0380 - Jagd auf die Teuflische
Gedanken. Er hörte den bedrohlichen Gesang der anderen Tempelpriester schon kaum noch. In seinen Ohren brauste und rauschte es. Seine aufgewühlte Phantasie ließ ihn den winzigen Kratzer in der Haut so spüren, als habe ihn die Klinge bereits durchbohrt.
Auch jetzt tanzten die bläulichen Funken um den Dolch.
Das Gesicht des Opferpriesters war ausdruckslos, als die Muskeln seines Handgelenkes sich spannten und er Druck auf den Dolch ausübte.
Jetzt!
***
Sara Moon war mißtrauisch.
Das war vielleicht einer der Gründe, weshalb sie immer noch lebte, trotz aller Nachstellungen von Dämonenjägern einerseits und den Höllenmächten auf der anderen Seite. Deshalb brach sie nicht gleich in Begeisterung aus, als ihr Ghasho mitteilte, sowohl Wang Lee als auch Professor Zamorra seien gefangengenommen worden und warteten auf ihren Tod.
Gerade bei Zamorra war sie äußerst vorsichtig. Sie hatte ihn schon selbst einige Male fest in der Hand gehabt, und er lebte immer noch. Dieser Mann schien einfach unsterblich zu sein. Immer wieder fand er eine Möglichkeit, davonzukommen.
Ghasho, ihr Informant, mochte da zwar nach bestem Glauben gehandelt und berichtet haben. Aber diesem Zamorra war alles zuzutrauen.
Auch, daß er wieder einmal entkam.
Wang Lee war ihr weniger wichtig. Aber Zamorra… er war jetzt schon zum zweiten Mal nach Ash’Cant vorgestoßen, ohne daß sie wußte, wie er das gemacht hatte.
Es sollte das letzte Mal sein, hoffte sie. Und sie wollte nicht abwarten, was geschah und später, wie von Ghasho versprochen, die abgeschlagenen Köpfe der beiden Gegner bestaunen, sondern selbst mit von der Partie sein. Nur dann konnte sie sicher sein, daß auch alles so ablief, wie sie es sich erhoffte.
Deshalb reiste sie schon eher als erwartet nach Faronar. Ursprünglich hatte sie bis zum Nachmittag mit ihrer Ankunft warten wollen. Jetzt aber verlegte sie den Termin einfach vor.
Ihre Druidenkraft erlaubte ihr, per zeitlosem Sprung so schnell wie ein Gedanke von einem Ort zum anderen zu gelangen. Von einem Moment zum anderen war sie da.
Sie kam im Tempel an, genau in dem Augenblick, in dem der Opferpriester mit dem Dolch zustieß. Fast konnte sie’s nicht glauben, daß das tatsächlich Zamorras Ende war. Aber es gab keinen Zweifel: Hilflos lag er auf dem Altar, dem tödlichen, funkensprühenden Messer ausgeliefert.
***
Tod und Magie… für Zamorra schien von einem Moment zum anderen die Zeit stehen zu bleiben. In diesen Zehntelsekunden zwischen Leben und Tod begriff er, daß es doch noch eine Chance gab - so winzig sie auch sein mochte.
Das Amulett!
Es war in der Lage, ihn vor magischen Angriffen zu schützen. Und dieser Opferdolch war mit Magie aufgeladen. Das bewiesen die tanzenden Funken.
Auch, wenn sie Zamorra alles abgenommen hatten - das Amulett kam zu ihm. Er rief es mit einem unglaublich schnellen Gedankenbefehl zu sich. Woher es auch immer gekommen war -es landete silbern flirrend in Zamorras Hand, und es war bereits aktiv. Es hatte von sich aus schon auf die Nähe Schwarzer Magie angesprochen. Und kaum spürte es die tödliche Bedrohung, als es auch schon handelte.
Es war fast wie in den alten Zeiten! Wie damals, als Merlins Stern noch nicht von Leonardo deMontagne manipuliert worden war und manchmal sogar fast zu schnell und zu kompromißlos zuschlug…
Der Opferpriester war irritiert, als er aus den Augenwinkeln die Silberscheibe in Zamorras Hand erscheinen sah. Er verharrte mitten in seiner Bewegung.
Da flammte ein greller Blitz aus dem Amulett. Traf seinen Arm, jagte feurige Ströme durch seine Muskeln. Er war nicht mehr in der Lage, den Dolch zu halten. Mit einem Aufschrei flog er zurück. Der Dolch explodierte förmlich über Zamorra. Die gegensätzlichen Magien vertrugen sich nicht miteinander.
Auch die anderen Kuttenträger schrien jetzt auf. Sie wichen zurück, als sie sahen, mit welch rasender Geschwindigkeit sich ein grünliches Leuchten über Zamorra ausbreitete und seinen gesamten Körper einhüllte. Die Eisenspangen, mit denen seine Hand- und Fußgelenke an die Steinplatte des Altars gekettet waren, zerschmolzen im grünen Feuer.
Zamorra federte hoch.
Und sah Sara Moon.
***
Wang Lee hatte den Untergrund wieder verlassen. Er hatte sich auf den unterirdischen Wegen von seinem Instinkt leiten lassen und war der »Luftlinie« gefolgt, so weit das hier möglich war. So hatte er sich dem Tempel recht weit nähern können. In einem düsteren, stinkenden Lagerschuppen kam er wieder an
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