037 - Enthüllungen
rüttelte besorgt an der Schulter seines Partners. »Was ist los? Musst du dich vielleicht übergeben?«
Die Berührung weckte Matt aus seiner Trance. Verwirrt blickte er durch den Sehschlitz der Frontscheibe. Sie hatten das Stadttor bereits weit hinter sich gelassen und befanden sich nun in einem verwilderten Park. Vor ihnen lag eine ausgebrannte Ruine, die erst auf dem zweiten Blick als das ehemalige John F. Kennedy Center zu identifizieren war. Dank Nag'or wusste er nun, dass es sich um das Hauptquartier der Running Men handelte.
Gehetzt fuhr Matt herum und fixierte seinen Begleiter.
Dave schrak vor dem funkelnden Blick zurück. »Was ist mit dir los?«
»Du bist nicht David McKenzie!«, antwortete Matt kalt. Zähes Schweigen erfüllte die Fahrzeugkabine, nur das gleichmäßige Tuckern des leerlaufenden Motors webte einen einlullenden Geräuschteppich, während er weitere Informationen aus Nag'ors Erinnerungen filterte. »Du heißt in Wirklichkeit Philipp Hollyday!«
»Spinnst du?«, begehrte der Doppelgänger auf, doch seine bebende Stimme konnte die Überraschung nicht verbergen. Woher wusste Matt plötzlich seinen richtigen Namen?
Wenn Matt bisher noch Zweifel am Wahrheitsgehalt seiner Visionen gehabt hatte, wurden sie durch Hollydays schuldbewusste Reaktion endgültig ausgelöscht.
Es war also wahr! Die Running Men trieben ein perfides Spiel mit ihm, das noch weitaus hinterlistiger war als all die Lügen, die ihm der Weltrat aufgetischt hatte.
Ein brennender Schmerz fraß sich wie Säure durch Matts Brustkorb. Er fühlte sich missbraucht, erniedrigt. Gab es denn seit der Trennung von Aruula niemanden mehr, dem er vertrauen konnte?
Eine Zeitlang hatte er gedacht, dass die Rebellen gerechte Ziele verfolgen würden, aber in Wirklichkeit hatten sie ihn getäuscht und ausgenutzt. Doch die Zeit der Maskerade war vorüber.
Nun schlug er zurück.
Von einer Sekunde auf die andere kam Bewegung in Matt. Blitzschnell stemmte er seine Arme gegen Rücksitz und Fahrzeugkonsole, zog die Knie in einer geschmeidigen Bewegung an seine Brust und trat mit aller Kraft nach Hollyday aus. Die Stiefelabsätze bohrten sich in den Oberarm des überraschten Doppelgängers, der mit voller Wucht gegen die Fahrertür prallte.
Gleich darauf war Matt über ihm.
»Was habt ihr mit dem echten McKenzie angestellt?«, brüllte er aufgebracht und ließ die Fäuste fliegen. Wut und Enttäuschung entluden sich in wilden Schlägen, die auf den Running Men mit Daves Gesicht hinab hagelten. Hollyday vermochte dem wütenden Ansturm nichts entgegenzusetzen. Ihm blieb nur, sich in Embryohaltung zusammenzukauern und die Arme um den Kopf zu schlingen, um sich so gut wie möglich vor weiteren Treffern zu schützen.
Keuchend hielt Matt inne. Er spürte Blut an seinen Fingerknöcheln. So sehr es auch in seinen Adern brodelte, es widerstrebte seinen Instinkten, auf einen Wehrlosen einzuschlagen. Stattdessen langte er über den Doppelgänger hinweg und zog am Öffner. Knarrend schwang die Tür zurück; darunter wurde das Gestrüpp des Parks sichtbar. Es bedurfte nur eines kurzen Stoßes und der Running Man fiel wie ein nasser Sack aus dem Truck.
Entsetzte Rufe wurden laut, gleich darauf lösten sich dunkle Schemen aus der grün bewachsenen Ruine des Kennedy Centers.
Dumpfe Ploppgeräusche peitschten durch die Luft. Schallgedämpfte Schüsse!
Matt war in einen Hinterhalt geraten.
Er riss die Fahrertür zurück ins Schloss. Kugeln hämmerten aus allen Himmelsrichtungen gegen die stahlverstärkte Fahrzeugkabine und schwirrten als Querschläger davon.
Matt rutschte hinter das Lenkrad, trat die Kupplung und legte knirschend den Rückwärtsgang ein. Mit aufheulendem Motor setzte er zurück. Die Geschosse prasselten wie Hagelkörner gegen die Panzerung.
Vor ihm kam Hollyday wieder in die Höhe. In einer fließenden Bewegung griff er über die Schulter, zog das verkürzte Gewehr aus dem Rückenholster und legte an. Er zielte auf den schmalen Sichtschlitz in der Frontpanzerung, doch obwohl er Matt genau im Visier hatte, drückte er nicht ab. Sicher war es keine Menschenfreundlichkeit, sondern eiskalte Berechnung, die ihn dazu bewog, sein Leben zu schonen, doch das war dem Ex-Commander vollkommen egal. Er erhielt die entscheidenden Sekunden, die er zu Flucht benötigte das war alles, was zählte.
Mit einem harten Ruck schlug er das Lenkrad ein.
Die Reifen radierten über Gras und Dornenranken, während der Truck rückwärts herum schleuderte. Die
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