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0368 - Der Henker kam nach 20 Jahren

0368 - Der Henker kam nach 20 Jahren

Titel: 0368 - Der Henker kam nach 20 Jahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Henker kam nach 20 Jahren
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also?«
    »Ich habe nur gefragt«, quäkte er. »Ich dachte, ich könnte mich darauf spezialisieren. Ich kenne doch ’ne Menge Burschen, die krumme Sachen drehen, und ich glaube, wenn ich Augen und Ohren offenhielte, könnte ich euch Tips liefern, aber ich will es natürlich nicht umsonst machen. Deshalb frage ich Sie, was dabei zu verdienen ist.«
    »Dabei ist nichts zu verdienen. Und die harten Jungs würden dir auf die Zehen steigen, wenn du um sie herumschnüffelst. Für dich ist es besser, du hältst deine Nase aus dem Milieu heraus. Soll ich mit Mr. Deeks telefonieren?«
    »Ich habe schon ’nen Job in Aussicht, G.-man. Nicht nötig, daß Sie sich bemühen.«
    Er erreichte die Tür, zog sie auf und verschwand dahinter.
    Ich zuckte die Achseln und beschäftigte mich weiter mit meinem Bericht. Herbert Stock war kein Ganove, an den man einen Gedanken verschwendete, und ich hielt sein Geschwafel für nebensächlich.
    ***
    Kurz vor fünf Uhr nachmittags läutete es an der Tür des Hauses Nr. 14 in der Chestnut Street in New Rochelle, einem der Vororte von New York.
    Nummer 14 gehörte Mr. Washington Wilder und wurde von seiner Familie bewohnt.
    Lila, Mr. Wilders dreizehnjährige Tochter, raste die Treppe vom Obergeschoß hinunter.
    »Dad kommt heute früher nach Hause«, jubelte sie und riß die Tür auf.
    Vor ihr stand ein älterer Herr mit einem grauen Gesicht und unsteten Augen unter dichten Brauen.
    »Sie wünschen?« fragte das Mädchen höflich.
    »Ich muß wissen…«, stotterte der Mann rauh. »Ich möchte… Wohnt ihr schon lange hier?«
    In Lila stieg. Furcht hoch. Sie zog sich ein wenig zurück, behielt aber die Klinke in der Hand.
    »Mamie!« rief sie.
    Mrs. Wilder kam aus der Küche, die Hände an der Schürze trocknend.
    »Was ist los?« Sie erblickte den Mann. »Was wollen Sie?«
    Dem Mann fiel es schwer, Worte zu finden.
    »Madam, ich bin früher mal hier in der Gegend gewesen, aber damals war das alles noch Feld und Wiese. Ich finde mich gar nicht mehr zurecht.«
    »Das muß vor mehr als zehn Jahren gewesen sein.«
    »Ja, so lange ist es her, aber hier«, er sah sich um, »dort drüben geht die New England Street vorbei, und hier auf dieser Stelle muß eine Senke gewesen sein.«
    »Das weiß ich nicht«, antwortete Mrs. Wilder. »Wir haben das Haus vor sechs Jahren gekauft.«
    Der Mann schien sie nicht zu hören. »Haben Sie die ganze Senke gekauft?«
    »Wovon sprechen Sie? Mein Mann hat dieses Haus gekauft, weil ein großes Grundstück dazugehört, und weil der nächste Nachbar ein gutes Stück entfernt liegt.«
    Der Femde streckte die Hand aus. Lila erschrak heftig, ließ die Klinke los und zog sich bis zu ihrer Mutter zurück. Mrs. Wilder legte einen Arm um die Schulter des Kindes.
    »Lassen Sie mich in Ihren Garten!« verlangte der Mann.
    »Ich denke nicht daran! Was wollen Sie überhaupt?«
    Oben in ihrem Zimmer hörte Tennie, die zweiundzwanzigjährige Tochter der Familie den Wortwechsel an der Haustür. Sie ging über den Flur bis zur Treppe. Ihre Mutter sagte gerade: »Besser, Sie gehen jetzt, Mister.«
    »Steht auf Ihrem Grundstück ein Kastanienbaum?« fragte der Fremde.
    »Nein! Wollen Sie jetzt endlich gehen, oder soll ich den Sheriff anrufen?«
    Der Fremde murmelte vor sich hin. »Es muß hier sein!«
    »Tennie, rufe Sheriff Roosman an und sage ihm, daß wir belästigt werden!« rief Mrs. Wilder laut.
    Der merkwürdige und hartnäckige Besucher erwachte aus seiner Erstarrung. Er starrte Mrs. Wilder auf eine Weise an, daß auch die resolute Frau erschrak. Dann drehte er sich mit einem Ruck um, stolperte die hölzerne Vortreppe hinunter und hastete durch den Garten zur Straße.
    »Ein Landstreicher,. Mutter?« fragte Tennie von oben.
    »So sah er eigentlich nicht aus. Er trug einen ganz neuen Anzug, aber er stak darin, als hätte er ihn geschenkt bekommen.«
    »Oder gestohlen!« rief Lila.
    »Uns geht es nichts an«, sagte Mrs. Wilder. »Aber sei nächstens vorsichtiger und lege die Kette vor, wenn du die Tür öffnest.«
    »Ich dachte doch, es sei Dad«, erklärte Lila mit vorgeschobener Unterlippe.
    Eine knappe halbe Stunde später kam Mr. Wilder nach Hause. Lila erzählte ihm die aufregende Geschichte von dem unheimlichen Besucher. Mrs. Wilder sagte:
    »Er muß früher hier in der Gegend zu Hause gewesen sein.«
    »Vielleicht hatte er einmal ein Erlebnis mit einem Mädchen unter dem Kastanienbaum«, meinte Tennie, die für romantische Erlebnisse unter Kastanienbäumen Sinn

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