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0394 - Die Unheimliche vom Schandturm

0394 - Die Unheimliche vom Schandturm

Titel: 0394 - Die Unheimliche vom Schandturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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die Menschen waren verstummt, denn die heiße Angst hatte ihre Kehlen zugeschnürt. Sie verfolgten den Fall und hörten den Aufprall.
    Ein fürchterliches Geräusch hallte durch den Hof. Viel schlimmer als der folgende Schrei aus zahlreichen Kehlen, der die Panik ausdrückte, die die Zuschauer schlagartig überkommen hatte.
    Ferdy Ricardis war auf den großen Tisch geklatscht, dann auf den Boden, wo er mit ausgebreiteten Armen und Beinen liegenblieb. Ein feiner Blutstreifen sickerte aus seinem Mund.
    »Ferdyyy…!«
    Es war ein schlimmer Ruf, der alles andere übertönte, auch das Wiehern des Schimmels, das er so hart und laut in die Tiefe des Hofes stieß.
    Ich aber hörte es, schaute auf und sah, daß Gertrude Ricardis anritt, um sich das zweite Opfer zu holen.
    Von der Seite her lief Will Mallmann auf mich zu. Er wollte mir etwas sagen und lenkte mich damit ab, so daß ich nicht zum Schuß kam und ihn erst abwimmeln mußte.
    Da war es bereits zu spät.
    Wie eine Furie ritt Gertrude Ricardis in den Hof hinein, um sich das nächste Opfer zu holen.
    Die Menschen wollten endlich weg. Sie behinderten sich gegenseitig an der Flucht, so kam es zu einer regelrechten Verstopfung an der Tür, und die »Leiche« hatte leichtes Spiel.
    Ein Schuß krachte.
    Die Kugel hieb in den Rücken der Reiterin. Eigentlich hätte sie jetzt fallen müssen, das aber geschah nicht, denn sie hielt sich noch auf dem Pferd. Zudem hatte der Oberkommissar mit einer normalen Kugel geschossen. Sie tat einem Wesen wie diesem überhaupt nichts.
    Die Menschen konnte sie sich aussuchen. Nur hatte ich dagegen etwas einzuwenden und mich schon so zurückgezogen, daß sie mich nicht direkt anschauen konnte.
    Ich wartete auf eine günstige Gelegenheit.
    Und die kam.
    Als mir der Schimmel seine linke Seite zudrehte, war ich nicht mehr zu halten. Nur drei Sprünge brauchte ich, um ihn zu erreichen.
    Ich vernahm auf meinem Weg noch das Schreien meines deutschen Freundes, der mich zurückhalten wollte, das schaffte er nicht. Plötzlich jagte ich in die Höhe, und mir gelang es tatsächlich, mich auf den Rücken des Schimmels zu schwingen.
    Es war verrückt, wirklich. Beim letzten Fall hatte ich als Turnierreiter antreten müssen, hier saß ich wieder auf einem Pferderücken, und ich klammerte mich von hinten mit einem Arm an der lebenden Leiche fest, während ich den anderen, den rechten, gedreht hatte und die Mündung der Beretta in den Nacken der Gertrude Ricardis drückte.
    »Eine Silberkugel tötet dich!« schrie ich.
    Sie lachte nur. »Wenn du diese Waffe nimmst, kannst du mich töten, aber gleichzeitig auch einen Menschen. Denke mal daran, mit welch einer Stimme ich spreche…«
    Mehr brauchte sie nicht hinzuzufügen, ich wußte Bescheid und unternahm auch nichts, als wir plötzlich in den nächtlichen Himmel jagten…
    ***
    Köln lag unter mir!
    Eine gewaltige Stadt, ein Häusermeer, geteilt durch einen breiten dunklen Strom, über dessen wogende Wellen Lichtreflexe huschten, so daß er mir vorkam, als wäre er ein breiter, sich bewegender Spiegel.
    Ein herrliches Bild bot sich meinen Augen, aber ich genoß es nicht, denn noch immer hockte vor mir eine lebende Leiche, an der ich mich festhielt.
    Wir waren nach rechts abgeschwenkt und flogen in Richtung Dom.
    Also befanden wir uns über der Altstadt und »ritten« parallel zum Vater Rhein.
    Über dem Wasser und auch in dieser Höhe wirbelte der Wind. Er wechselte ständig seine Seiten, kam einmal von vorn, wehte mir auch in den Rücken oder brauste von links und rechts heran.
    »Geh runter!« schrie ich Gertrude ins Ohr.
    »Nein!«
    »Wo willst du hin? Zum Dom?«
    »Ja.«
    »Und was willst du dort?«
    Sie lachte gegen den Wind, bevor sie die Antwort gab. »Der Teufel steht auf meiner Seite. Er hat mich nicht umsonst so lange leben lassen, damit ich jetzt seine Aufträge ausführen kann. Endlich darf ich mich bei ihm bedanken.«
    »Wie sieht das aus?«
    »Ich werde den Dom zerstören!«
    Zuerst wollte ich lachen, doch ich bekam keinen Ton hervor.
    Dann kam die Angst. Den Dom zu zerstören, war eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Das hatten selbst zahlreiche Kriege nicht geschafft.
    Aber der Teufel war mächtig, und er würde sich schon etwas ausgedacht haben, das konnte ich mir gut vorstellen. Zudem hatte Gertrude es geschafft, Petra Schwamborn, wie auch immer, in ihre Gewalt zu bekommen. War sie so gegen die Kräfte des Guten gefeit?
    Ich wußte nicht, was ich unternehmen sollte. Deshalb beschloß

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