04 - komplett
nicht mit mir schlafen, Kit?“
Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. „Ja“, gab er zu, „doch muss ich dir wohl widerstehen! Obwohl ...“, bewundernd ließ er seinen Blick über sie gleiten, „... du wunderschön bist, Eleanor.“
Selig lächelte sie ihn an. „Oh, vielen Dank“, erwiderte sie schläfrig. „Ich hätte aber wirklich nichts dagegen ...“
„Wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist, hoffe ich doch auf etwas mehr Begeisterung!“, sagte er lächelnd. „Heute aber wird es besser sein, dass du dich in Morpheus’ Arme begibst, meine Liebste.“
Darauf kam keine Antwort mehr; leise seufzend ließ Eleanor den Kopf zur Seite sinken und schlief beglückt ein.
Kit setzte sich behutsam ihr zur Seite aufs Bett. Hatte er schon Schmerz und Schuld empfunden, als Beth ihn getadelt hatte, so quälten ihn diese Gefühle jetzt noch mehr. Denn wie Eleanor neben ihm lag, von ihrem glänzenden mahagonidunklen Haar umflossen, das Kleid von einer Schulter gerutscht, sah sie über die Maßen jung und verwundbar aus, sodass er vor Rührung schlucken musste. Nie hatte er sie derart verletzen wollen! Sie sich als verlassene Braut vorzustellen brach ihm fast das Herz.
Andächtig betrachtete er seine friedlich schlummernde Gattin. Ihre makellose Haut schimmerte wie Elfenbein, und der dunkle Wimpernkranz um ihre schönen Augen warf auf ihrem Wangenbogen dunkle Schatten.
Willst du nicht mit mir schlafen, Kit?
Gegen seinen Willen musste Kit grinsen. Prosaischer hätte sie kaum fragen können ...
Bevor er England verließ, hatten sie sich nur zweimal geliebt, und Eleanor hatte ihm alles gegeben, was er sich je erträumt und nie geglaubt hatte, erlangen zu können.
Tief im Inneren fühlte er sich von ihrer Unschuld so zart und süß bewegt, wie niemand ihn zuvor berührt hatte. Seine Erlebnisse mit gelangweilten Ehefrauen aus der Oberschicht und erfahrenen Kurtisanen, die ihre Galane mit vollkommenen Verstellungskünsten bezauberten, waren längst verblasst; hatten sie ihn doch nie ahnen lassen, welche Seligkeit echte, sinnlich erfahrene Liebe geben konnte, nach der Eleanor schluchzend in seinen Armen gelegen und ihm gestanden hatte, wie sehr sie ihn liebte ...
Aber heute Nacht konnten sie nicht daran anknüpfen, denn seine Gemahlin war von Laudanum berauscht. Und auch wenn dieser Zustand völlig neue Seiten in ihr zum Vorschein brachte, so war er doch Gentleman genug, dies nicht auszunutzen. Zu vieles war noch ungeklärt zwischen ihnen...
Unruhig rutschte er auf der Bettkante hin und her, von seiner Erregung und seinen Sorgen gleichermaßen gequält. Die ganze Woche schon peinigte ihn seine Sehnsucht nach Eleanor auch körperlich, doch war die Zeit noch nicht reif ...
Zärtlich strich er seiner lieblichen Gemahlin das weiche seidige Haar aus dem Gesicht und spürte mit seinen Fingern der Wärme ihrer Haut nach, dann erhob er sich schnellstens.
Missmutig schritt er zur Tür und riss sie auf. Der Korridor war leer, obwohl Kit erwartet hatte, an der Tür die Zofe in der Hoffnung vorzufinden, die von ihr lang ersehnte Versöhnung belauschen zu können. Heute noch nicht , dachte er grimmig.
Die einzige Vereinigung, die für ihn jetzt noch anstand, war die mit einer Brandyflasche in seinem Club. Dies war zwar kein Ersatz für das, wonach ihn wirklich verlangte, aber in dieser Nacht zweifellos die richtige Wahl.
Die beiden anderen jungen Paare der Familien Trevithick und Mostyn führten an diesem Abend Streitgespräche. Charlotte Trevithick stellte ihren Gemahl nach der Heimkehr vom Konzert in der Bibliothek zur Rede, und ihre sonst sanften blauen Augen sprühten vor Zorn, während sie vor ihm stand und die Hände rang.
„Oh Justin, wie kannst du nur so uneinsichtig sein? Seit Kit zurückkam, hast du ihn konstant geschnitten! Wer gibt dir das Recht dazu, wenn sich sogar Eleanor ihm gegenüber höflich beträgt?“
Mit rebellischer Miene stand ihr Gatte vor ihr. Anders als beim Rest der Trevithick-Sippe hatte er blondes Haar und grüne Augen, doch, wie Charlotte inzwischen wusste, verfügte er in gleichem Maße über den der Familie eigenen Dickkopf.
„Es tut mir leid, meine Liebe“, sagte er und fasste seine Gemahlin bei den Händen.
„Ich verstehe ja, dass du dich Mostyn als deinem Bruder zur Loyalität verpflichtet fühlst, doch musst du verstehen, dass es mir mit Eleanor genauso geht.“
„Wohin soll solch unsinnige Loyalität wohl führen?“, fragte Charlotte und entzog sich ihm, bevor seine
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