034 - Der Hexer
geschlossen, der Türriegel zurückgeschoben wurde. Die Tür sprang auf.
»Um was für ein Geheimnis geht's hier?« murrte Johnny, als er eintrat.
»Ich habe«, erwiderte Messer, »gerade einige interessante Perlen untersucht. Und daß man nicht gleich die allgemeine Aufmerksamkeit auf Diebesgut lenken will, ist doch selbstverständlich!«
»Wie ist es denn - haben Sie ein Angebot dafür erhalten?« fragte Johnny.
»Ich will die Perlen heute abend noch nach Antwerpen schicken«, sagte er.
Er schloß den Geldschrank auf, der in einer Ecke des Zimmers stand, entnahm ihm eine flache Schachtel und öffnete den Deckel. Eine wunderbare Perlenkette kam zum Vorschein.
»Die hat einen Wert von mindestens zwanzigtausend Pfund!« protzte Johnny, und seine Augen leuchteten auf.
»Das sind mindestens fünf Jahre Zuchthaus!« setzte Messer ungerührt hinzu. »Offen gestanden, Johnny, die Geschichte gefällt mir nicht.«
»Warum? Niemand würde vermuten, daß Mr. Messer, der berühmte Rechtsanwalt, bei den Perlen der Lady Darnleigh den Hehler macht.« Er mußte lachen. »Zum Teufel! Maurice, Sie würden eine seltsame Gestalt auf der Anklagebank des Old Bailey abgeben. Können Sie sich vorstellen, mit welchem Genuß die Zeitungen die Sensation der Verhaftung und Verurteilung von Mr. Messer, früher in Lincoln's Inn Fields, jetzt Flanders Lane in Deptford, berichten würden?«
Messers Gesicht blieb unbewegt, nur die Augen funkelten böse.
»Sehr interessant. Ich hätte Ihnen soviel Einbildungskraft nie zugetraut.« Er hob die Perlen ans Licht und betrachtete sie nochmals, dann schob er den Deckel auf die Schachtel. »Haben Sie mit Mary gesprochen?« fragte er leichthin.
»Es ist scheußlich, sie arbeiten zu sehen, aber es läßt sich vorerst nicht ändern. - Maurice, ich ...«
»Ja?«
»Ich habe mir manches überlegt. Sie hatten früher in Ihrem Büro ein Mädchen namens Gwenda Milton?«
»Und?«
»Sie hat sich doch ertränkt? Wissen Sie vielleicht, warum?«
Maurice Messer sah ihm voll ins Gesicht. Auch nicht das Zucken eines Augenlides verriet die Wut, die in ihm aufstieg.
»Das Gericht sagte ...«, begann er.
»Ich weiß, was das Gericht sagte«, unterbrach ihn Johnny grob, »doch habe ich darüber meine eigene Ansicht.« Mit Nachdruck fuhr er fort: »Mary Lenley ist nicht Gwenda Milton! Sie ist nicht die Schwester eines flüchtigen Mörders, und ich erwarte für sie eine bessere Behandlung, als Gwenda Milton sie von Ihnen erfahren hat.«
»Ich verstehe Sie nicht«, erwiderte Messer.
»Ich glaube, Sie verstehen mich gut. Man sagt, daß Sie in dauernder Furcht vor dem Hexer leben - Sie würden mehr Grund haben, mich zu fürchten, wenn Mary etwas zustoßen sollte!«
Nur einen Augenblick senkte Messer die Augen.
»Sie sind hysterisch, Johnny, und außerdem heute morgen nicht besonders höflich. Vor allem aber sind Sie noch sehr unreif - ich habe es Ihnen vor einer Woche schon gesagt. Wer sollte Mary, etwas zuleide tun? Und was den Hexer und seine Schwester betrifft, so sind sie tot!«
Er nahm die Schachtel vom Tisch, öffnete sie und vertiefte sich von neuem in die Betrachtung der Perlen. »Als Juwelendieb ... «
Er kam nicht weiter, es klopfte leise an der Tür. »Wer ist da?« fragte er schnell.
»Bezirksinspektor Wembury!«
12.
Maurice Messer warf die Schachtel mit den Perlen hastig in den Geldschrank. Obwohl er eiserne Nerven besaß, hatte sich sein gelbliches Gesicht weiß verfärbt, und tiefe Falten kamen zum Vorschein. Auch sein junger Klient verriet Zeichen von Aufregung, als Alan eintrat. Messer gewann zuerst die Fassung zurück.
»Hallo, Wembury!« rief er mit gezwungenem Lachen. »Überall stößt man auf Sie!«
»Ich hörte, daß Lenley hier ist, und da ich ihn sprechen wollte ... «
»Sie wollten mich sprechen?« Johnnys Gesicht zuckte. »In welcher Angelegenheit?«
Wembury wußte, daß Messer ihn beobachtete und sich keine Bewegung, keinen Blick entgehen ließ. Was fürchtete er? Alan schmerzte es, als er an den beiden vorbei zu Mary hinaussah, die ahnungslos vor der Schreibmaschine saß.
»Sie kennen«, sagte Alan, »die Affäre der Darnleigh-Perlen, und Sie wissen auch, daß man mir die Untersuchung übertragen hatte. Ich habe den Fall jetzt Inspektor Burton übergeben. Heute morgen nun bat er mich, einen Punkt aufzuklären, der ihm rätselhaft erscheint.«
Mary war von der Schreibmaschine aufgestanden und näher gekommen.
»Ein Punkt, der ihm rätselhaft erscheint?« wiederholte
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