Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

0362 - Der Irre und der Tote

Titel: 0362 - Der Irre und der Tote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
geduckter Haltung schlich sich Dr. Jean Beriot aus der Krankenstation.
     
    *
     
    Die Totenhalle lag ruhig und verlassen. Im Innern stand Scanlon Ocachees Sarg auf dem Sockel und wartete auf den Beginn der langen Reise. Mit jeder Minute, die verstrich, verstärkte sich das Leuchten des Riesenkristalls.
     
    *
     
    Dr. Beriot bewegte sich lautlos.
    Er besaß die Vorsicht eines gejagten Tieres. Es kam seinem Vorhaben entgegen, daß der größte Teil der Besatzung dienstfrei hatte. Der Gang, der von der Krankenstation zum nächsten Antigravschacht führte, war verlassen. Sekundenlang blieb der Physiker vor dem Schachteingang stehen. Sein Instinkt riet ihm, den Antigrav nicht zu benutzen. Auch die Steigleitern und hydraulischen Lifte waren zu gefährlich. Am sichersten war, wenn er sich durch eine Fluchtröhre in den unteren Teil des Schiffes begab. Die Fluchtröhren wurden unter normalen Umständen nur benutzt, wenn dem Schiff Zerstörung drohte.
    Beriot hörte ein Geräusch und glitt blitzschnell in eine Nische.
    Eng gegen die Wand gepreßt, wartete er, bis die Schritte draußen im Gang verstummten. Er verließ sein Versteck und rannte in komisch wirkenden Sätzen zum Einstieg des Fluchtröhrensystems. Mit gespreizten Armen und Beinen ließ er sich in eine Fallröhre gleiten. Er bremste die Abwärtsbewegung mit Füßen, Knien und Ellenbogen ab. Es machte ihm nichts aus, daß er sich dabei die Haut abschürfte.
    Im großen Laderaum der unteren Polkuppel verließ er die Röhre. Er verlor keine Zeit, sondern begab sich zur nächsten Mannschleuse. Er öffnete sie und blickte hinaus.
    In keiner Sekunde wurde er sich seines Tuns bewußt. Sein Gehirn stand völlig unter dem Einfluß einer hyperenergetischen Strahlung.
    Beriot schaltete den Antigravprojektor ein und schwang sich aus der Schleuse. Er machte nicht den Fehler, sich nach unten sinken zu lassen, denn das hätte zu seiner sofortigen Entdeckung geführt. Statt dessen flog er am Rumpf der CREST IV empor, bis er den Ringwulst erreichte. Dort landete er.
    Überall im Industriegebiet brannten Lichter.
    Sie interessierten den Hyperphysiker nicht. Sein Ziel lag woanders. Es war nur einen knappen Kilometer von der CREST IV entfernt.
    Von seinem Platz aus konnte Dr. Jean Beriot das grünblaue Leuchten sehen, das von der Totenhalle ausging.
     
    *
     
    Dr. Myteren kam zu sich. Als er sich erheben wollte, stellte er fest, daß er Rücken an Rücken mit seinem Assistenten gefesselt auf dem Boden von Beriots Kabine lag. Die Gurte, mit denen er den Wissenschaftler am Bett hatte festschnallen wollen, schnitten tief in sein Fleisch.
    Der Arzt hob mühevoll den Kopf: Beriot war verschwunden. Myteren versuchte, die Kompresse aus dem Mund zu drücken, aber es gelang ihm nicht. Er bewegte sich heftig, ohne daß sich die Gurte lockerten. Sein Assistent gab keine Lebenszeichen von sich. Er war entweder noch ohne Bewußtsein oder tot. Dr. Myteren vergaß seine Schmerzen und zwang sich zu sachlicher Überlegung.
    In drei Stunden etwa mußte Dr. Treiber in der Krankenstation auftauchen um ihn abzulösen. Es bestand wenig Aussicht, daß er früher aus seiner mißlichen Lage befreit wurde, es sei denn, irgendein Besatzungsmitglied würde um diese Zeit noch ärztliche Hilfe beanspruchen.
    Myterens wissenschaftliches Interesse erwachte. Er fragte sich, wie Beriot fähig war, solche Dinge zu tun. Das zerstörte Gehirn des Physikers war nach Myterens Ansicht nicht in der Lage, solche Taten zu planen. Und doch hatte Beriot die beiden Ärzte niedergeschlagen und sie gefesselt. Myteren erinnerte sich, daß Beriots Verhalten während des kurzen Kampfes eher dem eines Tieres als dem eines intelligenten Wesens geglichen hatte. Man konnte fast zu der Überzeugung kommen, daß Beriot auf geheimnisvolle Weise beeinflußt wurde.
    Wohin mochte Beriot gegangen sein, nachdem er Myteren und seinen Assistenten überwältigt hatte?
    Hielt er sich noch im Schiff auf, oder hatte er versucht, es zu verlassen? Wenn Beriot entdeckt wurde, konnten die beiden Ärzte mit einer vorzeitigen Befreiung rechnen. Eine Ahnung sagte Dr. Myteren, daß Beriot sich nicht entdecken lassen würde.
    Dr. Jean Beriot war zweifellos für seine Handlungsweise nicht verantwortlich zu machen - aber würden das auch die Okefenokees verstehen, wenn der Physiker die CREST IV verließ und einen oder mehrere Zwerge angriff?
    Der kranke Krüppel konnte zu einer Belastung des Verhältnisses zwischen den Terranern und den Okefenokees

Weitere Kostenlose Bücher