0352 - Die Bestie von Neapel
siehst du die Touristen schon nicht mehr und die Hotels auch nur mit dem Fernglas als graue Schatten.«
»Ich hatte nicht vor, dir Touristen und Hotels zu zeigen«, versetzte er, »sondern jemanden, der hier wohnt.«
»Der Herr belieben zu scherzen«, sagte sie. »Meinst du etwa Neptun, den Herrn mit dem Dreizack, und sein Nixengeschwader?«
Landrys grinste. »So ähnlich«, sagte er. »Unser Freund ist nur etwas größer als Neptun, und einen Dreizack braucht er auch nicht unbedingt. Er lebt allerdings sehr zurückgezogen, und ich hoffe, daß er meinen Ruf hört.«
»Viel Spaß beim Tauchen…«
Landrys schüttelte den Kopf. »Wasser ist nichts für mich«, sagte er.
Er ließ sich dicht an der jetzt wieder hochgefahrenen Reling im Schneidersitz nieder. Dann zeichnete er mit beiden Händen unsichtbare Linien in die Luft. Aber plötzlich waren die gar nicht unsichtbar. Sie schienen schwach zu glühen, hoben sich trotz des hellen, warmen Sonnenlichtes leicht aus der Luft ab.
April preßte die Lippen aufeinander. Dieser Landrys setzte Magie ein.
Und diese Magie mußte stark sein. Die gebürtige Engländerin sah, wie Landrys’ Augen förmlich glühten. Das Schockgrün, das so grell war wie nie zuvor, erinnerte sie an etwas. Waren schockgrüne Augen nicht ein Druiden-Merkmal? Oder hatte sie Zamorra und Nicole da mißverstanden?
Das bedeutete, daß Landrys ein Druide war… Und sein Aussehen, das ihr so bekannt vorkam…
Du brauchst nicht zu wissen, wer ich bin, denn dann kannst du auch nicht versehentlich darüber reden, klang eine belustigte Stimme in ihrem Bewußtsein auf. Im nächsten Moment löschte etwas ihr Erkennen und Begreifen aus. Sie wußte nicht mehr, als sie in der letzten halben Minute gedacht hatte. Der Mann, der vor ihr an der Reling saß und Magie ausübte, war wieder nur ein gewisser Mac Landrys.
Er begann zu sprechen. Dumpf klingendeWorte, wie April sie nie zuvor gehört hatte. Diese Worte brachten etwas in ihr zum Schwingen. Auf der einen Seite fürchtete sie sich vor den Lauten, weil sie das Dämonische darin erkannte, auf der anderen Seite war da aber etwas Artverwandtes.
Das magische Erbe in ihr sprach darauf an und fühlte sich angezogen.
Gebannt wartete April Hedgeson ab, was geschah.
Landrys verstummte.
Was geschieht jetzt? wollte April fragen, aber sie blieb stumm. Reglos blieb auch Landrys sitzen und sah auf die Wasserfläche hinaus, als erwartete er, daß sich dort etwas zeigte.
Die Minuten verstrichen. In April Hedgeson wuchs die Ungeduld. Sie war gespannt darauf, was gleich geschehen würde, und zugleich fürchtete sie sich davor, denn sie ahnte, daß es etwas Teuflisches sein mußte.
Da gab es im Wasser Bewegung!
Da tauchte etwas aus der Tiefe auf, die hier weit über 250 Meter betragen mußte. Etwas, das massig war, riesig wie ein U-Boot, und dabei dunkelgrün schimmerte. Damit war es hervorragend an eine Existenz in der Tiefe angepaßt.
Jetzt schoß es förmlich aus demWasser empor. Die verursachten gischtenden Wogen griffen nach der G-ALPHA und die Elektronik ließ die Schiffsschrauben kreisen und schneller rotieren, um die Drift auszugleichen.
Kaum 50 Meter neben der Yacht erhob sich jetzt etwas aus dem Wasser, das ungeheuerlich war.
Nur der Oberkörper war zu sehen und ein Armpaar, das direkt unter dem halslosen Kopf den massigen Schultern entsprang. Dunkelgrüne Schuppen schützten den gewaltigen Körper. Unwillkürlich stöhnte April Hedgeson auf.
Ein See-Ungeheuer!
Riesig der halbkugelförmige Kopf mit dem gewaltigen Sichelkamm aus Hornplatten, der in der Lage war, einen Schiffsrumpf mühelos aufzureißen.
Große, auf unheimliche Weise menschlich wirkende grüne Augen, jedes so groß wie ein Menschenkopf, und unter einer fast platten Nase ein aufklaffendes Maul mit unterarmlangen, spitzen, unregelmäßig geformten Zähnen. April erschauerte. Was zwischen diese Zähne geriet, hatte keine Chance. Deutlich waren unter der Schuppenhaut die mächtigen Kiefermuskeln zu sehen. April war sicher, daß dieses Gebiß selbst ein kleines Ruderboot binnen Sekundenbruchteilen vollständig zermalmen konnte. Der Kopf des grünen See-Ungeheuers war so groß wie ein Mensch.
Mac Landrys zeigte keine Regung.
»Was ist das?« keuchte April.
Jetzt drehte Landrys den Kopf.
»Ein Freund aus der Tiefe«, sagte er. »Ich habe ihn geweckt. Er kann auch dein Freund werden, wenn du unseren Weg gehst und uns unterstützt. Wenn nicht, wird er dich gnadenlos vernichten. Ich habe dich
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