0393 - Der Vampir von London
dann - verschwand er im zeitlosen Sprung vor den Augen der entsetzten Mrs. Ceteby!
***
Zamorra spürte das unsagbar Fremde, das die Gedankenwelt des Mannes in Schwarz darstellte. Waren es überhaupt Gedanken? Waren es nicht vielmehr nur Rechenprozesse? Hatte der Unheimliche anstelle eines Gehirns einen Computer im Kopf?
Vage Eindrücke durchrasten Zamorras Bewußtsein, während er krampfhaft versuchte, die Verschmelzung wieder zu lösen. Die Sekundenbruchteile dehnten sich zu Ewigkeiten. Irgendwie übernahm er gespeicherte Daten, begriff, daß es sich nicht um einen Computer handeln konnte, aber jegliches Gefühlsleben fehlte. Keine Träume, keine Emotionen. Nur Wissen, Daten, Fakten, Bilder… klar gezeichnet. Eine Art zu denken, mit der Zamorra nicht zurechtkam. Sie schmerzte, drohte ihn aufzusaugen in einen schwarzen Datenkanal. Niemals zuvor hatte er Kontakt zu einem derartig fremden Gehirn gehabt. Selbst die Sauroiden, die Echsenmenschen aus der sterbenden Parallelwelt, waren da menschlicher als dieser Schwarzgekleidete…
Und dann war es vorbei.
Zamorra taumelte zurück, stürzte.
Vor ihm glühte der Mann in Schwarz auf. Für ein paar Augenblicke flammten seine Umrisse hell, dann verlosch das Glühen. Sein Anzug fiel in sich zusammen, blieb als leere Hülle zurück…
Zamorra richtete sich auf, den Dhyarra-Kristall wieder in der Hand. Er hörte das Heulen einer Polizeisirene. Und jetzt spürte er auch wieder den Schmerz seiner Brandverletzungen.
Er sah die fremdartige Waffe, hob sie auf und wickelte sie in die Reste seiner Jacke. Dann erreichte er endlich die Straße.
Er sah eine schwarze Rover-Limousine. Damit mußten die beiden Schwarzgekleideten hierher gekommen sein. Zamorra machte ein paar Schritte auf den Wagen zu.
Im gleichen Moment löste sich das Fahrzeug in Luft auf…
Zamorra lehnt sich an eine Hauswand. Seine Schulter brannte wie Feuer. Er wußte, daß er sofort in ärztliche Behandlung mußte. Er war erleichtert, als der Polizeiwagen neben ihm stoppte und einige Beamte heraussprangen. Einer der Beamten forderte sofort über Funk einen Krankenwagen an.
Zamorra dachte an das, was er erfahren hatte. Er hoffte, daß er wenigstens im Krankenhaus halbwegs sicher sein würde. Dort würden die Ewigen ihn nicht angreifen. Vor derartig spektakulären Aktionen schreckten sie doch zurück. Der Vorfall hier an der Straße hatte schon fast zu viel Aufmerksamkeit erregt…
Zamorra schloß die Augen, als er ein paar Minuten später im Krankenwagen abtransportiert wurde. Ein Arzt hatte ihm eine schmerzstillende Injektion gegeben, aber es dauerte einige Zeit, bis das Mittel zu wirken begann. Zamorra versuchte Ordnung in seine Gedanken zu bringen und auszuwerten, was er dem Mann in Schwarz an Wissen hatte entreißen können.
Es war nicht gerade überragend viel…
***
Gryf atmete auf. Sein Risikospiel hatte funktioniert. Er war dort angekommen, wo die Aura des Vampirs ihren Ursprung hatte - in jenen angeblich nicht existierenden Kellerräumen.
Aber er war in der Dunkelheit des Kellers nicht allein!
Verblüfft erkannte er Sheila Brody, die seinen Arm losließ. Im Moment des Sprunges war sie zu ihm gehechtet, hatte den erforderlichen Körperkontakt hergestellt und sich mitnehmen lassen.
Gryf wußte nicht, was er davon halten sollte. Was war in die junge Frau gefahren, daß sie so einfach diese Art der Fortbewegung akzeptierte und die Chance ergriff, Gryf zu begleiten? Dabei hatte sie doch nicht einmal wissen können, wohin er konkret gewollt hatte!
Mehr noch: sie hätte eigentlich überhaupt nicht wissen können, daß er springen wollte!
»Hier unten sucht dich keiner, Druide, wenn du stirbst«, hörte er sie wieder mit der tiefen Stimme sagen. »Du bist doch ein Druide, nicht? Ja, ich sehe es an deinen grünen Augen…«
Sie war wieder besessen!
Daher also!
Der Vampir mobilisierte seine letzten Tricks! Er hatte nicht mehr verhindern können, daß Gryf ihn fand, im letzten Moment aber noch richtig reagiert und dafür gesorgt, daß seine Sklavin mit hier auftauchte. Er mußte sie dazu gebracht haben, sich Gryf anzuschließen.
»Wenn du mich tötest, bist du selbst für alle Zeiten hier gefangen«, sagte Gryf ruhig. Er hatte vor Sheila Brody keine Angst. »Dieser Keller hat keinen Ausgang. Alles ist zugemauert. Du kommst ohne mich nicht wieder nach draußen.«
»Ich werde ein anderes Medium finden, das für mich agiert«, sagte Sheila rauh. Nein, nicht sie war es, die sprach, sondern der Vampir,
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