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04_Es ist was Faul

04_Es ist was Faul

Titel: 04_Es ist was Faul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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suchten wir den Minotaurus zwei Jahre nach seiner Flucht immer noch in der weiten Prärie, wo er sich am
    liebsten beim Viehtrieb versteckte. Und so kam es, dass Commander Bradshaw und ich eines Tages oben auf Seite 73 einer
    wenig bekannten Cowboystory aus den dreißiger Jahren mit
    dem Titel Death at Double-X Ranch landeten.
    »Na, was meinst du, altes Mädchen?«, fragte Bradshaw, dessen Safarianzug und Tropenhelm absolut ideal für den Nebraska-Sommer waren. Er war fast einen Kopf kleiner als ich, aber
    viel älter. Seine sonnenverbrannte Haut und sein schneeweißer
    Schnurrbart stammten aus Afrika. Er war die Hauptfigur von
    dreiundzwanzig Commander Bradshaw-Kolonialromanen aus
    den zwanziger und dreißiger Jahren, die 1963 zum letzten Mal
    gelesen worden waren. Viele Romanfiguren definieren sich über
    ihre Popularität, bei Commander Bradshaw war das nicht so.
    Nachdem er sein abenteuerliches und gänzlich fiktionales Leben
    damit verbracht hatte, Britisch-Ostafrika gegen alle möglichen
    und unmöglichen Feinde zu verteidigen und praktisch jedes
    Tier zu töten, das dafür in Frage kam, genoss er jetzt seinen
    Ruhestand. Seine Kollegen von Jurisfiktion wussten seine
    Furchtlosigkeit unter Feuer und seine detaillierte Kenntnis der
    gesamten BuchWelt zu schätzen.
    Er zeigte auf das verwitterte Schild mit der Aufschrift: PROVIDENCE, 2 387 Einwohner. Der kleine Ort lag etwa eine halbe
    Meile vor uns in einer Senke.
    Ich hob die Hand, um meine Augen vor der Sonne zu schützen, und sah mich um. Ein Teppich von Salbeibüschen erstreckte sich bis zu den Bergen. Die wiederkehrenden Muster der
    Vegetation zeigten deutlich, dass ihre Ursprünge fiktional
    waren. Die chaotische Natur der wirklichen Welt zu beschreiben, war dem Autor nicht möglich gewesen. In der künstlichen
    Welt, in der ich jetzt seit zwei Jahren wohnte, gab es im Wald
    nur acht verschiedene Baumarten, am Strand nur fünf verschiedene Kiesel und am Himmel nur zwölf verschiedene Wolken.
    Am Anfang hatte mich das nicht weiter gestört, aber seit einigen Monaten sehnte ich mich nach einer Welt, wo jeder Baum,
    Felsen und Hügel seine eigene Gestalt und Identität hat. Die
    Sonnenuntergänge vermisste ich ganz besonders. Selbst die
    besten Beschreibungen konnten einem echten nicht das Wasser
    reichen. Ich sehnte mich danach, wieder einmal die zarten
    Farben am Himmel zu sehen, wenn die Sonne unter den Horizont sank, den langsamen Wandel von Rot zu Orange, Blau und
    Lila und Schwarz.
    Bradshaw sah mich an und hob fragend die linke Braue. Als
    Protokollführerin – das heißt als Chefin der Jurisfiktion – hätte
    ich eigentlich gar nicht im Außendienst arbeiten dürfen, aber
    ich war nun mal kein Bürohengst, und es war wichtig, den
    Minotaurus zu fangen. Er hatte einen von unseren Agenten
    getötet, und das konnte nicht akzeptiert werden.
    In der vergangenen Woche hatten wir erfolglos sechs Bürgerkriegs-Epen, drei Planwagen-Schmöker, achtundzwanzig
    passabel geschriebene Western und neunundsiebzig Cowboyheftchen durchsucht. Nicht mal ein Hauch Minotaurus! Dabei
    kann so ein Vieh ganz schön hauchen, das können Sie mir
    glauben.
    »Wäre das denkbar?«, fragte Bradshaw und zeigte auf das
    verwitterte Ortsschild von Providence.
    »Wir können's ja mal versuchen«, sagte ich, setzte meine
    Sonnenbrille auf und studierte meine Liste mit typischen Minotaurus-Verstecken. »Wenn wir nichts finden, können wir
    wenigstens zu Mittag essen, ehe wir Oklahoma Kid aufsuchen.«
    Bradshaw nickte, öffnete den Verschluss des Jagdgewehrs,
    das er in der Hand hielt, und legte eine Patrone ein. Die Waffe
    war ganz konventionell, aber die Munition war es nicht. Unsere
    Stellung erlaubte uns den Gebrauch postmoderner abstrakter
    Technologie. Ein Treffer mit der Eraserhead-Kugel in Bradshaws Gewehr, und der Minotaurus würde sich in die Elemente
    seiner fiktionalen Existenz auflösen: ein bisschen Text und
    blauer Nebel. Also alles, was übrig bleibt, wenn die Verbindung
    zwischen Text und Bedeutung zertrennt wird. Der Artenschutz
    war in diesem Fall kein Problem, denn es gab auf griechischen
    Urnen, in Büchern und Comics über eine Million praktisch
    identische Stiermenschen, die brav ihre mythologische Rolle als
    Kinderschreck spielten. Unser Minotaurus aber war anders. Er
    war ein SeitenLäufer.
    Als wir näher kamen, erreichten uns die Geräusche einer aufstrebenden kleinen Wild-West-Stadt. Ein neues Gebäude wurde
    errichtet, und das Hämmern der Zimmerleute

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