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04 - Die Tote im Klosterbrunnen

04 - Die Tote im Klosterbrunnen

Titel: 04 - Die Tote im Klosterbrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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angetan, daß Ihr ihn so haßt?«
    »Es geht darum, was er meiner Mutter angetan hat. Ich möchte nicht über ihn sprechen.«
    Schwester Lerbens Gesicht war kreidebleich, und ein Schauder durchlief ihre schlanke Gestalt, ein Schauder des Ekels. Fidelma begriff allmählich, daß ein schwerer Konflikt das Mädchen belastete.
    »Also habt Ihr hier Trost gefunden?« sprach sie hastig weiter. »Habt Ihr mit einer der anderen Schwestern Freundschaft geschlossen?«
    Das Mädchen zuckte gleichgültig die Achseln.
    »Mit einigen.«
    »Aber nicht mit Schwester Berrach?«
    Lerben zuckte zusammen.
    »Dieser Krüppel! Sie wäre besser gleich bei der Geburt gestorben.«
    »Und Schwester Brónach?«
    »Eine dumme, alte Frau. Ständig streicht sie um diese schwachsinnige Berrach herum! Die hat doch ihre besten Jahre längst hinter sich.«
    »Was ist dann mit Schwester Síomha, der Verwalterin? Wart Ihr mit ihr befreundet?«
    Schwester Lerben verzog das Gesicht.
    »Die kam sich vielleicht wichtig vor. Sie war schmutzig und widerlich!«
    »Warum? Warum schmutzig und widerlich, Lerben?« fragte Fidelma und musterte das errötete Gesicht der jungen Frau.
    »Sie mochte Männer. Sie hatte einen Liebhaber.«
    »Einen Liebhaber, Wißt Ihr, wer es war?«
    »Ich denke, das liegt auf der Hand. In den letzten Wochen habe ich oft gesehen, wie sie – wenn sie nachts nicht bei der Klepsydra Dienst tat – erst kurz vor Morgengrauen aus Adnárs Festung zurückkehrte. Schwester Síomha pflegte sich nicht zu Liebschaften mit gemeinen Kriegern oder Bediensteten herabzulassen. Ihr müßt also nicht lange suchen, um herauszufinden, mit wem sie sich dem Laster hingegeben hat.«
    »Meint Ihr Euern Onkel Adnár?«
    »Ich nenne ihn nicht Onkel. Schwester Síomha war so von sich eingenommen. Sie wollte allen vorschreiben, was sie zu tun haben.«
    »Immerhin war sie die rechtaire der Abtei«, gab Fidelma zu bedenken. »Habt Ihr mit Eurer Mutter über diese Sache gesprochen?«
    Schwester Lerben reckte herausfordernd das Kinn.
    »Nein. Und jetzt bin ich rechtaire. «
    »Mit siebzehn?« Fidelma lächelte nachsichtig. »Ihr habt noch viel über das Leben als Nonne zu lernen, bevor Ihr ein solches Amt ernsthaft anstreben könnt.«
    »Draigen hat mich zur rechtaire ernannt. Und damit basta.«
    Fidelma beschloß, sich darüber nicht weiter zu streiten. Es gab wichtigere Dinge.
    »Wie gut kennt Ihr Schwester Comnat und Schwester Almu?«
    Lerben zuckte zusammen. Daß Fidelma von einem Thema zum anderen wechselte, schien sie aus der Fassung zu bringen.
    »Ich kannte sie, ja.«
    » Kannte? Ist denn Comnat nicht mehr Bibliothekarin und Almu ihre Gehilfin?«
    »Sie sind nach Ard Fhearta aufgebrochen und nun schon seit einigen Wochen fort. Es ist ganz normal, von ihnen zu sprechen, als wären sie nicht da.«
    »Wie gut kanntet Ihr sie?« verbesserte sich Fidelma.
    »Comnat habe ich nur während der Gottesdienste gesehen. Eine alte Frau. Älter als Brónach.«
    »Ihr hattet nicht viel mit ihr zu tun?«
    »Sie verbrachte die meiste Zeit in der Bibliothek und den Rest in der Abgeschiedenheit ihrer Zelle, im Gebet.«
    »Interessiert Ihr Euch denn nicht für Bücher?«
    »Ich kann nicht richtig lesen und schreiben. Draigen unterrichtet mich noch.«
    Fidelma war schockiert.
    »Ich dachte, man hätte Euch zur Ausbildung fortgeschickt?«
    »Mein Vater hat das arrangiert. Ich wurde zu einem versoffenen Bauern gebracht. Zehn Meilen östlich von hier liegt eine Stadt, Eadar Ghabhal. Ich wurde dorthin geschickt, um als Bedienstete zu arbeiten. Es erging mir nicht besser als einer Sklavin.«
    »Und man hat Euch weder Lesen noch Schreiben beigebracht?«
    »Nein.«
    »Wußten denn Euer Vater oder Eure Mutter, was das für ein Ort war, an den man Euch geschickt hatte?«
    »Mein Vater wußte ganz genau Bescheid, deshalb hat er das ja arrangiert. Es war das letzte Mal, daß meine Mutter ihm gestattet hat, sich in unser Leben einzumischen. Er kam häufig und besuchte den Bauern.« Lerbens Stimme verriet ihre lange angestaute Wut. »Dort habe ich gelernt, was Männer für Schweine sind. Der Bauer … er hat mich vergewaltigt. Schließlich ist es mir gelungen, von diesem verruchten Ort zu fliehen. Meine Mutter erfuhr von all dem erst, nachdem ich in die Abtei zurückgekehrt war. Mein Vater hatte ihr die Wahrheit verschwiegen. Das war seine Rache an ihr. Dann kam der Bauer hier betrunken an, zusammen mit Febal. Sie versuchten, mich zur Rückkehr zu bewegen, und gaben vor, ich hätte den Bauern

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