0337 - Satans tödliche Brut
Höllenfeuers.
***
»Komm zu mir und höre den Auftrag, den ich dir erteile«, befahl Leonardo einige Stunden später.
Wang Lee Chan trat vor seinen Thron und neigte das kahlgeschorene, tätowierte Haupt. »Ich höre und gehorche, Herr.«
Leonardo wechselte einen schnellen Blick mit Eysenbeiß, der links neben dem Höllenfürsten stand.
»Du wirst zur Erde reisen«, sagte Leonardo. »Nach Italien. Ich habe erfahren, daß Zamorra dort meine Kreise stören will. Versuche ihn unschädlich zu machen oder zumindest ihn zu schwächen. Er wird einen gewissen Bjern Grym aufsuchen.«
»Was will er von ihm?«
Leonardo verzog das Gesicht zu einem spöttischen Grinsen.
»Er will ihn überreden, nicht mit mir zu paktieren«, sagte Leonardo. »Aber Bjern Grym ist an mich gebunden.«
»Herr, so ganz begreife ich nicht, was ich dort soll. Sich mit Zamorra anzulegen, ist gefährlich, das wißt Ihr selbst…«
»Mir zu widerspechen ist noch gefährlicher«, sagte Leonardo kalt. »Hast du deinen Schwur schon wieder vergessen?« Und unwillkürlich tastete er nach seiner linken Wange. Die Wunde war verschlossen und verheilt, aber die Narbe war geblieben.
»Es gibt zwei Möglichkeiten«, sagte Leonardo. »Denn Zamorra ist fest entschlossen, herauszufinden, was mit Bjern Grym ist, und ihn von meinem Einfluß zu befreien. Du wirst entweder Zamorra daran hindern und ihn verwunden, noch besser töten - aber allein wenn du ihn behinderst und ihn in seine Schranken verweist, ist es ein Erfolg. Die andere Möglichkeit: es gelingt ihm, Bjern Grym von meinem Einfluß zu befreien - dann tötest du Bjern Grym, der dann für mich nutzlos ist. Auch das ist ein Erfolg. Du kannst also nur Erfolg haben, so oder so. Ist das nichts?«
»Da ist doch ein Pferdefuß dran«, murmelte Wang. »So einfach kann es doch nicht sein, Herr.«
»Deshalb wirst du auch nicht allein gehen«, sagte Leonardo. »Eysenbeiß wird dich begleiten und… äh… dir helfen, wenn es nötig ist.«
So konnte man überwachen auch formulieren, dachte Wang erzürnt. Noch eine Demütigung mehr, unter der Aufsicht dieses Versagers und Narren arbeiten zu müssen!
Wenn Leonardo etwas tat, dann mit äußerster Konsequenz. Er wollte Wang zeigen, wer der Herr war - auch wenn das eigentlich überflüssig gewesen wäre -, und das tat er auch. Wang sollte sich vor ihm wie ein Wurm fühlen.
Leonardo mochte ein kluger, gerissener Denker und ein guter Psychologe sein. Aber im Falle Wang versagte er. Er rief durch sein Handeln erst das hervor, was er unterdrücken wollte.
Wang Lee Chan verbarg seinen Haß geschickt. Er verneigte sich vor dem Fürsten der Finsternis.
»Ich höre und gehorche…«
***
Der weiße Mercedes 560 SEL fegte über die breit ausgebaute Autostrada, die Autobahn von Milano nach Verona. Vier Personen saßen in dem schnellen Wagen, den Nicole Duval lenkte. Neben ihr auf dem Beifahrersitz hatte sich Professor Zamorra niedergelassen, und auf der Rückbank machten es sich Monica und Uschi Peters bequem, die beiden eineiigen Zwillinge mit den telepathischen Fähigkeiten.
Der Mercedes näherte sich rasch Brescia. Dort wollte Nicole die Autostrada verlassen und auf kurvenreichen Landstraßen weiter zum Gardasee vorstoßen. Sie hatte mit Zamorra abgesprochen, bei Bjern Grym nicht sofort mit der Tür ins Haus zu fallen, sondern erst einmal einen Besuch bei ihrer alten Freundin April Hedgeson zu machen - wobei das »alt« nicht wörtlich zu nehmen war. April war etwa in Nicoles Alter.
Angefangen hatte es damit, daß Moncia Peters durch ein Weltentor in eine andere Dimension geraten war. Zamorra und Nicole waren ihr gefolgt und hatten es geschafft, sie aus der Gewalt von Zentauren zu befreien. Dabei hatte es allerdings Magnus Friedensreich Eysenbeiß, die linke Hand des Teufels, geschafft, Zamorra den Ju-Ju-Stab abzunehmen, die Waffe, die absolut tödlich gegen alle Dämonen wirkte und die Zamorra vor einiger Zeit von dem sterbenden Zauberer Ollam-Onga erhalten hatte.
Das Weltentor hatte dann nicht so funktioniert, wie es eigentlich sollte, und sie hatten sich beim Verlassen der anderen Dimension plötzlich mitten im Ozean wiedergefunden. Später stellte sich heraus, daß sie in der Nähe der australischen Westküste gestrandet waren.
Ein Dreimast-Segler nahm sie auf und rettete sie vor dem Ertrinken -und erwies sich als von Skeletten bemanntes Geisterschiff. Wenig später kam es zu einer Art Seeschlacht mit einer hochmodernen Yacht, die das Geisterschiff rammte und
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