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0394 - Die Unheimliche vom Schandturm

0394 - Die Unheimliche vom Schandturm

Titel: 0394 - Die Unheimliche vom Schandturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Augenblick, als Ferdy von einer kalten, harten Totenpranke zurückgerissen wurde.
    Sein Schrei war schlimm. Er endete in einem gurgelnd klingenden Röcheln, als man ihn hochriß und sich der Arm um seine Kehle preßte. Aus dem Griff kam er nicht frei.
    Ich dachte an den Gehängten im Turm, der ebenfalls auf eine schreckliche Art und Weise ums Leben gekommen war. Es sah so aus, als sollte Ferdy das gleiche Schicksal widerfahren.
    Er jagte in die Höhe!
    Zusammen mit der auf dem Schimmel sitzenden lebenden Leiche stiegen sie in den nachtdunklen Himmel, wobei das Pferd dieses harte Wiehern ausstieß, das auch mir eine Gänsehaut auf den Rücken zauberte.
    Da sich Pferd, Reiterin und Opfer sehr schnell bewegten und ich nicht unbedingt den Mann treffen wollte, war es für mich unmöglich, abzudrücken. Zudem vergrößerte sich die Distanz zwischen uns in rasender Geschwindigkeit.
    Zurück blieb bei mir das bittere Gefühl der Niederlage und bei den übrigen Gästen die Peitsche der Angst. Trotz ihrer Panik waren sie nicht verschwunden. Sie standen im Innenhof, hatten sich mit den Rücken gegen die Hauswände gepreßt oder hockten, wie zwei von ihnen, unter dem großen Tisch, wo sie nach oben peilten und zusahen, was dort geschah.
    Die lebende Leiche hatte sich ihr erstes Opfer geholt, und es sah nicht so aus, als wollte sie es wieder aus den Klauen lassen. Im Gegenteil, es begann ein grausames Spiel, dem wir untätig zuschauen mußten.
    Die Häuser in dieser Umgebung wäre nicht sehr breit. Dafür hoch, und sie besaßen Dächer. Manche schräg, andere wieder flach, so daß die Häuser nie gleichförmig oder gleichmäßig aussahen.
    Auf einem Flachdach war die Frau gelandet. Ihr Schimmel stand so dicht am Rand, daß er nur mehr einen Schritt zur Seite zu gehen brauchte, um wieder in die Tiefe zu stürzen.
    Das hatte er nicht vor.
    Wie ein Denkmal wartete er dort, und die lebende Tote wußte genau, was sie zu tun hatte.
    Sie stieg vom Pferderücken. Ferdy aber nahm sie mit. Es war eine ziemlich helle Nacht. Das Bild hob sich konturenscharf vor unseren Augen ab, und wir sahen, wie sie den Mann aus dem Sattel riß, zu Boden drückte, wo er knien blieb.
    Sein Schreien war schlimm.
    Was ihm die Unheimliche aus dem Schandturm mitgeteilt hatte, wußten wir nicht. Jedenfalls mußte es für ihn furchtbar gewesen sein, und ich konnte mir vorstellen, daß es sich dabei um ein Todesurteil handelte.
    Stellte sich nur die Frage, wie sie es ausführen wollte. Das bekamen wir in den folgenden Sekunden mit, denn sie bückte sich und riß den Mann in die Höhe. Dabei bewies sie ihre Kräfte, denn es gelang ihr mühelos, den Körper über den Kopf zu heben und uns zu zeigen. So demonstrierte sie ihre Macht.
    »Der erste…!«
    Es war eine sich überschlagende Stimme, die in das Karree des Hinterhofs hallte. Jeder von uns nahm das furchtbare Bild auf. Sie stand da wie die große Siegerin, der die Menschen ein Denkmal gesetzt hatten. Ein Windstoß erreichte nicht nur uns, auch die lebende Leiche am Dachrand. Er spielte mit dem Totenhemd der Frau, machte es zu einer flatternden Fahne und schleuderte auch die grauen, strähnigen, wie künstlich aussehenden Haare in die Höhe.
    Dann beugte sie sich vor.
    Mit ihr Ferdy Ricardis, der zappelnd versuchte, sich aus dem mörderischen Griff zu befreien.
    Wieder brandete ein Schrei durch den Hinterhof. Diesmal schrien die Zuschauer, und ihre Stimmen hallten gegen die kahlen Wände, wo sie als schaurige Echos zurückgeworfen wurden.
    Es war der Ausdruck nackten Entsetzens, denn die lebende Leiche auf dem Dachrand drückte ihren Körper so weit vor, daß er über dem Rand schwebte, Ferdy Ricardis natürlich mit.
    Für die Dauer einer schrecklich langen Sekunde sah es so aus, als wären beide in dieser schrägen Haltung erstarrt, nur der Schimmel stand wie eine Wand.
    Dann fiel der Mann.
    Es war grauenvoll.
    Sein Fall in die Tiefe wurde vom grauenvollen Lachen der Frau begleitet, die sich über ihr erstes Opfer wie wahnsinnig freute. Sie hatte es geschafft und den Reigen endlich eröffnen können, so daß der Körper mit flatternden Armen und Beinen in die Tiefe fiel.
    Er würde genau in der Mitte des Hofes landen.
    Obwohl alles sehr schnell ging, hatte ich das Gefühl, in einen langsameren Zeitablauf geraten zu sein. Und auf einmal kam ich mir vor wie auf einer Insel stehend, die in einem Meer des Schweigens lag. Niemand war da, der etwas sagte oder kommentierte. Kein Schrei brandete mehr gegen den Himmel,

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