0393 - Diablitas Mörder-Gnome
sie mit leiser Stimme, wobei sie ihre Schultern bewegte und die Gnome zu Boden sprangen. »Für dich habe ich etwas ganz anderes.« Sie schaute den Trollen nach, wie diese sich auf ihren kurzen Beinen in den Hintergrund der Höhle verzogen. »Du hast den Kampf gewonnen. Sieger werden von mir immer mit offenen Armen empfangen…«
»Ich dachte eher an das Orakel.«
»Willst du es?«
»Ja.«
»Gut, der Sieger bekommt zwei Preise. Das Orakel und auch mich. Dafür ist das Lager wie geschaffen.«
Diesmal winkte ich ab. »Halten wir uns lieber an das Orakel!«
Diese Antwort hatte ihr nicht gefallen. »Du bist undankbar oder kein Mann. Ich kenne Ritter, die mehr als die Hälfte ihres Lebens dafür hergeben würden, wenn sie mit mir das Lager teilen dürften. Und du lehnst einfach so ab?«
»Ja«, wiederholte ich kalt. »Erstens schlafe ich nicht mit Mörderinnen, und zweitens hänge ich zu sehr am Leben. Vielleicht ist das in meiner Zeit besser als in deiner.«
»Du Hundsfott!«
»Wo befindet sich das Orakel?«
Es sah so aus, als wollte sie mir an die Kehle springen oder zumindest ihren Gnomen entsprechende Befehle geben, aber sie hielt sich zurück und nickte.
»Ich werde es dir zeigen.«
Ohne dem toten Ritter auch nur einen Blick zuzuwerfen, schritt sie schräg auf eine Höhlenwand zu und blieb einen halben Schritt davon entfernt stehen. Ich folgte ihr langsamer. Noch immer hatte ich Mühe mit dem Gleichgewicht.
Mir fiel erst jetzt auf, daß die Wand in Diablitas Nähe anders aussah als die übrigen Seiten der Höhle. Sie wirkte künstlicher, wie von Menschenhand geschaffen, zumindest war an ihr manipuliert oder nachgearbeitet worden. Ihre Hände strichen behutsam und sehr leicht über eine bestimmte Stelle des Felsens, als suchte sie dort etwas.
Und sie fand es auch.
Es mußte ein Kontakt gewesen sein, den sie betätigt hatte. Ich erlebte das gleiche wie in manch alten ägyptischen Pyramiden oder in finsteren Schlössern.
Ein Geheimgang wurde frei.
Kratzend drehten sich die Steine innerhalb ihres Verbunds zur Seite. Sie schabten nicht allein über den Boden, auch innerhalb der dicken Felswände erklangen die Geräusche, und vor meinen Augen wurde allmählich eine düstere Höhle frei.
Ich stand in einer sicheren Entfernung hinter ihr und sprach sie an. »Gibt es kein Licht?«
»Nein.«
Mein Lachen klang spöttisch. »Dann kann ich meinen Preis wohl nicht zu Gesicht bekommen?«
»O doch, das kannst du.« Sie stieß einen Pfiff aus, der dünn durch die Grotte hallte.
Zuerst geschah nichts. Nur aus der Nebenhöhle fiel noch ein schwacher Lichtstreifen bis zu uns. Er veränderte sich. Die gelben Streifen waren wieder da und damit auch die Gnome.
Von ihnen und von Diablita unbeachtet, war es mir gelungen, das Kreuz hervorzuholen. Ich hielt es in der rechten Hand, und es verlieh mir die Sicherheit, die ich brauchte.
Es wurde spannend.
Die Gnome kümmerten sich nicht um mich. Sie huschten an uns vorbei und tauchten in die geheimnisvolle Öffnung ein, wo sie stehenblieben und ihre Peitschen schwangen.
Darin waren sie Meister ihres Fachs. Sie hatten ihre Arme erhoben und drehten die Peitschen so, daß sie über ihren Köpfen gelbe Lichtkreise bildeten, die soviel Helligkeit abgaben, daß es mir gelang, diesen Preis voll und ganz zu erkennen.
Ich war größer als Diablita und schaute über ihre Schulter hinweg, wobei ich das Gefühl hatte, als würde ich von einem Schlag getroffen. Es war nicht der Würfel des Unheils, dafür ein anderer Gegenstand, den ich ebenfalls ziemlich gut kannte.
Haruns Statue!
***
Daß sich die Figur auch in der Vergangenheit befand und John Sinclair mit ihr konfrontiert wurde, wußten weder Suko noch Sir James.
Die beiden Männer suchten noch immer nach einer Spur des Geisterjägers.
Sie hatten noch einmal den Raum abgesucht und auch die Wände abgeklopft. Es waren bereits Fälle vorgekommen, wo Menschen kurzerhand im Mauerwerk oder im magisch aufgeladenen Beton verschwanden.
In diesem Keller nicht.
Der war von einer Ecke zur anderen dicht und völlig normal gebaut worden.
»Ausbruchsicher!« kommentierte Sir James und setzte sich.
»Ja, leider«, kommentierte Suko und nahm ebenfalls Platz.
»Es bleibt die Figur des Harun!« faßte Sir James zusammen.
Der Superintendent deutete mit der flachen Hand auf sie. »Daß diese Figur etwas Besonderes darstellt, wissen wir ja. Nur kennen wir den Trick nicht, den John wohl gekannt hat. Deshalb, Suko, werden Sie versuchen, ihn
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