0380 - Jagd auf die Teuflische
Wang.
»Es gibt da einen Mann«, murmelte Ghasho bedächtig. »Er war früher einmal Tempeldiener. Er könnte dir vielleicht weiter helfen. Aber du wirst die Stadt verlassen müssen, um ihn zu finden, und er ist nicht billig. Vielleicht solltest du mir doch besser vertrauen.«
»Dir? Daß ich nicht lache…«
Ghasho stieß sich mit seinem gesunden Bein ab. Mochte der Teufel wissen, wo er den zweiten Dolch herbekommen hatte. Der mußte unter der Bettdecke gewesen sein. Mit dem stoßbereiten Messer und einem wilden Aufschrei warf sich das Oberhaupt der Diebesgilde auf Wang Lee.
Der Mongole sah die blitzende Klinge auf sich zurasen und reagierte im Reflex. Das Schwert kam hoch und durchbohrte den Angreifer. Erst, als er tot zusammenbrach, wußte Wang, daß er diesmal zu schnell gewesen war.
Von Ghasho würde er keine Auskünfte mehr erhalten.
»Verflixt«, murmelte er. »Das war so eigentlich nicht geplant. Was nun?«
Er war wieder auf sich allein gestellt. Das einzige, was er herausbekommen hatte, war, daß sein Verdacht stimmte. Zamorra war tatsächlich Gefangener des Tempels..
Es war zum Auf-die-Bäume-gehen. Ein anderer als Wang Lee hätte jetzt die Abneigung des Königs ausnutzen und die Garde um Hilfe bitten können. Die Gefangennahme eines Mannes war schon Grund genug, in den Tempel vorzudringen. Wahrscheinlich würden die Mörder ihn sogar morden wollen; man munkelte von blutigen Ritualen in verschlossenen Räumen des Tempels. Mit den Gardisten des Königs hätte Wang den Tempel ausräuchern und Zamorra befreien können - nun, wenn er nicht gerade Wang Lee, der Deserteur, wäre. Er durfte sich einem Gardisten nicht einmal so weit nähern, daß dieser ihn erkannte.
Und nach dem Tod Ghashos würde ihm auch die Unterwelt Faronars nicht helfen.
Er war auf sich allein gestellt. Und seine Chancen, Zamorra befreien zu können, waren eher kleiner geworden. Denn durch seinen Besuch bei Ghasho hatte er Zeit verloren.
Es konnte ihn nicht einmal beruhigen, daß der Verräter seine Strafe erhalten hatte. Denn Wang Lee selbst hatte dadurch nichts gewonnen…
***
Als Zamorra wieder erwachte, hatte sich seine Lage abermals verschlechtert. Jetzt lag er auf dem Steinaltar, und diesmal hatten die Brüder keinen Fehler mehr begangen. Obgleich Zamorra jetzt zu der Erkenntnis kam, daß es nicht einmal ein Fehler gewesen war, als sie ihm Amulett und Dhyarra-Kristall ließen. Sie mußten gewußt haben, daß er den Kristall hier im Tempel nicht benutzen konnte. Er konnte froh sein, daß es nicht schlimmer gekommen war. Die Energie war auf ihn reflektiert worden.
Jetzt lag er auf dem Altar, und er war nackt. Sie hatten ihm diesmal alles abgenommen.
Auch das Amulett.
Dafür hatten sie ihn mit Eisenspangen auf die Platte gefesselt. Er fühlte den kühlen Stein unter seinem Rücken. Das konnte eine prachtvolle Nierenschädigung nach sich ziehen.
Sofern er diese Angelegenheit überlebte…
Sie umringten ihn. Sieben Männer in ihren dunklen Kutten! Sieben, die magische Zahl. Aber vermutlich war die Zahl hier sogar eher zufällig.
Sie murmelten ihre dunklen Gesänge. Allein die Tonfolge reichte aus, Zamorra eine Gänsehaut zu verschaffen. Er fühlte das Drohende dieser Magie, die sich zu manifestieren begann. Verfärbten sich nicht auch die Kerzenflammen zum Düsteren hin? Unruhig flackerten sie und erzeugten tanzende Schattenbilder an den Wänden des Kuppelraumes.
Einer der Kuttenträger hob jetzt einen sichelförmig gebogenen Dolch, dessen Klinge mit blutroten magischen Symbolen versehen war. Sie waren Zamorra fremd, aber diese ganze Welt war ihm fremd.
Der Mann mit dem Opferdolch trat jetzt an Zamorras Seite und hob das Mordwerkzeug hoch empor. Funken sprühten an der Dolchspitze auf und liefen über Schneide und Rücken bis hinab zum Heft.
Zamorra spürte Beklommenheit und Angst. Er versuchte, seine Fesseln aufzusprengen. Aber gegen das Eisen kamen seine Kräfte nicht an.
Er wollte es einfach nicht wahrhaben, daß nach so vielen haarsträubenden Abenteuern und überstandenen Gefahren, nach so vielen verzweifelten, gefährlichen und eigentlich aussichtslos wirkenden Kämpfen gegen mächtige Dämonen ein paar hergelaufene Sektenanhänger es schaffen sollten, ihn zu töten.
Aber er war hilflos. Er konnte nichts tun.
Langsam senkte der Kuttenträger den Opferdolch Und setzte ihn dann auf Zamorras Brust. Die Spitze ritzte die Haut über dem Herzen des Gefangenen auf.
Zamorra schluckte. Die Todesangst lähmte seine
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