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037 - Die seltsame Gräfin

037 - Die seltsame Gräfin

Titel: 037 - Die seltsame Gräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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jungen Grafen schon viel gehört hatte. Nach diesem Zusammentreffen fühlte sie den dringenden Wunsch, ihn nicht mehr treffen zu müssen. Er war ein Mann von fünfzig Jahren, hatte einen kahlen Kopf, ein rotes, aufgedunsenes Gesicht, eine blaurote, unförmige Nase und einen immer offenen Mund. Wenn sie ihm auf der Straße und nicht in dieser vornehmen Umgebung begegnet wäre, hätte sie ihn für einen typischen Trinker gehalten. Diese Bezeichnung war auch in jeder Weise gerechtfertigt. Sein Anzug war alt und an den Nähten aufgeschlissen, und die Fingernägel hatte er nur oberflächlich gereinigt.
    »Ich möchte Ihnen Dr. Tappatt vorstellen!«
    Das war also der berühmte Doktor! Er machte aber wenig Eindruck auf sie.
    »Ich freue mich sehr, Sie kennenzulernen, mein liebes Fräulein, ich freue mich wirklich sehr«, sagte er mit erheuchelter Herzlichkeit. Ein schwacher Duft von Whisky und Knoblauch strömte von ihm aus, wenn er sprach. »Sie sind doch die junge Dame, von der Mylady gesprochen hat? Sie hören Stimmen - das ist ein schlechtes Zeichen.« Er lachte. »Wirklich ein sehr schlechtes Zeichen, mein liebes Fräulein. Da haben wir's ja schon, nicht wahr, Chesney?«
    Lois sah, wie der Butler das Glas dieses merkwürdigen Menschen mit Wein füllte, und als sie wieder hinsah, war es leer. Offenbar war Braime, wenn er nicht bereits diese Eigenheiten des Gastes kannte, sorgsam darauf eingedrillt, denn er versorgte ihn, ohne zu fragen.
    Der junge Lord Moron erschien auch bei Tisch, aber er war in gedrückter Stimmung und schwieg. Sein Gesicht hatte er so wenig wie möglich verbunden.
    »Wie, Sie hatten einen Unfall? Waren Sie bei einer Eisenbahnkatastrophe dabei?« fragte der Doktor. »Eure Lordschaft sollten sich etwas mehr in acht nehmen!«
    »Ich war bei keinem Eisenbahnunglück!« sagte Selwyn trotzig. Offenbar kannte er den Doktor gut. Lois hatte das Gefühl, daß er sich vor ihm fürchte. Sie sah ihn ein paarmal verstohlen zu dem unsauberen Mann hinüberblicken.
    »Da ist ja noch jemand, der Stimmen hört, nicht wahr? Sind Eure Lordschaft nicht von einem Hund verfolgt worden, einem kleinen, netten, schwarzen Hund, der mit dem Schwanz wedelte?«
    »Nein«, sagte Lord Moron entschieden. Er wurde erst rot, dann weiß. »So etwas habe ich niemals gesagt. Ich bin vollkommen sicher - ich weiß genau, was ich tue. Lassen Sie mich jetzt in Ruhe, Dr. Tappatt!«
    Für Lois Reddle war es eine in jeder Beziehung sehr unangenehme Mahlzeit. Der düstere Widerwille des jungen Moron, die ruhige Gleichgültigkeit seiner Mutter, die rohen Späße Chesney Prayes und die Gegenwart des Arztes, der, wenn er nicht trank, sich mit seinen wunderbaren Kuren rühmte, die er in Indien ausgeführt hatte - dies alles erweckte in ihr den Eindruck des Gespenstischen und Unwirklichen. Dr. Tappatt sprach sie nur noch einmal an.
    »Ich habe gehört, Sie hätten versucht, sich vom Balkon herunterzustürzen. Mein liebes Fräulein, das ist schlimm -das -« Unsicher wandte er ihr sein tierisches Gesicht zu und sah sie mit blutunterlaufenen Augen böse an.
    »Reden Sie keinen Unsinn«, sagte Lady Moron. »Der Balkon stürzte unter Miss Reddle ein - es hat doch niemand gesagt, daß sie selbst den Versuch machte, sich auf die Straße zu stürzen.«
    »Das war doch auch nur ein Witz«, lachte der Doktor. Er ließ sich durch die Gräfin nicht im mindesten einschüchtern und schob dem aufmerksamen Braime wieder sein Glas hin. »Das ist ein guter Wein, Mylady, ein feiner, voller, kräftiger Wein mit einem großen Bouquet. Vermutlich Romani-Conti?«
    »Clos de Vougeot«, verbesserte ihn Lady Moron.
    »Der Unterschied zwischen den Weinen von Vougeot und Vosne ist nur gering«, sagte der Weinkenner. »Für gewöhnlich ziehe ich Conti vor, aber Mylady haben mich bekehrt.«
    Das Essen dauerte ziemlich lange, und Lois wünschte sehnlichst, daß es vorüber wäre. Endlich erhob sich die Gräfin und trat zu ihrem Sohn.
    »Wenn du heute abend zum Essen kommst, dann sei so gut und nimm den letzten Rest dieses lächerlichen Pflasters vom Gesicht. Ich möchte, daß du wie ein Gentleman aussiehst und nicht wie ein Preisboxer.« Sie überlegte sich jedes Wort. »Sonst bin ich vielleicht gezwungen, Dr. Tappatt um Rat zu fragen.«
    Lord Moron zuckte bei den letzten Worten zusammen und murmelte eine Entgegnung, die Lois aber nicht verstehen konnte. Sie war froh, als die Gräfin sie aufforderte, in der Bibliothek zu arbeiten. Sie hatte vorher nur einen kurzen Blick in diesen

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