0393 - Diablitas Mörder-Gnome
Hector de Valois miteinander sprachen. Ich vernahm auch ihr leises Lachen. Wahrscheinlich hatte sie mich schon aufgegeben.
Ein Mann, der ohne Waffen kämpfte…
Welche Waffen ich tatsächlich besaß, hatte ich ihr nicht gesagt, das sollte eine Überraschung werden.
Aik führte mich aus dem Zelt, wo mich die Häscher wieder in Empfang nahmen.
Die Menge hatte auf mich gewartet und einen Halbkreis gebildet.
Als man mich sah, begann das Tuscheln und Flüstern. Kein Instrument wurde mehr gespielt. Über dem Platz lag eine erwartungsvolle Stille, die mich irgendwie bedrückte.
Ich schritt durch die Gasse, die man mir geöffnet hatte. Die meisten Menschen schauten mich neugierig an, nur wenige schienen Mitleid zu haben. Die Masse gierte nach einem Kampf. Ich sollte ihn ihr bieten. Sie würde es auch hinnehmen.
Dann wurde ich an einen Ort geführt, wo die Pferde weideten. Ich durfte mir ein Tier aussuchen. Nach einer kurzen Prüfung entschied ich mich für einen Schimmel, der mir noch den ruhigsten Eindruck machte. Er graste friedlich. Ich trat an das Tier heran, tätschelte seinen Hals, so daß er den Kopf hob und ich in seine Augen blicken konnte.
Ob es etwas half, wußte ich nicht. Jedenfalls redete ich mit dem Pferd und sagte: »Laß mich nicht im Stich, alter Junge! Wir beide müssen miteinander auskommen.«
Das Tier schnaubte.
Dann drehte ich mich um, weil ich angesprochen worden war.
»Welche Rüstung wollt Ihr wählen?«
»Keine«, erwiderte ich laut.
Die Häscher erschraken. Sie schauten sich gegenseitig an, flüsterten miteinander, blickten mir wieder ins Gesicht, und der Sprecher vergewisserte sich abermals. »Ihr wollt keine Rüstung, Fremder?«
»Nein.«
»Dann wird man Euch sofort töten.«
»Das ist mein Risiko.«
Das letzte Wort begriffen sie wohl nicht, denn sie wandten sich ab und hoben die Schultern.
Ich faßte die Zügel des Pferdes. Jemand brachte mir eine Decke und einen Sattel, dessen primitive Form mich überraschte, aber damals waren die Methoden eben nicht so ausgeklügelt gewesen wie zu meiner Zeit. Die Decke legte ich über den Pferderücken und schnallte auch den Sattel fest. »Meinetwegen kann es losgehen«, sagte ich lässig.
Die Männer hoben die Hände. Ein Zeichen dafür, daß ich noch warten mußte.
Dann verschwand einer. Wahrscheinlich gab er bekannt, daß ich bereit war.
Die Nachricht sprach sich in Minutenschnelle herum. Aus dem Lager ertönte Lärm. Die Männer und Frauen verteilten sich. Ich erkannte, daß sie in Richtung Turnierbahn liefen und ihre Plätze hinter den Balken suchten.
Im nächsten Augenblick schmetterte ein gewaltiger Trompetenstoß in den nachtdunklen Himmel. Die Fanfare kündigte den Beginn des großen Zweikampfs an.
Die Gassen zwischen den Zelten und auch der große Platz hatten sich geleert. Nur noch die Feuer verbreiteten ihr düsterrotes Licht.
Ich schwang mich auf den Pferderücken. Natürlich nicht so geschmeidig wie ein geübter Reiter, aber ich hielt mich. Zum Glück saß ich nicht zum erstenmal auf einem Pferd, halten konnte ich mich. Wie es beim Galopp aussah, darüber wollte ich erst gar nicht nachdenken.
Die Zügel nahm ich in beide Hände. Als ich sie straff zog, hob das Tier den Kopf und wurde unruhig. So gab ich etwas mehr Spiel und drückte dem Tier meine Hacken in die Flanken.
Das Pferd setzte sich in Bewegung, und ich merkte unter mir das geschmeidige Spiel seiner Muskeln. Einmal ritt ich einen Kreis, um mich an das Tier zu gewöhnen. Dabei stellte ich fest, daß es sehr willig reagierte. Ich hatte wohl Glück gehabt und mir gleich das richtige ausgesucht.
Um zur Turnierbahn zu gelangen, mußte ich durch eine der düsteren Gassen reiten.
Niemand hielt sich mehr dort auf. Ich durchritt die Gasse, wollte das Tier nach rechts dirigieren, als ich die Zügel wieder locker ließ.
Aus der Dunkelheit ritt eine zweite Gestalt heran. Und sie hob sich kaum von der Finsternis ab.
Ich aber wußte, wer es war.
Mein Gegner, der schwarze Ritter!
***
Auch er hatte mich durch sein hochgeklapptes Visier gesehen und hielt an. Er hatte sein Reittier unter Kontrolle, denn im Gegensatz zu meinem Pferd bewegte sich das seine nicht.
Es stand auf der Stelle wie eine Figur. Schwarz war die Rüstung, schwarz war sein Pferd und auch die Decke, die er auf dem Rücken liegen hatte. Er starrte mich an.
Unheimlich sah er aus. Das Tier, auf dessen Rücken er hockte, wirkte ebenfalls geisterhaft, weil die Schutzdecke sogar über seinen Kopf gezogen
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