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0368 - Der Henker kam nach 20 Jahren

0368 - Der Henker kam nach 20 Jahren

Titel: 0368 - Der Henker kam nach 20 Jahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Henker kam nach 20 Jahren
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Nach zwanzig Jahren Zuchthaus wurde Sidney Carlyle entlassen. Er war alt geworden, hielt sich gebeugt und hatte ein graues, hageres Gesicht.
    Der Wachbeamte am Tor schlug Carlyle auf den Rücken.
    »Alles Gutes, Alter!«
    Der Beamte des Bürodienstes, der Carlyles Entlassungsschein ausgestellt und seine Papiere geordnet hatte, musterte den Zuchthäusler mißbilligend.
    »Ein Fluchtversuch, drei Angriffe auf Wärter und Teilnahme an zwei Meutereien stehen in deinen Papieren. Du hast es dir selbst zuzuschreiben, daß du nicht vorzeitig entlassen worden bist.«
    »Kann ich gehen?« fragte Carlyle. Zum zweitenmal schlug ihm der Torwächter auf die Schulter.
    »Immer zu, Alter! Kauf dir von deinem Arbeitsentgelt erst mal ’nen neuen Anzug! Das Ding, das du trägst, mag ja damals der letzte Schrei gewesen sein. Heute würde sich keine Vogelscheuche damit sehen lassen Ich wette, du kannst dir ’ne anständige Kluft leisten. Hast doch 2000 Bucks gespart.«
    Carlyle ging an dem Wächter vorbei durch das Tor in die Freiheit. Sein graues Gesicht faltete sich zu einem dünnen Grinsen.
    Zweitausend Dollar! Ein Dreck gegen die hunderttausend Bucks, die in der Freiheit auf ihn warteten.
    Die Männer sahen ihm nach.
    »Was hat der alte Bursche eigentlich auf dem Kerbholz?« fragte der Wächter.
    »Raubüberfall !« antwortete der Bürobeamte. »Überfiel vor zwanzig Jahren einen Goldtransport und verletzte zwei Männer schwer.«
    ***
    Der Mann, der mein Büro betrat, war dürr wie eine Zaunlatte. In seinem langen, häßlichen Gesicht zuckten ständig die Nase, die Mundwinkel oder die Augenbrauen. Der Knabe war nicht älter als fünfundzwanzig Jahre. Er hieß Herbert Stock. Ich hatte ihn vor vier Jahren festgenommen. Er war verurteilt und vor einem Jahr wieder entlassen worden.
    »Hallo, Herbie!« begrüßte ich ihn. »Hast du es geschafft?«
    Mit einer Handbewegung bot ich ihm einen Stuhl an. Er setzte sich. Ich schob das Zigarettenpäckchen über den Schreibtisch.
    Herbert Stock war uns in die Finger geraten, als wir die Gang von Radford sprengten, den die Unterwelt »Kompression-Charles« nannte, weil er eine Menge Leute unter Druck setzte und erpreßte. Stock spielte in der Bande eine Mitläuferrolle und kam mit drei Jahren billig davon.
    »Wenn du einen Job suchst, Herbie, rufe ich Mr. Deeks von der Gefangenenfürsorge an. Er wäre die richtige Adresse für dich. Du bist jung genug, um einen neuen Start zu versuchen.« Stock zog die Nase kraus wie ein schnüffelndes Kaninchen.
    »Deswegen komme ich nicht, G.-man«, antwortete er. Er hatte eine helle, gequetschte Stimme. »Können Sie mir ’ne Frage beantworten?«
    »Kommt auf die Frage an!«
    »Wie hoch ist der Anteil für einen Mann, der einen großen Berg beschafft.« Er rieb Zeigefinger und Daumen gegeneinander.
    »Einen großen Berg Geld?«
    »Geld oder so etwas Ähnliches?«
    »Wenn er es auf legale Weise erwirbt, kann er den ganzen Berg behalten.«
    »Wollen Sie mich nicht verstehen?« quetschte er ungeduldig hervor. »Wieviel Prozent bekommt ein Mann, der dafür sorgt, daß ’ne Beute wiedergefunden wird, die schon verschwunden war?«
    »Die Beute aus einem Verbrechen?«
    »Selbstverständlich! Wieviel?«
    »Das kann ich nicht beantworten, ohne Einzelheiten zu wissen. Es kommt darauf an, ob eine Belohnung ausgesetzt wurde, ob ein staatliches Interesse an der Wiederbeschaffung besteht, ob der Mann, der die Beute wieder ans Licht bringt, am Verbrechen beteiligt war. Im letzten Falle erhält er natürlich nichts. Du mußt mir schon Einzelheiten erzählen, wenn du eine präzise Antwort haben willst.«
    Seine Gesichtsmuskeln gerieten in Aufruhr. Er brauchte eine halbe Minute, bis er den nächsten Satz herausquetschte.
    »Aber ihr müßt doch einen Mann belohnen, der euch hilft.«
    »Kleiner Irrtum, Herbie. Es ist die Pflicht jedes Bürgers, uns zu helfen. Wenn in besonderen Fällen dennoch Belohnungen ausgesetzt werden, so geschieht das nur, um die Leute zur verstärkten Mitarbeit anzureizen.«
    Er stand mit einem Ruck auf.
    »Schon gut, G.-man«, sprudelte er hervor. »War ja nur ’ne Frage! Interessierte mich mal!«
    Er trat den Rückzug in Richtung Tür an. Ich nagelte ihn auf halbem Wege fest.
    »Eine Sekunde noch, Herbie! Dein Chef Radford hat keine Beute hinterlassen. Seine Bankkonten, seine Jacht, seine Autos und die Pelzmäntel seiner Freundinnen wurden beschlagnahmt. Ich glaube nicht, daß uns irgend etwas entgangen ist. Von welcher Beute faselst du

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