich einem Wohnzimmer, er war mit Teppichen ausgelegt. Bequeme Polstersessel warteten auf uns, direkte und indirekte Beleuchtung sorgte für verschiedene Lichtstärken, und unter den relativ großen Fenstern waren Schränke eingebaut.
Meurisse bemerkte unsere erstaunten Blicke und begann zu lachen.
»Geld müßte man haben, Freunde.«
Da hatte er ein wahres Wort gesprochen.
»Und wenn ihr duschen wollt, braucht ihr nur ins Heck zu gehen. Dort findet ihr alles.«
Wir hatten die Vitrine abgesetzt. Ich fragte: »Wem gehört eigentlich die Maschine?«
»Einem Bekannten.«
»Und womit verdient er seine Brötchen?«
»Er ist im Öl- und Waffengeschäft. Der Kerl verdient am Golfkrieg jeden Tag ein kleines Vermögen.«
Ja, das konnte ich mir vorstellen. Wieder einmal wurde uns bestätigt, daß die Leute vom Geheimdienst sehr suspekte Beziehungen hatten.
Uns sollte es nicht kümmern. Wir waren froh, auf gute und sichere Art und Weise wieder nach England zu gelangen.
Wir hatten die Vitrine ungefähr in der Mitte der Maschine abgestellt.
Dort, so hofften wir, stand sie gut.
»Wollt ihr sie abdecken?« fragte Meurisse.
»Wäre vielleicht besser!«
Der Agent holte aus einem der Unterschränke eine Decke. Er breitete sie über die Fracht. »Jetzt kann ich dem Piloten Bescheid sagen. Er wird sich dann nur wundern.«
»Ist er nicht eingeweiht?«
»Nein, aber er ist es gewohnt, keine Fragen zu stellen. Bei dem Boß hat er sich das schnell abgewöhnt.«
Das konnte ich mir vorstellen.
Dennoch wurden wir begrüßt. Der Pilot, er hieß Daniel Ricon, meldete sich über Lautsprecher. Er sprach mit beruhigenden Worten, gab Wettermeldungen durch und erklärte, daß wir aller Wahrscheinlichkeit nach einen ruhigen Flug haben würden.
»Den haben wir uns auch verdient«, meinte Suko. »Erst die Katakomben, dann die Luft. Bin gespannt, wann wir wieder festen Boden unter den Füßen haben.«
»In etwas über einer Stunde«, bemerkte Meurisse trocken. Er schaute auf seine Uhr. »Für mich wird es Zeit. Dann wünsche ich Ihnen einen guten Flug. Und melden Sie sich von London aus, ja?«
»Machen wir.«
Wir reichten und die Hand und bedankten uns noch einmal für seine Hilfe.
Der Agent lachte. »Sie bedanken sich? Ich muß mich bedanken. Durch Ihre Hilfe haben wir das Problem mit den Riesenratten endlich lösen können.«
Das lag zum Glück alles hinter uns.
Meurisse winkte uns noch einmal zu, bevor er die Maschine verließ und der Ausstieg allmählich zuschwang. Mit einem satten Geräusch schloß er luftdicht ab.
Paris war vergessen, London wartete. Ich schaute durch ein Fenster in den bedeckten Himmel. Die Gangway wurde weggeschafft.
Suko fragte mich, ob ich etwas trinken wollte.
Ich entschied mich für einen Scotch. Den
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