037 - Quellen der Lust + Die Mätresse des Prinzen
sie das Ende ihres geflochtenen Zopfes mit einem blauen Band umwickelte, während er sich lustvollen Tagträumen hingegeben hatte. Ehe er darüber nachdenken konnte, warum sie so einen Laut von sich gab, kam sie wieder auf ihn zu. Er spannte jeden Muskel an.
Hatte sie seine Gegenwart bemerkt? Gespürt, dass sie beobachtet wurde?
Verdammt, es sah aus, als richtete sie den Blick direkt auf ihn. Wenn sie ihn entdeckte, blieb ihm nichts anderes übrig, als sie zu überwältigen. Sofort stellte er sich etwas vor – aber nicht, dass er sie überwältigte, sondern dass sie ihn fesselte.
Mit blauem Band an ihr Bett.
Verdammt. Dieser verdammte Ladies’ Guide hatte seine Sinne verwirrt.
Zu seiner Erleichterung setzte sie sich auf den zierlichen Stuhl vor ihrem Schreibsekretär. Doch diese Erleichterung währte nicht lange, denn sie entzündete die Kerze auf dem Tisch. Licht flackerte auf, und er zog sich so tief in den Schatten der Marmorstatue zurück, wie es nur möglich war. Was zum Teufel tat sie da nur?
Sie beantwortete die Frage, indem sie ein Blatt Papier aus einer Schublade zog und nach der Schreibfeder griff. Trotz seines Wunsches, sie möge sich so schnell wie möglich zurückziehen, damit er fliehen konnte, war Simons Interesse geweckt. Sie wollte einen Brief schreiben. Ein Brief, der ihm weitere Informationen geben konnte?
Es schien ein seltsamer Zeitpunkt zu sein, um eine Botschaft zu schreiben – außer, es ging um ein Geheimnis.
Simon sah zu, wie sie einige Minuten lang schnell schrieb, aber dann begannen ihre Bewegungen langsamer zu werden. Sie runzelte die Stirn und presste die Lippen fest zusammen, bevor sie sich tiefer über das Blatt beugte. Anfangs hielt er das für Konzentration, doch dann fiel sein Blick auf die Hand, mit der sie die Feder hielt.
Jetzt umklammerte sie das Schreibwerkzeug in einer seltsamen Haltung. Nachdem sie noch ein paar Worte geschrieben hatte, hielt sie inne und bewegte langsam die Finger, als hätte sie Schmerzen. So, wie sie das Gesicht verzog, war es offensichtlich, dass etwas nicht stimmte. Hatte sie irgendeinen Unfall gehabt, bei dem ihre Hände verletzt wurden?
Mit derselben schmerzverzerrten Miene schrieb sie noch ein oder zwei Minuten weiter, dann stellte sie die Feder zurück in den Halter und schüttete Löschsand auf das Blatt. Nachdem sie das Blatt in die Schublade zurückgelegt hatte, blies sie die Kerze aus, stand auf und ging zu ihrem Bett. Er sah zu, wie sie den Hausmantel ablegte und schließlich die Öllampe löschte. Im silbrigen Schein des Mondlichts zog sie die Decken zurück und legte sich ins Bett. Sophia hob einen Moment den Kopf und rollte sich dann wieder zusammen. Mrs. Ralton schloss die Augen. Sie sah aus wie ein unschuldiger Engel – aber Simon ließ sich von Äußerlichkeiten nicht täuschen.
Es dauerte nicht lange, dann hörte er ihre tiefen, ruhigen Atemzüge. Er wartete noch ein paar Minuten ab, ehe er – zufrieden darüber, dass sie endlich schlief – aus seinem Versteck schlüpfte und lautlos den Raum verließ. Als er die Haustür hinter sich schloss, gelobte er, nicht nur herauszufinden, was Mrs. Genevieve Ralston mit seinem Brief gemacht hatte, sondern auch, welche Geheimnisse sie sonst noch verbarg. Vor allem, wenn diese Geheimnisse mit einem Mord zu tun hatten.
3. KAPITEL
„London ist hektisch und aufregend, und das Eheleben ist wunderbar. Das Einzige, was ich vermisse, bist du, meine liebe Freundin. Ich wünschte, du würdest zu einem Besuch in die Stadt kommen ...“
Die Worte des Briefes verschwammen, als Tränen in Genevieves Augen traten, Tränen, die sie rasch wegwischte, als sie auf dem Korridor schwere Schritte vernahm.
Gleich darauf trat ihr riesenhafter Diener, Baxter, in den Salon.
„Ich wollte nur sagen, dass ...“ Er brach ab, stemmte die Hände in die Hüften und kniff die Augen zusammen. „Du bist aufgeregt. Was ist passiert?“ Ehe Genevieve antworten konnte, fiel sein Blick auf den Brief in ihrer Hand, und er sah sie verständnisvoll aus seinen dunklen Augen an. „Du bist traurig, weil du deine Freundin Lady Catherine vermisst.“
Genevieve schluckte den Kloß in ihrem Hals herunter und lachte kurz auf. „Ein wenig.“
„Mehr als ein wenig“, sagte Baxter schroff. Er sah sie einen Moment an, und sie hatte das Gefühl, als könnte er durch sie hindurchsehen. „Du bist nicht mehr dieselbe, seit sie geheiratet hat und nach London gezogen ist. Das ist jetzt drei Monate her. Ich hasse es, dich so
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