0361 - Der Turm des ewigen Lebens
es nicht, was Gucky faszinierte. Es war vielmehr eine undefinierbare und unbegreifliche Verlockung, die von den Türmen ausging. Er spürte sie tief im Unterbewußtsein, ohne sie genauer definieren zu können. Es war, als riefe ihn etwas - oder jemand. Außerdem vermeinte der Mausbiber, sich plötzlich wieder wohler zu fühlen. Ihm war, als strahle das goldene Leuchten ungeheuerliche Energien aus, von denen er einen kleinen Teil in sich aufnehmen konnte. Energien, die ihm neue Lebenskraft gaben, neuen Mut und neue Initiative. Energien, die seine fünfdimensionalen Mutantenfähigkeiten erneut aktivierten.
Gucky war sich darüber klar, daß das alles eine Falle sein konnte. Eine raffinierte, unwiderstehliche Energiefalle. Aber er dachte an seinen Auftrag und daran, daß wieder einmal eine ganze Menge von ihm und dem Erfolg seines Einsatzes abhängen konnte. Vor einer halben Stunde noch wäre ihm das völlig egal gewesen. Jetzt aber war alles anders. Er fühlte sich wieder frisch und jung. Vergessen war die Müdigkeit, die ihn schon seit Wochen und Monaten quälte. Seine alte Munterkeit war wieder zurückgekehrt, und ihm tat es richtig leid, jetzt allein zu sein.
„Junge, Junge", murmelte er vergnügt. „Ich könnte jetzt sogar Paladin den Hals umdrehen, wenn ich wollte. Und meinem Freund Goratschin könnte ich eine Ohrfeige verabreichen, daß die beiden Köpfe zusammenknallten. Gar nicht auszudenken, welchen Spaß ich mit Bully hätte, aber Bully ist leider sehr weit weg. Doch wenn das so weitergeht, teleportiere ich glatt in unsere Milchstraße zurück."
Er warf einen Blick zu der KC-1. Sie war als heller Punkt in der Ebene zu erkennen; sie reflektierte alle Lichtstrahlen, und zwar in Weiß. Er betrachtete sie eine Weile, dann drehte er sich wieder um und fixierte den nächsten Turm.
Er war etwa zwölf Kilometer entfernt.
Fast gegen seinen Willen teleportierte er.
Schon vor der endgültigen Rematerialisierung seines Körpers spürte Gucky, daß ihm diesmal die Teleportation überraschend leichtgefallen war. Er hatte sich vor dem Sprung auf eine Stelle konzentriert, die unmittelbar am Fuß des Turmes lag. Ihm war, als würde er plötzlich von magischen Kräften angezogen - gewissermaßen willkommen geheißen. Er hatte nicht mehr viel Zeit, darüber nachzudenken, aber instinktiv wußte er, daß er einer stark artverwandten Energieeinheit gegenüberstand, in die er ohne große Anstrengungen aufgehen konnte.
Und genau das geschah auch.
Sein Verweilen im fünfdimensionalen Raum konnte nur den Bruchteil einer Sekunde gedauert haben.
Als er wieder rematerialisierte, mußte er erkennen, daß er nicht mehr seine ursprüngliche Körperform besaß. Er fühlte sich gefangen und von furchtbaren Fesseln eingeengt. Und dann war noch etwas anderes, ein akustischer Eindruck, der ihn an die Särge erinnerte.
Und dann wußte er es.
Als er kurz vor der Landung auf dem Kristallplaneten die Gedankenimpulse der Zwerge aufgefangen hatte, waren diese Impulse nicht zu identifizieren gewesen. Sie hatten ihn aber an Babygeschrei erinnert, an das hilflose Gestammel Neugeborener. Es waren nur Impulse gewesen, die er hatte auffangen können, aber sie hatten ihm dieses Babygeschrei vermittelt. Und genau das glaubte er nun auch wieder zu hören. Er wußte natürlich, daß es weniger akustische als telepathische Eindrücke waren, die er vernahm. Aber diese Eindrücke waren so plastisch und deutlich, daß er sie fast zu hören vermeinte.
Obwohl rematerialisiert und wieder in die dritte Dimension zurückgekehrt, erlangte Gucky seine ursprüngliche Körperform nicht mehr zurück. Noch ehe es ihm gelingen konnte, mit Hilfe seiner Parakräfte die Flucht zu ergreifen, wurde er abermals und gegen seinen Willen in seine atomaren Bestandteile aufgelöst. Es war eine Verflüchtigung, gegen die er nichts unternehmen konnte.
Sein Bewußtsein hingegen verflüchtigte sich nicht. Ihm war, als hinge er körperlos im Raum und beobachte sich selbst. Aber da gab es nicht mehr viel zu beobachten. Er konnte nur feststellen, daß er sich inmitten einer riesigen Kristallhalle befand, die ganz und gar von einem matten goldenen Leuchten ausgefüllt war. Von allen Seiten drangen seltsame Geräusche auf ihn ein - oder waren es nur telepathische Impulse? Es war ein Wispern und zärtliches Flüstern, das er nicht zu deuten vermochte.
Er wollte sich dagegen wehren, aber es war vergeblich. Noch nie in seinem Leben war er so hilflos gewesen wie jetzt.
Er wurde zu
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