0365 - Die Grotte der Saurier
Besitz zu bekommen, dafür hatte es ein anderer geschafft.
Mein Freund Suko.
Er hatte ihn an sich nehmen können und war erst danach verschollen. Zusammen mit Bill, als wir gemeinsam den Buckligen mit den sieben Leben hatten stellen wollen.
Nun, der Bucklige hatte den Würfel zum Glück nicht erwischt, aber ich rannte noch immer hinter ihm her.
»Bitte, John, laß die trüben Gedanken!« Eine weiche Frauenstimme hatte den Satz gesprochen. Über die schmale Tischplatte, die uns trennte, schob sich eine Hand. Sie geriet in den Lichtschein der über und zwischen uns hängenden Stoffleuchte und bekam einen rötlichgelben Schimmer, der auch auf unseren Bestecken blitzende Reflexe hinterließ.
Weit brauchte Glenda Perkins nicht zu greifen, um meine Finger zu erreichen. Sie legte ihre Hand auf die meine, und ich spürte die warme Haut. Mein Lächeln wirkte ein wenig verloren, als ich den Kopf hob und in Glendas Gesicht schaute. Für einen Moment hatte ich das Gefühl, wieder in diesem Lokal in Frisco zu sitzen und Jane Collins anzusehen, die sich so plötzlich von mir getrennt hatte.
»Was bleibt mir übrig, Glenda? Die Zeiten sind wahrscheinlich nicht mehr so rosig, wie sie einmal waren.«
»Du mußt Jane vergessen.«
Ich hob den Kopf und runzelte die Stirn. »Vergessen?« echote ich.
»Ja, ja, im Prinzip hast du recht. Nur frage ich mich, ob ich das überhaupt kann. Es hängt zuviel daran.«
»Dann liebst du sie noch?« Bei dieser Frage klang ihre Stimme ein wenig traurig.
Ich war ehrlich zu Glenda. Sie hatte nichts anderes verdient.
Meine schwarzhaarige Sekretärin war ein patentes Mädel, und wir mochten uns, obwohl es hin und wieder zwischen uns zu kleinen Streitereien kam. Aber die waren schnell vergessen.
»Nein, Glenda, ich glaube nicht, daß ich sie noch liebe.« Ich schüttelte den Kopf. »Nein, tatsächlich nicht.«
»Soll ich dir das glauben?«
»Das mußt du.«
»Es ist doch nicht schlimm, wenn du etwas von deinen Gefühlen preisgibst. Vielleicht erleichtert dich das, und du wirst auch wieder deine Arbeit mit einem anderen Gefühl angehen.«
»Ich war ehrlich zu dir, Glenda. Selbstverständlich trauerte ich Jane Collins auf eine gewisse Art und Weise nach. Es wäre unnatürlich, würde dies nicht so sein, aber du hast Jane lange nicht mehr gesehen. Sie ist eine andere geworden.«
»Das wäre uns wohl allen so ergangen, hätten wir ihr Schicksal hinter uns.«
»Richtig, aber da sind Suko und Bill.« Ich hob beide Arme halbhoch. »Kannst du dir vorstellen, Glenda, daß ich mich traue, Shao und Sheila in die Augen zu sehen?«
»Sie haben dir keinen Vorwurf gemacht.«
»Das stimmt. Kein Wort ist über ihre Lippen gedrungen.« Ich verzog das Gesicht. »Aber ihre Blicke, Glenda, wenn du die Blicke gesehenhättest, verdammt, die gingen tief unter die Haut. Ich kam mir deplaziert vor. Mein schlechtes Gewissen wurde ich einfach nicht los. Aus jedem an mich gerichteten Wort vernahm ich einen Vorwurf.«
»Den du dir einbildest.«
»Möglich, nur bin ich ein Mensch, der sich seine Gedanken macht. In der letzten Nacht habe ich kaum ein Auge zugemacht. Ich quälte mich mit Selbstvorwürfen, wälzte mich im Bett von einer Seite auf die andere und glaubte stets, das Hohnlachen des Teufels zu hören, das durch meinen unruhigen Schlummer schallte.«
»Auch eine Einbildung.«
»Kann sein.« Ich griff zum Bierglas und nahm einen kräftigen Schluck. Inzwischen kam auch der Ober mit dem Essen. Wir saßen in einem kleinen Balkan-Restaurant. Glenda hatte nur eine der Spezial-Suppen bestellt, ich bekam einen Schaschlik. Dazu gab es Salat und eine Schale mit rotem Paprikareis. Das Essen duftete verlockend, doch als mir der freundliche Ober den Teller vorsetzte, hatte ich plötzlich keinen Hunger mehr.
Während ich die grüne Stoffserviette auseinanderfaltete, ließ es sich Glenda bereits schmecken.
Ich nahm das Besteck und stocherte ziemlich lustlos in dem körnigen Reis. »Willst du nichts essen?« fragte Glenda.
»Ich bekomme nichts runter.«
Glenda wurde wütend. »Jetzt halt aber mal die Luft an. So schlimm ist es nicht. Jane geht es wahrscheinlich besser, als du dir überhaupt vorstellen…«
»Was ist mit Suko und Bill?«
»Sie haben den Würfel, John. Er läßt sich doch manipulieren, wie du selbst gesagt hast.«
»Hoffentlich können sie das noch.«
»Davon bin ich fest überzeugt.«
»Ich aber nicht.«
»Wir reden später darüber. Iß wenigstens das Fleisch. Du beleidigst sonst den Koch, der
Weitere Kostenlose Bücher