0337 - Satans tödliche Brut
»Nicht schlecht«, sagte Leonardo deMontagne und deutete auf die zerfallenden Skelette. »Du steigerst dich von Woche zu Woche. Gibt es überhaupt noch etwas oder jemanden, der sich dir erfolgreich in den Weg stellen könnte?«
»Ihr, Herr, könnt es«, sagte der Kämpfer und verneigte sich gerade so weit, wie sein Stolz es zuließ.
Der Fürst der Finsternis nickte. »Wahrscheinlich. Du solltest mir deine Kunst noch einmal beweisen. Tritt gegen mich an, ich will sehen, wie stark du wirklich bist. Die Skelett-Krieger sind tumbe Idioten, die keinen Überlebenswillen kennen. Gegen mich zu kämpfen, dürfte eine größere Herausforderung für dich sein, Chan.«
Wang Lee Chan lächelte mit der Unverbindlichkeit des Asiaten. Der Mongole trat einige Schritte zurück. Es war ihm nicht anzusehen, ob diese Herausforderung ihm gefiel.
Seit Leonardo Fürst der Finsternis geworden war, diente ihm Wang Lee Chan, der aus der Zeit des Dschinghis Khan stammte, als Leibwächter und Schlagetot. Zugleich hatte er ebenso wie Magnus Friedensreich Eysenbeiß Beraterfunktion. Diese beiden Männer waren als Menschen innerhalb der sieben Kreise der Hölle in einer Ausnahmestellung. Leonardo verzichtete darauf, sich von anderen Dämonen Ratschläge zuflüstern zu lassen, sondern griff auf diese beiden Menschen zurück. Das machte ihn bei den anderen Dämonen der Schwarzen Familie nicht gerade beliebter. Aber er fühlte sich stark genug, allen Anfeindungen und Intrigen zu begegnen. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Asmodis begann er Erfolge vorzuweisen, und das machte ihn stark. Sanguinus und Belial, die zwischen Asmodis und ihm Fürsten gewesen waren, zählten nicht.
Sie hatten sich nur Tage auf dem Herrscherthron halten können. Belial war im Kampf gegen Zamorra erschlagen worden, und Sanguinus war Amun-Res Opfer geworden.
Leonardo taktierte da vorsichtiger. Es mochte auch daran liegen, daß er seinen stärksten Gegner, Zamorra, besser kannte als alle anderen Dämonen der Hölle.
Wang Lee Chan, der ehemalige Mongolenfürst, war ein Kämpfer besonderer Art. Er war schnell und stark, er beherrschte fast alle Kampftechniken mit und ohne Waffe, und er war mit dem Blut eines Dämons gegen Verletzungen gefeit worden. Wenn Wang Lee es wollte, war er unverwundbar - es war nur eine Sache der Konzentration. Leonardo wußte, daß Wang Lee täglich fast zwölf Stunden trainierte oder sich in Meditation übte, um sich zu perfektionieren.
Jetzt wollte er wissen, wie gut Wang geworden war. Leonardo verzichtete auf das Tragen einer Rüstung. Er winkte einem Skelett-Krieger, von denen er über unzählige verfügte, und ließ sich eine Waffe reichen, die in Drachenfeuer gehärtet worden war. Das Schwert war ein Bihänder, eine über eineinhalb Meter lange Klinge, die der Fürst der Finsternis allerdings zur Not auch mit einer Hand schwingen konnte. Der schwere, gut ausbalancierte Griff sorgte dafür.
Leonardo nahm Aufstellung und hob sein Schwert grüßend an.
Er zwang Wang Lee damit, ebenfalls anzutreten, auch wenn der seine Waffe vielleicht nicht gegen seinen Herrn erheben wollte.
Wang nickte wieder und zog sein Schwert. Die schwarze seelenfressende Klinge, die aus den Gebeinen eines Dämons geformt worden war, warf er beiseite und ließ sich ebenfalls ein normales Schwert geben. Leonardo legte die Stirn in ärgerliche Falten.
»Warum nimmst du nicht das Schwert, das ich dir gab?«
Wang Lee verneigte sich.
»Herr, sollte ich Euch verletzten, so möchte ich vermeiden, daß das Schwert Eure Seele frißt.«
»Du fühlst dich ja ganz schön sicher«, murmelte Leonardo erbost. Es gefiel ihm nicht, daß Wang Lee zu glauben schien, er könne gegen Leonardo bestehen. Leonardo deMontagne hatte noch in seiner Zeit als Mensch mit den Kreuzfahrern unter Gottfried von Bouillon Jerusalem erobert und stets an vorderster Stelle gegen die Muselmanen gefochten. Er war nie verwundet worden. Und jetzt stärkte ihn seine dämonische Kraft und Schnelligkeit, die um ein Vielfaches höher sein konnte als die eines jeden Menschen, wenn er es wollte. Und Wang war immerhin nur ein Mensch!
Leonardo riß seine Waffe hoch und drang ohne Vorwarnung auf den Mongolen ein. Jeder andere wäre von diesem ungestümen Angriff überrascht worden. Aber Wang gelang es, den wilden Schlag mit der Klinge abzuwehren. Leonardo kannte da keine Skrupel. Wenn er Wang tötete, war das dessen Problem - schließlich konnte er für seine Unverwundbarkeit sorgen.
Die ersten fünf, sechs
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