04_Es ist was Faul
durcheinander.« Es war Mrs Tiggy-winkle.
»Aber nein«, sagte ich. »Es ist alles in bester Ordnung. Vielen
Dank, dass Sie gekommen sind. Ich habe einen Shakespeare
gefunden. Es ist zwar kein Original-Shakespeare, aber für
unsere Zwecke sollte es reichen. Er ist da drüben im Schrank.«
Ich machte den Schrank auf, und ein sehr verblüffter Mr
Shgakespeafe hob seinen Kopf und blinzelte uns entgegen. Er
hatte die ganze Nacht beim Licht einer Kerze geschrieben, die er
sich auf den Kopf gestellt hatte. Das Wachs lief ihm übers
Gesicht, aber das schien ihn nicht weiter zu stören.
»Mr Shgakespeafe, das ist der Igel, von dem ich Ihnen erzählt
habe.«
Er klappte sein Notizbuch zu und sah Mrs Tiggy-winkle interessiert an. Erschrocken oder auch nur überrascht war er nicht
– nach den Monstern, vor denen er sich täglich in der Zone 21
verstecken musste, war ein sechs Fuß großer Igel vergleichsweise harmlos.
Mrs Tiggy-winkle machte einen graziösen Knicks. »Ich freue
mich sehr, Sie kennenzulernen, Mr Shgakespeafe«, sagte sie
höflich. »Würden Sie bitte mitkommen?«
»Wer war denn das alles?«, fragte Landen, als er zehn Minuten
später die Treppe herunterkam.
»Ach, das war nur Mrs Tiggy-winkle, die einen Shakespeare
abgeholt hat, um Hamlet zu retten.«
»Ja, selbstverständlich«, lachte er und umarmte mich. »Mach
du nur deine Witze.« Ich hatte Shgakespeafe ins Haus geschmuggelt, ohne dass Landen es merkte. Ich weiß zwar, dass
man seinem Ehemann nichts verheimlichen soll, aber auch für
Ehrlichkeit gibt es Grenzen, und die wollte ich nicht zu schnell
erproben.
Friday kam ungefähr eine Stunde später zum Frühstück herunter. Er sah zerzaust und etwas übellaunig aus.
»Quis nostrud laboris«, jammerte er. »Nisi ut aliquip ex
consequat.«
Ich gab ihm ein bisschen Toast und suchte in der Kommode
unter der Treppe nach meiner kugelsicheren Weste. Inzwischen
waren meine ganzen Klamotten wieder in Landens Haus, als
hätte ich nie woanders gelebt. So ein Zeitrutsch kann lästig sein,
aber man gewöhnt sich am Ende an alles.
»Warum ziehst du eine kugelsichere Weste an?«
Das war Landen. Verflixt. Ich hätte das Ding erst im Auto
anziehen sollen.
»Was für eine kugelsichere Weste?«
»Na, die kugelsichere Weste, die du gerade anziehen willst.«
»Ach, die! Keine Ahnung. Hör mal, wenn Friday Hunger
kriegt, kannst du ihm was zu essen geben. Er isst gern Bananen.
Und falls ein Gorilla vorbeikommt, mach dir keine Gedanken.
Das ist bloß Mrs Bradshaw, von der ich dir erzählt habe.«
»Versuch nicht, das Thema zu wechseln. Wieso ziehst du eine kugelsichere Weste an, wenn du nicht weißt, warum?«
»Das ist nur eine Vorsichtsmaßnahme.«
»Nein. Eine Versicherung ist eine Vorsichtsmaßnahme. Eine
kugelsichere Weste bedeutet, du willst ein unnötiges Risiko
eingehen.«
»Ohne Weste wäre das Risiko größer.«
»Was ist eigentlich los, Thursday?«
Ich wedelte mit der Hand durch die Luft und versuchte, die
Sache herunterzuspielen. »Ach, es ist nur ein Attentat. Ein ganz
kleines. Lohnt sich gar nicht, darüber nachzudenken.«
»Und wer ist der Attentäter?«
»Ich weiß nicht. Window … irgendwas.«
»Der Windowmaker? Wenn der auf jemanden angesetzt ist,
ist man schon so gut wie tot – meinst du den? Siebenundsechzig
bekannte Opfer?«
»Achtundsechzig, wenn sie … wenn er auch Samuel Pring
umgebracht hat.«
»Darauf kommt's doch nicht an. Warum hast du mir das
nicht gesagt?«
»Ich … äh … ich wollte dich nicht beunruhigen.«
Er rieb sich das Gesicht mit den Händen und starrte mich
einen Augenblick ratlos an. Dann seufzte er tief. »Aber du bist
doch die Thursday Next, die ich geheiratet habe, oder?«
Ich nickte, und er umarmte mich lange. »Sei bitte recht vorsichtig!«, flüsterte er mir ins Ohr.
»Ich bin immer vorsichtig.«
»Nein, ich meine, wirklich vorsichtig. So vorsichtig, wie man
sein muss, wenn man einen Ehemann und einen zweijährigen
Sohn hat, die wirklich echt sauer wären, wenn sie ohne dich
auskommen müssten.«
»Ah!«, flüsterte ich zurück. »So vorsichtig soll ich sein! Ja,
natürlich.«
Wir küssten uns, und ich hakte die Klettverschlüsse an der
kugelsicheren Weste zu. Dann zog ich eine weite Bluse darüber
und legte mein Schulterholster an. Ich küsste Friday und dann
noch mal Landen.
»Seh dich heute Abend«, sagte ich. »Ehrlich versprochen.«
Ich fuhr nach Wanborough, um mich mit Joffy zu treffen. Er
nahm
Weitere Kostenlose Bücher