0348 - Henker der Hölle
Er war einmal Professor Zamorras bester Freund und Kampfgefährte gewesen.
Er war es nicht mehr. Er war Zamorras Feind…
Wegen der über Tampico glühenden Sonne trug er einen breiten Stroh-Stetson, dessen Krempe er tief in die Stirn gezogen hatte. Er beobachtete seine Umgebung zwischen den Strohfasern hindurch. Seiner lässig getragenen Kleidung sah man an, daß sie teuer gewesen war. Bill Fleming verfügte über beträchtliche Geldmengen. Er war mühelos in der Lage, das Luxus-Hotel, in dem er sich einquartiert hatte, mit einem Fingerschnippen zu kaufen. Wie viele Menschen durch die mit magischen Mitteln beeinflußten Börsenspekulationen, denen er seinen Reichtum verdankte, in den Ruin getrieben worden waren, interessierte ihn nicht.
Er hatte niemals danach gefragt, sondern genommen, was er bekommen konnte. Tandy Cant hatte ihm dabei entscheidend geholfen.
Und Zamorra und Tendyke hatten Tandy umgebracht!
Irgendwo tief in seinem Unterbewußtsein schrie eine Stimme, daß Tandy Cant ein Dämon gewesen war. Doch er verdrängte diese Mahnung. Er wollte sie nicht wahrhaben. Er hatte Tandy geliebt. Und er hatte nicht einmal gemerkt, daß er auch dazu manipuliert worden war, daß alles nur Teil eines Langzeit-Plans der Höllenmächte war, den Zamorra um ein Haar vereitelt hätte, als er den Dämon Cant tötete…
Fleming war untergetaucht. Er hatte mit sich selbst ins reine kommen wollen. Er mußte den Schlag überwinden, den Zamorra ihm versetzt hatte.
Zamorra hatte die Frau ermordet, die Bill geliebt hatte, und behauptet, sie sei eine Dämonin gewesen. Aber Dämonen können nicht lieben!
Fleming verabscheute Zamorra für diese Tat, war zu seinem erbitterten Feind geworden. Allein der Name Zamorra war für ihn wie das rote Tuch für den Kampfstier. Eines Tages, wußte Bill, würde er Zamorra zur Rechenschaft ziehen, diesen Mann, der mit dem Mord an Bills Geliebter die Freundschaft verraten hatte.
Dieser Verrat, das war es… die Tötung an sich trat dabei in den Hintergrund.
Bill war sich seiner Schizophrenie in diesem Punkt überhaupt nicht bewußt. Er reflektierte nicht. Er überlegte nicht. Er gab sich nur dem hin, was eine unhörbare Stimme ihm einflüsterte.
Er ahnte, daß er gesucht wurde. Deshalb hatte er sich getarnt, das Haar gefärbt, den Bart sprießen lassen.
Das Glas war leer. Bill wandte sich langsam um, suchte den Kellner, der durch die Tischreihen der Terrasse wieselte, um die hier die Sonne genießenden Hotelgäste zu bedienen.
Direkt vor Bill stand ein Mann in einem grauen Westenanzug. Eine fast schwarze Sonnenbrille verdeckte seine Augen. Er trug einen ebenfalls grauen breitrandigen Stetson. Aber die Hitze über dem Golf von Mexiko schien ihn nicht im geringsten zu stören. Er hatte zwei Gläser in der Hand. In einem schimmerte die helle Flüssigkeit eines Drinks, wie Bill ihn gerade getrunken hatte.
»Mister Fleming… ? Nehmen Sie diesen Drink mit mir?« fragte der andere.
Diese Stimme, dachte Bill. Ich habe sie schon einmal gehört…
»Wenn Sie mir Ihren Namen verraten, gern, Señor«, sagte er.
Das Gesicht des Grauen blieb unbewegt.
»Iron«, sagte er. »Frederick M. Iron, wenn’s beliebt. Auf Ihr Wohl, Mister Fleming.«
Bill nippte an dem Getränk. Er versuchte sich zu erinnern, ob er das Gesicht dieses Mannes schon einmal irgendwo gesehen hatte. Aber er war sich nicht sicher.
»Wollen wir uns nicht irgendwo setzen?« fragte Iron. Bill versuchte seinen Akzent zu erkennen. Aber Iron sprach ein seltsam akzentfreies Englisch, das nicht einzuordnen war. Bill war fast sicher, daß der Mann kein Amerikaner und auch kein Engländer war, aber er mußte eine gute Sprachschule hinter sich haben.
»Mir gefällt die Sonne«, sagte Bill kühl.
»Man sieht’s. In Fabrikhallen müssen Sie schwerlich arbeiten«, sagte Iron. Er deutete auf das weit offen stehende Seidenhemd Flemings und die intensiv sonnengebräunte Haut darunter – Naturbräune eines Mannes mit viel Freizeit, nicht vom Solarium.
»Bitte, Mister Fleming… im Sitzen spricht es sich leichter.«
»Ich habe Ihren Drink angenommen, Iron, aber ich habe nicht gesagt, daß ich mit Ihnen ein Gespräch führen möchte. Woher kennen Sie überhaupt meinen Namen?«
»Sie sind unter einem anderen Namen hier abgestiegen, ich weiß.« Die Mundwinkel des Fremden zuckten leicht. »Aber für jemanden, der Sie kennt, ist es nicht schwer, Ihr Versteckspiel zu durchschauen. Ein kleiner Tip – Ihre Haare bleichen allmählich wieder. Sie
Weitere Kostenlose Bücher