0393 - Diablitas Mörder-Gnome
stieß er hervor. »Das war eine hinterlistige Attacke gewesen. So kämpft man nicht. Ich verlange Satisfaktion…«
Ich winkte lässig ab. »Nimm’s leicht, mein Junge. Beim nächstenmal gewinnst du wieder. Aber bis dann gute Nacht.« Bevor er etwas erwidern konnte, hatte ich sein Visier nach unten geklappt, mich gedreht und schritt mit etwas steifen Beinen dorthin, wo die Königin neben Hector de Valois in der Loge saß und mir mit starrem Blick entgegenschaute.
Auch die Zuschauer waren nicht laut. Ihr Flüstern verglich ich mit der Trägheit der Staubwolken, die über die Turnierbahn zogen und sich nur langsam senkten.
Ich hatte ihnen genügend Stoff für eine Diskussion gegeben. Jetzt würden sie darüber grübeln, wer dieser Unbekannte wohl sein konnte, der einen ihrer besten Kämpfer aus dem Sattel geworfen hatte.
Ein Grinsen konnte ich mir nicht verkneifen. Ich hatte gewonnen und genoß meinen Triumph.
Neben der Rose stoppte ich. Die Spielregeln waren mir bekannt.
Sehr langsam und schon mit dem rechten, ausgestreckten Arm bückte ich mich, nahm die Rose zwischen zwei Finger, kam wieder hoch und schaute die selbsternannte Königin direkt an.
Diablita wich meinem Blick nicht aus. Ihr Gesicht blieb maskenhaft. Nichts verriet ihre Gedanken.
»Das steht dem Sieger wohl zu«, sagte ich und schleuderte die Rose zurück. Sie fing die Blume reaktionsschnell auf, tat, als wolle sie daran riechen und legte sie vorsichtig auf die Brüstung, wobei sie zusammenzuckte, da sie nicht achtgegeben und sich an einem Dorn gestochen hatte.
Ich trat näher an die Loge heran.
Diablita hatte die rechte Hand erhoben. Aus dem Zeigefinger tropfte das Blut. Es war dunkel, sehr dunkel sogar. Möglicherweise schwarz oder grün, wie ich es von dämonischen Wesen her kannte.
Aber das konnte auch an der Finsternis liegen, die uns bedeckte, denn der Fackelschein blieb auf der gegenüberliegenden Seite.
Hector de Valois hatte bisher noch nichts gesagt. Er gratulierte mir auch nicht, stand wie eine Eins vor der Brüstung und hatte seine Hände auf die obere Kante gelegt.
Nur sein Blick irritierte mich, weil er mir so nachdenklich und wissend vorkam.
Ahnte dieser Mann etwas?
Von ihm wußten wir nur sehr wenig. Leider viel zu wenig, aber ich ging davon aus, daß er in seiner Zeit ein besonderer Mann gewesen sein mußte. Hoffentlich bekam ich noch die Gelegenheit zu einer Unterhaltung mit ihm.
»Ihr seid der Sieger, Mann aus einer anderen Zeit«, erklärte die Königin. »Euch steht die Belohnung zu.«
»Das will ich wohl meinen. Hattest du nicht von einem Orakel gesprochen, Diablita?«
Sie ging nicht auf meine lässige Bemerkung ein. »Ihr werdet es bekommen, keine Sorge. Aber auch der Verlierer wird seinen Preis erhalten, das schwöre ich.«
»Es ist nicht meine Sorge!«
Diablita schaute mich für einen Moment an. Sie lächelte. Und dieses Lächeln machte sie mir fast sympathisch und ließ mich ihren Namen vergessen.
Durch ihre Handbewegung gab sie Hector de Valois ein Zeichen.
Der Mann mit dem Knebelbart verstand. Er drehte sich um und goß aus einer Karaffe Wein in einen Becher, den er der Königin reichte.
Sie wieder gab ihn mir mit den Worten: »Dieser Trank ist dem Sieger geweiht. Nehmt ihn hin und leert ihn bis zum Grund. So ist es Sitte bei uns!«
Ich umfaßte den Becher mit beiden Händen, prostete der Königin zu, auch ihrem Begleiter und setzte den Becher an.
Der Wein war erfrischend, wenn auch ein wenig süß. Aber er moussierte, und ich dachte daran, daß es zu dieser Zeit wohl noch kein Glykol gegeben hatte.
Bis zum Grund mußte ich den Becher leeren.
Das tat ich.
Als ich den letzten Schluck nahm, sah ich auf dem Boden des Bechers etwas leuchten. Es war ein kleiner Schlüssel, der zu einem bestimmten Schloß passen mußte. Vielleicht zu dem der Kammertür der Königin.
Die genauen Regeln in dieser Zeit waren mir leider unbekannt.
Während ich den Schlüssel herausnahm, schaute ich auf Diablita.
Die Königin hatte ihre Haltung verändert. Mit verschränkten Armen stand sie da. Auf ihrem Gesicht lag ein wissendes Lächeln, das noch breiter wurde, als sie feststellen mußte, daß ich nicht in der Lage war, den rechten Arm anzuheben.
Der war wie gelähmt…
Ich startete einen zweiten Versuch mit dem Linken, weil ich den Becher in die andere Hand gewechselt hatte.
Auch das klappte nicht.
Statt dessen veränderte sich die Tribüne. Die Ausmaße nahmen in der Breite zu. Gleichzeitig wurden ihre Konturen
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