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04 - Die Tote im Klosterbrunnen

04 - Die Tote im Klosterbrunnen

Titel: 04 - Die Tote im Klosterbrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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gut, nicht wahr, Ross?«
    »Ich kenne sie«, räumte er ohne prahlerischen Unterton ein. »Ich segle seit vierzig Jahren in diesen Gewässern.«
    »Könntet Ihr anhand von Wind und Strömungen berechnen, von wo aus das Schiff zu der Stelle gesegelt ist, an der Ihr es zuerst gesichtet habt?«
    Ross blickte in Fidelmas aufgeregtes Gesicht. Er wollte sie nicht enttäuschen.
    »Das ist schwierig, selbst wenn man die Strömungen kennt. Und der Wind hier ist wechselhaft und unbeständig.«
    Fidelma zog enttäuscht die Mundwinkel nach unten.
    Als er ihre Unzufriedenheit sah, fügte er hastig hinzu: »Aber vielleicht gelingt mir eine gute Schätzung. Ich halte es für vertretbar zu behaupten, daß es zwei mögliche Stellen gibt. An der Einfahrt zu dieser Bucht, oder weiter unten an der Südspitze der Halbinsel. Die Strömungen dort würden das Schiff mit Sicherheit zu der Stelle treiben, wo wir es zuerst entdeckten.«
    »Damit haben wir ein riesiges Gebiet.« Fidelma war noch nicht zufrieden.
    »Dieser Freund, dem die Büchertasche gehört …« Ross wechselte das Thema und fragte zögernd: »Dieser Freund … war er ein guter Freund?«
    »Ja.«
    Ihm entging die Anspannung in ihrer Stimme nicht, als sie die einsilbige Antwort hervorstieß. Er wartete einen Augenblick und sagte dann leise: »Ich habe eine Tochter in Eurem Alter, Schwester. Sie lebt an Land und ist verheiratet. Ihre Mutter ist mit einem anderen Mann zusammen. Ich kann nicht von mir behaupten, die Frauen zu verstehen. Aber eines weiß ich: der Mann meiner Tochter ist auf See verschollen. An dem Morgen, als die Nachricht Ros Ailithir erreichte, sah ich in ihren Augen denselben Ausdruck von Schmerz und Qual, den ich jetzt in Eurem Blick erkenne.«
    Abwehrend, mit einem ärgerlichen Schnauben, riß Fidelma sich zusammen.
    »Bruder Eadulf ist lediglich ein Freund von mir, weiter nichts. Falls er in Schwierigkeiten ist, werde ich alles daransetzen, ihm zu helfen.«
    Ross nickte verständnisvoll.
    »Schon recht«, sagte er ruhig. Sie wußte, daß er sich von ihrem Protest keineswegs täuschen ließ.
    »Und im Augenblick«, fuhr sie fort, »habe ich anderes zu tun. Zunächst bin ich Äbtissin Draigen verpflichtet. Ich bleibe möglicherweise mehrere Tage in der Abtei, bevor ich Zeit zum Suchen finde. Und nach was soll ich eigentlich suchen?«
    »Selbstverständlich kommt zuerst Eure Pflicht«, bestätigte Ross. »Dennoch, wenn es Euch weiterhilft, Schwester, könnte ich, während Ihr Euch in der Abtei aufhaltet, mit meiner barc zu den Stellen segeln, die ich genannt habe, um zu sehen, ob sich dort irgendwelche Hinweise zur Lösung dieses Rätsels finden. Ich werde Odar und einen zweiten Mann zurücklassen, um das gallische Schiff zu bewachen. Ihr könnt Euch an sie wenden, wann immer Ihr sie benötigt.«
    Fidelma errötete. Dann beugte sie sich plötzlich vor und drückte dem alten Seemann einen Kuß auf die Wange.
    »Seid gesegnet, Ross.« Ihre Stimme geriet ins Stocken, ohne daß sie das überspielen konnte.
    Ross lächelte verlegen.
    »Nicht der Rede wert. Wir segeln mit der Flut frühmorgens los und kehren innerhalb von ein bis zwei Tagen zurück, nicht später. Falls wir etwas entdecken …«
    »Kommt und benachrichtigt mich als erste.«
    »Wie Ihr wünscht«, willigte der Seemann ein.
    Von jenseits des dunkler werdenden Wassers der Meerenge hörten sie das Läuten einer Glocke.
    »Zeit für mich, zur Abtei zu fahren.« Fidelma trat vor an die Reling. Sie hielt inne und warf einen raschen Blick über die Schulter. »Möge Gott über Eure Reise wachen, Ross.« Ihr Gesichtsausdruck war ernst. »Ich fürchte, hier sind böse Menschen am Werk. Ich möchte Euch nicht verlieren.«

K APITEL 4
    »Und nun, Schwester, möchtet Ihr vermutlich den Leichnam inspizieren?«
    Schwester Fidelma zuckte bei Äbtissin Draigens Vorschlag überrascht zusammen. Sie traten gerade aus dem Refektorium der Abtei Der Lachs aus den Drei Quellen, wo die Nonnen, mit wenigen Ausnahmen, gemeinsam ihre Abendmahlzeit eingenommen hatten.
    Die Nacht war bereits über die kleine Abtei hereingebrochen, und die Gebäude lagen im Dunkeln, auch wenn an zentralen Stellen auf dem Gelände Lampen angezündet worden waren, um den Schwestern die Orientierung zu erleichtern. Es versprach wieder eine kalte Nacht zu werden, und der Böden war schon mit weißem Reif überzogen wie mit einer Schneedecke. Holzfeuer qualmten zwischen den Gebäuden, die, soweit Fidelma bisher hatte erkennen können, um einen mit

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