037 - Quellen der Lust + Die Mätresse des Prinzen
über Zeichnungen bis hin zu illustrierten Gedichten und Miniaturporträts.
Soweit er bisher herausgefunden hatte, seit er vor zwei Tagen ihren Namen zum ersten Mal gehört hatte, war Genevieve Ralston keine reiche Frau. Doch ihre Besitztümer sprachen von einigem Wohlstand. Wie konnte sie sich solche Dinge leisten? Waren es Geschenke von einem großzügigen Wohltäter – oder die Bezahlung für einen Mord?
Ein lautes Miauen störte seine Überlegungen, und er blickte zu Boden. Eine große schwarzweiße Katze sah zu ihm auf und schlug mit dem pelzigen Schwanz.
„Freund oder Feind?“, fragte er leise.
Die Katze strich an seinen Stiefeln entlang und legte sich dann zwischen seine Füße.
„Also Freund.“ Er hockte sich nieder, um das große Tier zwischen den Ohren zu kraulen, und wurde dafür mit dem lautesten Schnurren belohnt, das er je gehört hatte.
„Das gefällt dir, was?“ Ein Lächeln umspielte seine Mundwinkel, während die Katze einen Laut ausstieß, der wie ein zufriedenes Seufzen klang.
„Du musst eine Dame sein. Du bist viel zu hübsch für einen Jungen.“
Noch einmal bewegte sie den Schwanz, dann ging sie gerade so weit weg, dass er sie nicht mehr erreichen konnte, und sah ihn dann an, als wollte sie sagen: Wenn du mich weiterhin streicheln möchtest, dann musst du schon hierher kommen.
Simon lachte leise. Eindeutig weiblich.
Er streckte den Arm aus, strich der Katze noch einmal über das Fell, und stand schließlich auf. „Auch wenn ich dir sehr dankbar bin, dass du kein großer Hund bist, so fürchte ich doch, dass ich keine Zeit mehr für dich habe.“
Jawohl. Die Zeit schritt voran, und nirgends in dem Wohnzimmer gab es eine Alabasterschatulle. Er ging weiter zum Speisezimmer, zur Bibliothek und ins Frühstückszimmer, gefolgt von der Katze, die ihm dabei unentwegt um die Beine strich. Kunstgegenstände und hervorragend gearbeitete Möbel füllten jeden Raum, doch er fand nichts, das der Schatulle, die er suchte, auch nur ähnlich sah. Simon bekämpfte seine Enttäuschung und stieg die Treppe hinauf zu Mrs. Ralstons Schlafzimmer. Nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte, damit die ungemein neugierige Katze draußen blieb, sah er sich um und bemerkte, dass dieser Raum am üppigsten ausgestattet war. Durch die Fenster neben dem Himmelbett fiel Mondlicht herein und schien auf eine blassgrüne Tagesdecke und weiche Kissen. Gegenüber von dem Bett befand sich ein Frisiertisch mit einem ovalen Spiegel. An der anderen Wand standen ein reich geschnitzter Kleiderschrank sowie ein Paravent, dem gegenüber ein zierlicher Sekretär mit einem chintzbezogenen Stuhl.
An den blassgrauen Wänden hingen noch mehr gerahmte Bilder, aber das schönste Objekt in diesem Raum war eine lebensgroße Frauenstatue, die nichts trug außer einem geheimnisvollen Lächeln. Sie stand in der Ecke neben dem Sekretär, eine Göttin aus reinweißem Marmor, der im Mondlicht schimmerte. Eine ihrer schlanken Hände hielt sie einladend ausgestreckt, und Simon glaubte beinahe, ein Flüstern zu hören: Berühre mich. Mit der anderen Hand drückte sie einen Blumenstrauß an ihre Brust, ein Blütenblatt lag dabei an ihrer Brustwarze. Sie wirkte so lebensecht – Simon ertappte sich bei dem Wunsch, sie tatsächlich zu berühren, um sich davon zu überzeugen, dass sie nicht lebendig war.
Er löste seinen Blick von der Statue und ging zum Schrank hinüber. Eine Untersuchung des Inhalts ergab, dass Mrs. Ralston einfache, aber hervorragend gearbeitete Kleider aus edlem Material bevorzugte und mehr Hüte und Schuhe besaß, als eine einzelne Frau jemals verlangen konnte.
Er zog die Brauen hoch, als er in einem Stiefel ganz hinten in dem Schrank eine kleine Pistole mit einem Perlmuttgriff fand. Offenbar verspürte Mrs. Ralston den Wunsch nach Schutz, obwohl sie in einem verschlafenen kleinen Dorf lebte. Wovor?
Oder vor wem? Fürchtete sie um ihre Sicherheit, weil sie sich schuldig gemacht hatte
– wie etwa an dem Tod ihres früheren Liebhabers?
In Bezug auf diese Frau waren so viele Fragen offen, Fragen, von denen er vermutete, dass sie zu den Antworten führten, die ihm zu Ridgemoors Tod fehlten, dabei seine Unschuld bewiesen und ihn vor der Schlinge des Henkers retteten.
Er ging weiter zu dem Frisiertisch, hob den Parfümflakon aus geschliffenem Kristall an die Nase und schnupperte. Sie mochte den Duft von Rosen. Kleine Keramiktiegel auf dem Tisch enthielten verschiedenen Cremes und Lotionen.
In den ersten beiden
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